W. Oevel

Mathematik II fur Informatiker
dieresis

Veranstaltungsnr: 172010

Skript zur Vorlesung, Universitat Paderborn, Sommersemester 2002 dieresis


Inhalt

1 Komplexe Zahlen 1 1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Polynomwurzeln, Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . 5

1.3 Diagonalisierung von Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2 Folgen und Grenzwerte 15 2.1 Definitionen, Beispiele, einige Satze . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 dieresis 2.2 Weitere Konvergenzsatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 dieresis 2.2.1 Das Supremumsaxiom fur R . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 dieresis 2.2.2 Konvergenz monotoner reeller Folgen . . . . . . . . . . . . 29 2.2.3 Cauchyendash Folgen und der Banachsche Fixpunktsatz . . . . 30 2.2.4 Teilfolgen und Haufungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . 37 dieresis 2.3 Unendliches, uneigentliche Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . 39

2.4 Wachstum von Folgen, Landau-Symbole . . . . . . . . . . . . . . 42 3 Reihen 43 3.1 Definitionen, Beispiele, Satze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 dieresis 3.2 Rechenregeln und das Cauchy-Produkt . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.3 Spezielle Konvergenzkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.4 Bedingte Konvergenz, Umordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 55

3.5 Summation per Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . 57 4 Funktionen und Stetigkeit 61 4.1 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4.3 Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.4 Der Zwischenwertsatz, das Min/Max-Prinzip . . . . . . . . . . . 69 4.5 Umkehrfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.6 Wachstum von Funktionen, Landau-Symbole . . . . . . . . . . . 74

i


ii INHALT 5 Spezielle Funktionen 77 5.1 Exponentialfunktion und Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . 77 5.2 Die trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

5.3 Die komplexe Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6 Diff erentialrechnung 89 6.1 Definitionen und Satze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 dieresis 6.2 Der Mittelwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 6.3 Taylorendash Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6.4 Monotonie, Extremwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

6.5 Die de l'Hospitalsche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 7 Integration 113 7.1 Stammfunktionen: das unbestimmte Integral . . . . . . . . . . . 113 7.1.1 Definitionen, Grundintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . 113 7.1.2 Partielle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 7.1.3 Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

7.1.4 Rationale Integranden: Partialbruchzerlegung . . . . . . . 119 7.2 Das bestimmte Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 7.3 Der Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 7.4 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 7.5 Einige spezielle Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130


Literatur

Die Vorlesung baut nicht streng auf irgendeinem Buch auf, sondern geht ihren eigenen Weg. Die angegebenen Referenzen dienen dazu, sich unabhangig dieresis

vom Skript entsprechende Grundlagen anzueignen oder spezielle Inhalte zu vertiefen. Es handelt sich um eine recht willkurliche Auswahl: Neben den dieresis angegebenen Buchern gibt es sicherlich jede Menge weiterer Literatur, die den dieresis

behandelten Stoff analog abdeckt.

[Pap] Lothar Papula: Mathematik fur Ingenieure und Naturwissenschaftler. dieresis Band 1 - 3 + Mathematische Formelsammlung. Braunschweig/Wiesbaden:

Vieweg 2001. (P41 TBG2788)

Recht elementar und mathematisch nicht sehr tief gehend; dafur leicht und andieresis genehm zu lesen. Ist ein Standardbuch und großer Renner bei den Ingenieuren. Hier steht zwar fur Ingenieure und Naturwissenschaftler" drauf, diese Reihe dieresis

quotedblright ist aber allgemein fur eine anwendungsorientierte Kundschaft sehr geeignet, die dieresis dieresis

sich weniger fur das Abstrakte in der Mathematik interessiert. Ubungen und dieresis

Anwendungsbeispiele sind allerdings speziell auf Ingenieure zugeschnitten.

Im Wesentlichen ist hier Band 1 interessant: er umfaßt Folgen, Reihen, Stetigkeit, Diff erentialrechnung, spezielle Funktionen und Integration (der Stoff

der Mathe II).

Band 2 umfaßt die Lineare Algebra (Stoff der Mathe I des letzten Semesters), komplexe Zahlen und viele weitere Dinge, die fur diese Vorlesung aber nicht so dieresis

interessant sind.

Band 3 umfaßt mehrdimensionale Diff erential- und Integralrechnung sowie

Stochastik und ist fur uns nicht so interessant.
dieresis

[TI] S. Timman: Repetitorium der Analysis (Teil 1) Springe: Binomi-Verlag.

Eigentlich keine 'Repetitorium', sondern eine vollstandige Einfuhrung mit dieresis dieresis

Definitionen etc. Recht elementar geschrieben, sehr ubersichtlich. Gelungener dieresis

Kompromiss zwischen mathematischem Tiefgang und guter Lesbarkeit auf furdieresis

Nicht-Mathematiker. Grundlagen, Folgen und Reihen, Stetigkeit, Diff erential-

iii


iv INHALT

dieresis

und Integralrechnung (der Stoff der Mathe II). Zahlreiche Ubungsaufgaben mit

Musterlosungen.
dieresis [KS] K.-H. Kiyek und F. Schwarz: Mathematik fur Informatiker 1 + 2. dieresis

Stuttgart: Teubner 1996 + 1994. (P41 TBM1740)

Deutlicher formaler, abstrakter und anspruchsvoller als z.B. [Pap].

Band 1 umfaßt Folgen, Reihen, Stetigkeit, Diff erential- und Integralrechnung

(der Stoff der Mathe II). Band 2 ist fur uns nicht so relevant.
dieresis [BK] G. Baron und P. Kirschenhofer: Einfuhrung in die Mathematik fur dieresis dieresis

Informatiker 1 - 3. Wien: Springer 1990. (P41 TBM1732)

Liegt vom Anspruch und Abstraktionsgrad zwischen [Pap] und [KS]. Band 2 umfaßt Folgen, Reihen, Stetigkeit, Diff erential- und Integralrechnung (der Stoff der Mathe II). Band 1 umfaßt Grundlagen, komplexe Zahlen, Lineare

Algebra, Polynome. Band 3 ist fur uns nicht so relevant.
dieresis

[For] O. Forster: Analysis 1 - 3. Vieweg. 2001. (P41 TIA 2647)

Abstrakt und anspruchsvoller. Recht kompakt. Standardwerk fur Mathemadieresis tikstudenten. Band 1 umfaßt Folgen, Reihen, Stetigkeit, Diff erential- und Integralrechnung einer Veranderlichen (der Stoff der Mathe II). Die Bande dieresis dieresis

2 und 3 umfassen die mehrdimensionale Analysis und sind fur uns nicht so dieresis

relevant.

[Bla] C. Blatter: Analysis 1 + 2. Berlin: Springer 1991. (P41 THX1325)

Abstrakt und anspruchsvoller. Recht kompakt. Band 1 umfaßt Folgen, Reihen, Stetigkeit, Diff erential- und Integralrechnung (der Stoff der Mathe II). Band

2 ist fur uns nicht so relevant.
dieresis

Bei starken Defiziten in der Schulmathematik schaue man z.B. in:

[Sch] Jochen Schwarze: Mathematik fur Wirtschaftswissenschaftler. Band 1: dieresis

Grundlagen. Herne: Verlag deutsche Wirtschafts-Briefe GmbH 1996.

Extrem elementar. Nur zum Aufarbeiten fehlender Grundlagen aus der Schule,

falls es daran hapert.


Kapitel 1

Komplexe Zahlen

arrowdown 18.4.01

2

Motivation: die Gleichung x = minus 1 hat off ensichtlich keine reellen Losungen, da
dieresis

2x greaterequal 0 fur jedes reelle x gilt. Um auch diese Gleichung losen zu konnen, muß
dieresis dieresis dieresis

man neue Zahlen einfuhren: die komplexen Zahlen. Die grundsatzliche Idee
dieresis dieresis

radical

ist ganz einfach: man fuhrt ein neues Symbol i ein, das minus 1 reprasentieren soll.
dieresis dieresis

2
Es wird einzig und allein durch die Rechenregel i = minus 1 festgelegt. Ansonsten

behalt man alle aus dem Reellen bekannten Rechenregeln einfach bei.
dieresis

1.1 Definitionen

Definition 1.1: (Die komplexen Zahlen)

Die Menge der komplexen Zahlen C ist die Menge aller formalen

Summen der Form

C = {x + i periodcentered y; x, y element R}.

Fur z = x + i periodcentered y element C nennt man x den Realteil und y den Imaginarteil
dieresis dieresis

von z.

Zahlen z = x + i periodcentered 0 mit y = 0 nennt man reell, schreibt auch kurz z = x

und identifiziert z mit x element R.

Zahlen z = 0 + i periodcentered y mit x = 0 nennt man imaginar und schreibt auch
dieresis

kurz z = i periodcentered y.

Der Nullpunkt z = 0 + i periodcentered 0 wird auch kurz als z = 0 geschrieben.

Auf C definieren wir die Addition

z + z = (x + i periodcentered y ) + (x + i periodcentered y ) = (x + x ) + i periodcentered (y + y )
1 2 1 1 2 2 1 2 1 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

element R element R

sowie die Multiplikation

z periodcentered z = (x + i periodcentered y ) periodcentered (x + i periodcentered y ) = (x periodcentered x minus y periodcentered y ) + i periodcentered (x periodcentered y + x periodcentered y ) .
1 2 1 1 2 2 1 2 1 2 1 2 2 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

element R element R

1


2 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

Interpretation 1.2:

2
Hinter dieser Definition der Multiplikation steckt i = minus 1:

i periodcentered i = (0 + i periodcentered 1) periodcentered (0 + i periodcentered 1) = (0 periodcentered 0 minus 1 periodcentered 1) + i periodcentered (0 periodcentered 1 + 1 periodcentered 0) = minus 1.

Man braucht sich die formale Definition der Multiplikation nicht zu merken: man benutze einfach die ublichen aus R bekannten Rechenregeln dieresis (Kommutativitat a periodcentered b = b periodcentered a, Assoziativitat (a periodcentered b) periodcentered c = a periodcentered (b periodcentered c), das dieresis dieresis

Distributivgesetz a periodcentered (b + c) = a periodcentered b + a periodcentered c etc.), und setze beim Rechnen

2 3 2 4 3 2
i = minus 1, i = (i ) periodcentered i = minus i, i = (i ) periodcentered i = (minus i) periodcentered i = minus (i ) = 1

usw. ein:

2

(x + i periodcentered y ) periodcentered (x + i periodcentered y ) = x periodcentered x + i periodcentered x periodcentered y + i periodcentered x periodcentered y + i periodcentered y periodcentered y
1 1 2 2 1 2 1 2 2 1 1 2
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

minus 1

= x periodcentered x +i periodcentered x periodcentered y +i periodcentered x periodcentered y minus y periodcentered y = (x periodcentered x minus y periodcentered y )+i periodcentered (x periodcentered y +x periodcentered y ).

1 2 1 2 2 1 1 2 1 2 1 2 1 2 2 1

Folgerung 1.3:

Wir konstruieren eine Division fur z = x + i periodcentered y =negationslash 0 + i periodcentered 0 equivalence 0:
dieresis

1 1 1 x minus i periodcentered y

= = periodcentered

z x + i periodcentered y x + i periodcentered y x minus i periodcentered y

x minus i periodcentered y x minus i periodcentered y x y

= = = minus i periodcentered .

2 2 2 2 2 2
(x + i periodcentered y) periodcentered (x minus i periodcentered y) x minus (i periodcentered y) x + y x + y

Allgemein:

z x + i periodcentered y (x + i periodcentered y ) periodcentered (x minus i periodcentered y )
1 1 1 1 1 2 2

= =

z x + i periodcentered y (x + i periodcentered y ) periodcentered (x minus i periodcentered y )
2 2 2 2 2 2 2

(x periodcentered x + y periodcentered y ) + i periodcentered (minus x periodcentered y + x periodcentered y )
1 2 1 2 1 2 2 1

= 2 2

x + y + i periodcentered (x periodcentered y minus x periodcentered y )

2 2 2 2
2 2

x periodcentered x + y periodcentered y x periodcentered y minus x periodcentered y
1 2 1 2 2 1 1 2

= + i periodcentered .

2 2 2 2

x + y x + y
2 2 2 2

Definition 1.4: (komplexe Konjugation etc.)

Es werden folgende speziellen Operationen auf den komplexen Zahlen ein-

gefuhrt:
dieresis

Rfractur (z) = Rfractur (x + i periodcentered y) = x (der Realteil von z),

Ifractur (z) = Ifractur (x + i periodcentered y) = y (der Imaginarteil von z),
dieresis

radicalbig 2 2

|z| = |x + i periodcentered y| = x + y (der Betrag von z),

z = x + i periodcentered y = x minus i periodcentered y (das komplex Konjugierte

von z).


1.1. DEFINITIONEN 3

Merkregel 1.5:

Die Division komplexer Zahlen lauft auf den Standardtrick Erweitern
dieresis quotedblright

mit dem komplex konjugierten Nenner hinaus":

z x + i periodcentered y (x + i periodcentered y ) periodcentered (x minus i periodcentered y ) z periodcentered z
1 1 1 1 1 2 2 1 2

= = = .

z x + i periodcentered y (x + i periodcentered y ) periodcentered (x minus i periodcentered y ) z periodcentered z
2 2 2 2 2 2 2 2 2

Satz 1.6: (Rechenregeln)

Fur alle z, z , z element C gilt: Kommutativitat" und Assoziativitat" von
dieresis dieresis dieresis

1 2 quotedblright quotedblright

Multiplikation und Division

z periodcentered z = z periodcentered z , (z periodcentered z ) periodcentered z = z periodcentered (z periodcentered z ),
1 2 2 1 1 2 3 1 2 3

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
1 1 1 1 1 1 1 1 1

= periodcentered , periodcentered periodcentered = periodcentered periodcentered ,

z periodcentered z z z z z z z z z
1 2 2 1 1 2 3 1 2 3

Linearitat" von Rfractur , Ifractur und Konjugation
dieresis

quotedblright

Rfractur (z +z ) = Rfractur (z )+Rfractur (z ), Ifractur (z +z ) = Ifractur (z )+Ifractur (z ), z + z = z +z ,
1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2

Multiplikativitat" des Betrags und der Konjugation
dieresis

quotedblright vextendsingle vextendsingle parenleftBig parenrightBig

vextendsingle vextendsingle
z |z | z z
1 1 1 1

vextendsingle vextendsingle

|z periodcentered z | = |z | periodcentered |z |, = , z periodcentered z = z periodcentered z , =
1 2 1 2 1 2 1 2
vextendsingle vextendsingle

z |z | z z
2 2 2 2

sowie die Beziehungen

z z periodcentered z
1 1 2
2 2 2 2

|z| = |z| = z periodcentered z = Rfractur (z) + Ifractur (z) , = 2

z |z |
2 2

und die Dreiecksungleichung":

quotedblright

|z + z | lessequal |z | + |z |.
1 2 1 2

Beweis: Alles ist direkt nachzurechnen, z.B.

2 2 2 2
z periodcentered z = (x + i periodcentered y) periodcentered (x minus i periodcentered y) = x + y = |z| = |z|

oder (wie schon oben durchgefuhrt):
dieresis

z z periodcentered z z periodcentered z
1 1 2 1 2

= = .

2

z z periodcentered z |z |
2 2 2 2

Q.E.D.


4 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

radical

Beispiel 1.7: In MuPAD wird i = minus 1 durch I dargestellt: arrowdown 19.4.02

>> sqrt(-1)

I

>> I^2

-1

Die MuPAD-Funktionen Re, Im, conjugate und abs berechnen Real- und Imaginarteil,
dieresis

komplexe Konjugation und den Absolutbetrag:

>> z:= 2 + 3*I:

>> Re(z), Im(z), conjugate(z), abs(z)

1/2

2, 3, 2 - 3 I, 13

Geometrische Interpretation 1.8:

Man stellt sich ublicherweise die Menge der komplexen Zahlen als 2- dieresis

dimensionale Ebene ( die komplexe Ebene") vor:

quotedblright

i periodcentered y C

a54 a115 z = x+ i periodcentered y

a8
a8

a8

a8

a8
|z| a8

a8 Ifractur (z) = |z| periodcentered sin(phi1 )

a8

a8

a8

a8

a8 phi1

a8 a45

a72 x

a72 Rfractur (z) = |z| periodcentered cos(phi1 )

a72 a72 a72 a72 a72 a72 a72 a72 a72 a72 a72 a115 z = x minus i periodcentered y

Der Betrag von z ist der Abstand zum Ursprung, komplexe Konjugation entspricht der Spiegelung an der x-Achse ( die reelle Achse"). Die y-

quotedblright

Achse wird auch als imaginare Achse" bezeichnet.
dieresis

quotedblright 2 2

Geometrisch ist C nichts anderes als R : x + i periodcentered y element C =hatwide (x, y) element R . Die komplexe Addition entspricht genau der Addition von Vektoren im

2 2
R . Algebraisch besteht der Unterschied zwischen C und R darin, dass man auf C neben der Addition noch eine Multiplikation C multiply C mapsto arrowright C hat,

2
wohingegen es auf R keine interessante Multiplikation zweier Vektoren

2
gibt, die wieder einen Vektor liefert (außer derjenigen, die R zu C macht).


1.2. POLYNOMWURZELN, FUNDAMENTALSATZ DER ALGEBRA 5 Bemerkung 1.9: Fuhrt man den eingezeichneten Winkel phi1 zwischen dem Vekdieresis quotedblright

tor" z und der reellen Achse ein, so gilt mit den aus der Schule bekannten

Winkelfunktionen sin und cos:

z = x + i periodcentered y = |z| periodcentered cos(phi1 ) + i periodcentered |z| periodcentered sin(phi1 ).

Die Darstellung z = x + i periodcentered y nennt man die Kartesische Darstellung der

komplexen Zahl z durch Real- und Imaginarteil. Die Darstellung
dieresis

parenleftBig parenrightBig

z = |z| periodcentered cos(phi1 ) + i periodcentered sin(phi1 )

durch den Betrag |z| und den Polarwinkel" phi1 element [0, 2 pi ) heißt Polardarstel-

quotedblright

lung von z (phi1 heißt auch das Argument von z"). Wir werden spater in dieresis

quotedblright

Abschnitt 5.3 auf die Polardarstellung komplexer Zahlen zuruckkommen, nachdieresis

dem wir die komplexe Exponentialfunktion eingefuhrt haben.
dieresis 1.2 Nullstellen von Polynomen, der Fundamental-

satz der Algebra

Die Motivation zur Einfuhrung der komplexen Zahlen war, Polynomgleichungen dieresis

2

wie z.B. x + 1 = 0 losen zu konnen. In der Tat stellt sich nun heraus, dass dieresis dieresis

Polynome vom Grad n immer genau n (evtl. entartete") komplexe Nullstellen

quotedblright haben. Wir definieren zunachst Entartung" von Nullstellen, wobei wir auf die dieresis quotedblright

aus der Schule bekannte Diff erentiation zuruckgreifen:
dieresis

Definition 1.10: (Vielfachheit von Nullstellen)

Sei f : R mapsto arrowright R eine mehrfach diff erenzierbare Funktion (siehe Kapitel 6).

asteriskmath
Man nennt x eine Nullstelle der Vielfachheit" k (oder auch k-fache

quotedblright quotedblright

Nullstelle"), wenn

asteriskmath prime asteriskmath (kminus 1) asteriskmath (k) asteriskmath
f(x ) = f (x ) = . . . = f (x ) = 0, f (x ) negationslash = 0.

Beispiel 1.11: (Mehrfache Polynomwurzeln)

asteriskmath n asteriskmath

Fur das Polynom p(x) = (x minus x ) mit n > 0 ist x eine n-fache Nullstelle:
dieresis

asteriskmath n prime asteriskmath nminus 1 prime prime asteriskmath nminus 2
p(x) = (x minus x ) , p (x) = n periodcentered (x minus x ) , p (x) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered (x minus x ) ,

(nminus 1) asteriskmath (n)
. . . , p (x) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered . . . periodcentered 2 periodcentered (x minus x ), p (x) = n!,

also asteriskmath asteriskmath asteriskmath n

p(x ) = (x minus x ) = 0,

prime asteriskmath asteriskmath asteriskmath nminus 1
p (x ) = n periodcentered (x minus x ) = 0,


6 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

prime prime asteriskmath asteriskmath asteriskmath nminus 2
p (x ) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered (x minus x ) = 0,

periodcentered periodcentered periodcentered

(nminus 1) asteriskmath asteriskmath asteriskmath 1
p (x ) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered . . . periodcentered 2 periodcentered (x minus x ) = 0,

(n) asteriskmath asteriskmath asteriskmath 0
p (x ) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered . . . periodcentered 2 periodcentered 1 periodcentered (x minus x ) = n! negationslash = 0.

Beispiel 1.12: (Mehrfache Polynomwurzeln)

Seien x , . . . , x verschieden. Fur das Polynom
dieresis

1 k

n n
1 k

p(x) = (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x )
1 k

vom Grad n = n + periodcentered periodcentered periodcentered + n sind x , . . . , x Nullstellen der Vielfachheit n , . . . n .

1 k 1 k 1 k

Der Nachweis geht analog zum letzten Beispiel: Betrachte eine der Nullstellen x und

i

schreibe

a72 a8 a8

n n n n
a72
i 1 i k
a8

p(x) = (x minus x ) periodcentered f(x), f(x) = (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x ) .

i 1 i k
a72

a8 a72 a72

a8

prime prime prime
dieresis Uber die aus der Schule bekannte Produktregel (g periodcentered f) = g periodcentered f +g periodcentered f der Diff erentiation

folgt ni

p(x) = (x minus x ) periodcentered f(x),
i

prime n minus 1 n prime
i i

p (x) = n periodcentered (x minus x ) periodcentered f(x) + (x minus x ) periodcentered f (x),
i i i

prime prime n minus 2 n minus 1 prime n prime prime
i i i

p (x) = n periodcentered (n minus 1) periodcentered (x minus x ) periodcentered f(x) + 2 periodcentered n periodcentered (x minus x ) periodcentered f (x) + (x minus x ) periodcentered f (x) i i i i i i

prime prime prime

usw., wobei f , f , f etc. Polynome sind. Die ersten n minus 1 Ableitungen verschwinden i

an der Stelle x = x :i ni

p(x ) = 0 periodcentered f(x ) = 0 ,
i i

prime n minus 1 n prime
i i

p (x ) = 0 periodcentered f(x ) + 0 periodcentered f (x ) = 0
i i i

prime prime n minus 2 n minus 1 prime n prime prime
i i i

p (x ) = (..) periodcentered 0 periodcentered f(x ) + (..) periodcentered 0 periodcentered f (x ) + 0 periodcentered f (x ) = 0
i i i i

usw. Die n -te Ableitung verschwindet nicht:
i

(n ) prime n (n )
i i i

p (x) = n ! periodcentered f(x) + (..) periodcentered (x minus x ) periodcentered f (x) + periodcentered periodcentered periodcentered + (x minus x ) periodcentered f (x),
i i i

(n )i

also p (x ) = n ! periodcentered f(x ), wobei
i i i

a72 a8 a8

n n n
a72
1 i k
a8

f(x ) = (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x ) =negationslash 0

i i 1 i i i k
a72

a8 a72 a72

a8

gilt, da x =negationslash x , . . . , x =negationslash x vorausgesetzt ist. Damit ist x eine Nullstelle der Vielfach-

i 1 i k i

heit n .i


1.2. POLYNOMWURZELN, FUNDAMENTALSATZ DER ALGEBRA 7

Ein Polynom und seine Ableitungen

n nminus 1

p(x) = a periodcentered x + a periodcentered x + . . . + a periodcentered x + a ,
n nminus 1 1 0

prime nminus 1 nminus 2

p (x) = a periodcentered n periodcentered x + a periodcentered (n minus 1) periodcentered x + . . . + a
n nminus 1 1

etc. ist naturlich auch fur komplexe Zahlen x wohldefiniert und man kann dieresis dieresis

daher nach (mehrfachen) komplexen Nullstellen fragen. Die Definition 1.10 der

Vielfachheit wird dabei auch fur komplexe Nullstellen beibehalten.
dieresis Wir rekapitulieren zunachst das in der Mathematik I des letzten Semesters schon dieresis

vorgestellte Horner-Schema zur Polynomauswertung und Polynomdivision:

Satz 1.13: (Polynomauswertung und -division per Horner-Schema)

n nminus 1

Fur das Polynom p(x) = a periodcentered x + a periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + a mit Koeffi zienten
dieresis n nminus 1 0

asteriskmath

a element C gilt fur jedes x element C:
dieresis

k

asteriskmath
p(x) minus p(x ) nminus 1 nminus 2

= b periodcentered x + b periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + b periodcentered x + b ,
0 1 nminus 2 nminus 1
asteriskmath

x minus x

wobei b , b etc. durch die Rekursion ( Horner-Schema")
0 1 quotedblright

b := a ;
0 n

asteriskmath

for k := 1 to n do b := b periodcentered x + a ;
k kminus 1 nminus k

asteriskmath

gegeben sind. Es gilt b = p(x ).
n

asteriskmath asteriskmath

Beweis: Mit b = a , b minus b periodcentered x = a und minus b periodcentered x = a minus b folgt

0 n nminus 1 0 n
k kminus 1 nminus k

parenleftBig parenrightBig

asteriskmath nminus 1 nminus 2

(x minus x ) periodcentered b periodcentered x + b periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + b periodcentered x + b
0 1 nminus 2 nminus 1

n nminus 1 nminus 2

= b periodcentered x + b periodcentered x + b periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + b periodcentered x
0 1 2 nminus 1

asteriskmath nminus 1 asteriskmath nminus 2 asteriskmath asteriskmath

minus b periodcentered x periodcentered x minus b periodcentered x periodcentered x minus periodcentered periodcentered periodcentered minus b periodcentered x periodcentered x minus b periodcentered x
0 1 nminus 2 nminus 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

n nminus 1 nminus 2

= a periodcentered x + a periodcentered x + a periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + a periodcentered x + a minus b
n nminus 1 nminus 2 1 0 n

= p(x) minus b .n

asteriskmath asteriskmath

Fur x = x folgt 0 = p(x ) minus b und damit
dieresis n

parenleftBig parenrightBig

asteriskmath nminus 1 nminus 2 asteriskmath

(x minus x ) periodcentered b periodcentered x + b periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + b periodcentered x + b = p(x) minus p(x ).
0 1 nminus 2 nminus 1

Q.E.D.


8 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

asteriskmath

Das Horner-Schema liefert mittels b = p(x ) die Auswertung des Poly- arrowdown 25.4.02
n

asteriskmath
noms an einer Stelle x mit n Multiplikationen und n minus 1 Additionen. In der Tat ist es (fur dicht besetzte" Polynome) das Standardschema, mit dem auf dieresis quotedblright

dem Rechner Polynomauswertungen implementiert werden. Bei der Auswertung werden gleichzeitig die Koeffi zienten b , . . . , b des Faktorpolynoms"

0 nminus 1 quotedblright

asteriskmath asteriskmath

(p(x) minus p(x ))/(x minus x ) mitgeliefert. Das Horner-Schema lauft auf die folgende dieresis

Darstellung des Polynoms hinaus:

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

p(x ) = ((. . . ((a periodcentered x + a ) periodcentered x + a ) periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered ) . . .) periodcentered x + a ) periodcentered x + a .
n nminus 1 nminus 2 1 0

arrowup

b = a
0 n

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

asteriskmath

b = a periodcentered x + a
1 n nminus 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

asteriskmath 2 asteriskmath

b = a periodcentered x + a periodcentered x + a
2 n nminus 1 nminus 2

. . .

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

asteriskmath n asteriskmath nminus 1 asteriskmath asteriskmath

b = a periodcentered x + a periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + a periodcentered x + a = p(x )
n n nminus 1 1 0

asteriskmath asteriskmath
Ist x eine Nullstelle ( Wurzel") des Polynoms, so folgt p(x)/(x minus x ) =

quotedblright Polynom(x). Es ergibt sich das schon in der Mathematik I vorgestellte Grund-asteriskmath

prinzip, dass man bei einer gegebenen Nullstelle einen Linearfaktor" x minus x

quotedblright

vom Polynom abspalten kann:

Folgerung 1.14:

asteriskmath
Ist x eine Wurzel des Polynoms p vom Grad n > 0, so gilt

asteriskmath
p(x) = (x minus x ) periodcentered q(x)

nminus 1 nminus 2

mit einem Faktorpolynom" q(x) = b periodcentered x + b periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + b vom
0 1 nminus 1

quotedblright

Grad nminus 1, dessen Koeffi zienten z.B. durch das Horner-Schema berechen-

bar sind. asteriskmath

Merke: x ist dann und genau dann eine Wurzel, wenn sich der Linear-

asteriskmath

faktor x minus x vom Polynom abspalten laßt.
dieresis Zwar hat nicht jedes Polynom reelle Nullstellen, aber es gilt das (zu beweisende)

wichtige Prinzip:

Jedes Polynom vom Grad > 0 hat (mindestens) eine komplexe Null-

stelle.

Setzen wir zur Motivation des kommenden Fundamentalsatzes 1.15 mal dieses

asteriskmath
Prinzip voraus. Es gilt p(x) = (xminus x ) periodcentered q(x) mit einer (garantiert existierenden)

asteriskmath
Nullstelle x von p. Die Nullstellen des Faktorpolynoms q sind off ensichtlich


1.2. POLYNOMWURZELN, FUNDAMENTALSATZ DER ALGEBRA 9

asteriskmath asteriskmath
wieder Nullstellen des Ausgangspolyms p. Hat man nun eine Nullstelle x von q, so kann man nach Folgerung 1.14 angewendet auf q einen weiteren Linearfaktor

abspalten:

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath
q(x) = (x minus x ) periodcentered qtilde (x), also p(x) = (x minus x ) periodcentered (x minus x ) periodcentered qtilde (x)

mit einem Restpolynom qtilde vom Grad n minus 2. Dies setzt man fort, bis man nach n Schritten auf ein konstantes Polynom stoßt, das keine Nullstellen mehr besitzt. dieresis

Es folgt eine Faktordarstellung

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath periodcentered periodcentered periodcentered asteriskmath
p(x) = (x minus x ) periodcentered (x minus x ) periodcentered (x minus x ) periodcentered . . . periodcentered (x minus x ) periodcentered a ,n

wobei a das zuletzt verbleibende konstante Restpolynom (vom Grad 0) ist.

n

Vergleicht man die fuhrenden Koeffi zienten auf der linken und rechten Seite dieresis dieser Gleichung, so sieht man sofort, dass das verbleibende konstante Restpo-

n

lynom nichts anderes als der fuhrende Koeffi zient von p(x) = a periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + a
dieresis n 0

ist. Es folgt das Grundprinzip:

Jedes Polynom vom Grad n > 0 hat genau n komplexe Nullstellen.

Hierbei mussen wir aber etwas vorsichtig zahlen, da in der Konstruktion die dieresis dieresis

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

Nullstellen x , x , x etc. eventuell ubereinstimmen konnen. Eine saubere dieresis dieresis

Formulierung liefert der folgende fundamentale Satz:

Satz 1.15: (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß 1799)

n nminus 1

Zu jedem Polynom p(x) = a periodcentered x + a periodcentered x + periodcentered periodcentered periodcentered + a vom Grad n > 0
n nminus 1 0

mit a , . . . , a element C und a negationslash = 0 gibt es komplexe Zahlen z , . . . , z (die
0 n n 1 k

Wurzeln) und n , . . . , n element N (die Vielfachheiten) mit n + periodcentered periodcentered periodcentered + n = n,

1 1
k k

so dass n n

1 k

p(x) = a periodcentered (x minus z ) periodcentered . . . periodcentered (x minus z ) .
n 1 k

Fur die Anzahl k der unterschiedlichen Wurzeln gilt hierbei k lessequal n wegen dieresis

n + periodcentered periodcentered periodcentered + n = n.
1 k

zum Beweis: Wie in der Motivation gezeigt, braucht man nur zu beweisen, dass jedes Polynom vom Grad > 0 mindestens eine komplexe Nullstelle bezitzt. Dies ist je nach den zur Verfugung stehenden Hilfsmitteln aber gar nicht so einfach dieresis und sprengt unseren Rahmen hier. Typischerweise wird der Satz in Lehrbuchern dieresis uber komplexe Funktionentheorie bewiesen. Ein elementarer" Beweis findet dieresis quotedblright

sich z.B. unter:

http://helios.mathematik.uni-kl.de/similar luene/kleinodien/laplace.html


10 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

Interpretation 1.16:

Nach Beispiel 1.12 sind z , . . . , z die Nullstellen von p mit den Vielfach-
1 k

heiten n , . . . , n . Zahlt man z als n Wurzeln, z als n Wurzeln etc., so
dieresis

1 1 1 2 2
k

ergeben sich insgesamt n + periodcentered periodcentered periodcentered +n = n komplexe Wurzeln des Polynoms,
1 k

und in der Tat erhalten wir in dieser Zahlweise:
dieresis

Jedes Polynom vom Grad n > 0 hat genau n komplexe Nullstellen!

dieresis Uber die Anzahl der reellen Nullstellen hingegen kann man i.A. wenig

2

aussagen (z.B. hat p(x) = x + 1 uberhaupt keine reelle Nullstellen).
dieresis

Merkregel 1.17:

asteriskmath
Der Punkt x ist dann und genau dann eine Nullstelle eines Polynoms

asteriskmath

p(x), wenn sich gemaß Folgerung 1.14 der Linearfaktor x minus x vom Po-
dieresis asteriskmath

lynom abfaktorisieren laßt. Die Vielfachheit von x gibt an, wie oft sich
dieresis

dieser Linearfaktor abspalten laßt. Man sollte eine Polynomwurzel besser
dieresis

als einen Linearfaktor ansehen. Der Fundamentalsatz besagt, dass sich ein

Polynom vom Grad n immer in genau n Linearfaktoren aufspalten laßt.
dieresis Die Existenz der komplexen Wurzeln sagt nichts daruber aus, ob man diese dieresis Wurzeln in irgendeiner Weise explizit darstellen kann. In der Tat gibt es z.B. fur Polynome vom Grad greaterequal 4 keine allgemeingultige Losungsformel mit Hilfe dieresis dieresis dieresis

von (verschachtelten) Wurzeln. Numerisch kann man jedoch stets Gleitpunkt-

approximationen der Wurzeln finden.

Beispiel 1.18: In MuPAD ist solve fur exakte Losungen und numeric::solve fur

dieresis dieresis dieresis

numerische Losungen zustandig. Das folgende Polynom hat 9 Wurzeln, die sich (zufalli-

dieresis dieresis dieresis

gerweise) alle explizit darstellen lassen:

>> p:= x^9 + 2*x^7 - x^3 - 2*x:

>> solve(p = 0, x)

1/2 1/2 1/2

{0, -1, 1, - I 2 , I 2 , - 1/2 I 3 - 1/2,

1/2 1/2 1/2

1/2 - 1/2 I 3 , 1/2 I 3 - 1/2, 1/2 I 3 + 1/2}

Der numerische Gleichungsloser liefert Gleitpunktnaherungen der Wurzeln:
dieresis dieresis

>> numeric::solve(p = 0, x)

{0.0, - 0.5 - 0.8660254038 I, - 0.5 + 0.8660254038 I,

0.5 - 0.8660254038 I, 1.0, -1.414213562 I, 1.414213562 I,

0.5 + 0.8660254038 I, -1.0}


1.3. DIAGONALISIERUNG VON MATRIZEN 11

Die zuruckgegebenen Objekte {...} sind jeweils Mengen, deren Elementanordnung

dieresis

willkurlich vom System nach internen Kriterien bestimmt wird. Diese sehen fur ex-

dieresis dieresis

akte Werte anders aus als fur Gleitpunktnaherungen, so dass sich die Reihenfolge der

dieresis dieresis

Elemente beim exakten und beim numerischen Losen unterscheiden kann (was im obi-

dieresis

gen Beispiel auch in der Tat der Fall ist).

Es fallt hierbei auf, dass die komplexen Wurzeln als komplex konjugierte Paadieresis re x plusminus i periodcentered y auftauchen. Das ist kein Zufall und liegt daran, dass das eben

k k

betrachtete Polynom reell" ist (damit ist gemeint, dass die Koeffi zienten reell

quotedblright

sind).

Satz 1.19: (konjugierte Wurzelpaare reeller Polyome)

n

Ist z eine k-fache Nullstelle des Polynoms p(x) = a periodcentered x + . . . + a mit
n 0

reellen Koeffi zienten a , . . . , a , so ist auch z eine k-fache Nullstelle des
0 n

Polynoms. Bei reellen Polynomen tauchen nicht-reelle Wurzeln also immer

in komplex-konjugierten Paaren auf.

Beweis: Fur ein reelles Polynom gilt wegen z periodcentered z = z periodcentered z off ensichtlich
dieresis 1 2 1 2

p(z) = p(z).

Also gilt p(z) = 0 dann und genau dann, wenn p(z) = 0 gilt. Da mit p auch alle Ableitungen von p wieder reelle Polynome sind, stimmen auch die Vielfachheiten

der Nullstellen z und zmacron uberein.
dieresis

Q.E.D. 1.3 Ein Anwendungsbeispiel: Diagonalisierung von

Matrizen

Selbst wenn man sich als Lebensprinzip zu eigen gemacht hat, sich nur fur reale dieresis (reelle) Dinge zu interessieren, kommt man oft doch nicht um komplexe Zahlen

herum. Wir betrachten als Beispiel die (rein reelle) Aufgabenstellung:

parenleftBigg parenrightBigg

1
1 minus 2

1 000 000

Berechne A fur die Matrix A = .
dieresis 2 1

Allgemein ist die Frage, ob es fur Matrixpotenzen explizite Darstellungen gibt, dieresis mit denen sich die Berechnung uber viele Matrixmultiplikationen vermeiden dieresis laßt. Ware A eine Diagonalmatrix, so konnten wir das Ergebniss sofort explizit dieresis dieresis dieresis

hinschreiben, denn es gilt

parenleftbigg parenrightbigg parenleftbigg parenrightbigg
n n

lambda 0 lambda 0
1 1

= .
n

0 lambda 0 lambda
2 2


12 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN Eine Standardmethode der Linearen Algebra besteht darin, allgemeine Matrizen durch Transformation auf Diagonalgestalt zu bringen ( Diagonalisierung").

quotedblright

Hierbei geht es um Eigenwerte und -vektoren. Als Nullstellen des charakteristischen Polynoms sollten als Eigenwerte auch komplexe Zahlen in Betracht

gezogen werden:

Satz 1.20: (Diagonalisierung von Matrizen)

Sei A eine reelle oder komplexe n multiply n-Matrix mit den (eventuell kom-

plexen) Eigenwerten lambda , . . . , lambda und den entsprechenden Eigenvektoren
1 n

vector x , . . . , vector x , also A vector x = lambda vector x . Sei T = [vector x , . . . , vector x ] die Matrix, deren Spal-

1 n 1 n
k k k

ten aus diesen Eigenvektoren besteht. Es gilt

parenlefttp parenrighttp

lambda 0
1

parenleftex parenrightex
. .

AT = T D mit D = diag(lambda , . . . , lambda ) := .

parenleftbt parenrightbt
1 n .

0 lambda n

Sind die Eigenvektoren linear unabhangig, so ist T invertierbar, und es
dieresis

folgt minus 1

A = T D T .

Beweis: Nach Definition der Matrixmultiplikation gilt

AT = A [vector x , . . . , vector x ] = [A vector x , . . . , A vector x ]
1 n 1 n

(die Spalten eines Matrixproduktes bestehen aus der ersten Matrix wirkend auf

die Spalten der zweiten Matrix). Mit

parenlefttp parenrighttp

lambda 0
1

parenleftex parenrightex

. .

T D = [vector x , . . . , vector x ] = [lambda vector x , . . . , lambda vector x ]

parenleftbt parenrightbt

1 n 1 1 n n
.

0 lambda n

und A vector x = lambda vector x folgt A T = T D.
k k k

Q.E.D.

Folgerung 1.21:

minus 1
Mit einer Diagonalisierung A = T D T gilt

n minus 1 minus 1 minus 1 minus 1 n minus 1

A = T D T T D T periodcentered periodcentered periodcentered T D T = T D D periodcentered periodcentered periodcentered D T = T D T .
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

A A A

Die Potenzen von A sind damit auf Potenzen der Diagonalform D von

n

A zuruckgefuhrt, wobei D sich ohne große Rechnung durch Potenzieren
dieresis dieresis

der Diagonalelemente ergibt.


1.3. DIAGONALISIERUNG VON MATRIZEN 13

Bemerkung 1.22: Hat man einen Eigenwert lambda der zu diagonalisierenden Ma-

k

trix gefunden, so kann man nach 1.20 irgendeinen dazugehorigen Eigenvektor dieresis vector x benutzen, die entsprechende Spalte von T zu besetzen. Nun sind Eigen-

k

vektoren aber nicht eindeutig: ist vector x ein Eigenvektor, so ist jedes Vielfaches

k

vector y = c vector x wieder ein Eigenvektor zum selben Eigenwert lambda . Es gibt damit vie-

k k k k

le unterschiedliche Transformationsmatrizen T , wahrend die Diagonalmatrix bis dieresis auf Umnummerierung der Eigenwerte eindeutig ist. Wie kann das sein? Antwort:

die Transformationsmatrizen unterscheiden sich nur um eine Diagonalmatrix:

parenlefttp parenrighttp

c 0
1

parenleftex parenrightex

.
tilde .

T = [vector y , . . . , vector y ] = [c vector x , . . . , c vector x ] = [vector x , . . . , vector x ] = T C.

parenleftbt parenrightbt
1 n 1 1 n n 1 n .

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 0 c

T n

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

C

In der Diagonalisierung fallt die diagonale Skalierungsmatrix" C heraus, da die dieresis quotedblright

Multiplikation von Diagonalmatrizen kommutativ ist:

minus 1 minus 1 minus 1 minus 1
tilde tilde

A = T D T = T C D (T C) = T C D C T

minus 1 minus 1 minus 1
= T D C C T = T D T .

Bemerkung 1.23: Da bei der Diagonalisierung die Invertierbarkeit von T arrowdown 26.4.02

wichtig ist, nutzt es uberhaupt nichts, triviale Eigenvektoren vector x = 0 zu bedieresis dieresis k

trachten (die ja auch strenggenommen per Definition von Eigenvektoren gar

nicht als Eigenvektoren zulassig sind).
dieresis Die Aufgabenstellung der Diagonalisierung lauft darauf hinaus, die Eigenvekdieresis toren zu allen Eigenwerten zu finden. Sobald man eine Basis von linear unabhangigen Eigenvektoren gefunden hat, hat man die invertierbare Transformadieresis tionsmatrix T gefunden, welche die betrachtete Matrix auf Diagonalform bringt. Sind alle Eigenwerte verschieden, so existiert immer eine Basis von linear unabhangigen Eigenvektoren. Bei entarteten Eigenwerten (mehrfachen Nullstellen dieresis des charakteristischen Polynoms) ist dies jedoch nicht garantiert, und in der Tat gibt es nicht-diagonalisierbare Matrizen. Symmetrische reelle Matrizen sind immer diagonalisierbar, selbst wenn die (bei Symmetrie der Matrix automatisch

reellen) Eigenwerte entartet sind.

Beispiel 1.24: Mittels Diagonalisierung konnen wir fur
dieresis dieresis

parenleftBigg parenrightBigg

1
1 minus 2

A = 2 1

n

eine explizite Darstellung von A fur jedes n element Z ermitteln. Nach Satz 1.20 sind aldieresis

le Eigenwerte und endash vektoren zu bestimmen. Die Eigenwerte sind die Nullstellen des


14 KAPITEL 1. KOMPLEXE ZAHLEN

charakteristischen Polynoms

parenleftBigg parenrightBigg

1
lambda minus 1 2 2

det(lambda E minus A) = det = lambda minus 2lambda + 2
2 minus 2 lambda minus 1

(hier ist E die 2 multiply 2-Einheitsmatrix). Nach der Standardformel fur die Nullstellen dieresis

2

quadratischer Polynome ergeben sich die komplex konjugierten Eigenwerte

radical

lambda = 1 plusminus minus 1 = 1 plusminus i.
1,2

Die Eigenvektoren zu lambda bzw. lambda findet man, indem man die Kernvektoren von Aminus lambda E
1 2 k 2

vector

ermittelt, d.h., die Gleichungen (A minus lambda E ) vector x = A vector x minus lambda vector x = 0 lost. Mit den dieresis
k 2 k k k k

Techniken der Mathematik I des letzten Semesters findet man die Losungen
dieresis

parenleftbigg parenrightbigg parenleftbigg parenrightbigg

i 1

vector x = bzw. vector x = .
1 2

2 2 periodcentered i

Die Transformationsmatrix T wird spaltenweise aus diesen Eigenvektoren aufgebaut,

die Inverse wird berechnet: parenleftBigg parenrightBigg

parenleftbigg parenrightbigg i 1

minus
i 1 2 4
minus 1

T = , T = .

1 i
2 2 periodcentered i minus

2 4

Damit folgt die Diagonalisierung

parenleftBigg parenrightBigg parenleftBigg parenrightBigg

parenleftbigg parenrightbigg parenleftbigg parenrightbigg
1 i 1

1 minus minus

i 1 1 + i 0
2 2 4

A = = .

1 i
2 2 periodcentered i 0 1 minus i

2 1 minus

2 4
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

T D minus 1
T

Dies liefert parenleftBigg parenrightBigg

parenleftbigg parenrightbigg parenleftbigg parenrightbigg i 1

n minus

i 1 (1 + i) 0 2 4
n

A = n 1 i

2 2 periodcentered i 0 (1 minus i) minus

2 4
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

n
T D minus 1

T

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

parenlefttp parenrighttp

i 1
n n
parenleftbigg parenrightbigg minus periodcentered (1 + i) periodcentered (1 + i)

2 4
i 1 parenleftbt parenrightbt

= 1 i
n n
2 2 periodcentered i periodcentered (1 minus i) minus periodcentered (1 minus i)

2 4

parenlefttp parenrighttp

1 1 i i
n n n n

periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i) periodcentered (1 + i) minus periodcentered (1 minus i)

2 2 4 4

parenleftbt parenrightbt
= .
1 1
n n n n

minus i periodcentered (1 + i) + i periodcentered (1 minus i) periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i)

2 2

Das Ergebnis muß als Potenz der reellen Matrix A reell sein. Dies ist in dieser Darstellung leider alles andere als off ensichtlich. In der Tat brauchen wir noch einige grundsatz-

dieresis

dieresis
liche Uberlegungen zu Potenzen komplexer Zahlen, die in Polarkoordinaten wesentlich einfacher zu handhaben sind als in Kartesischen Koordinaten. Wir werden spater nach

dieresis

der Einfuhrung der exp-Funktion fur komplexe Zahlen hierauf genauer eingehen und in

dieresis dieresis n

Beispiel 5.23 diese Darstellung von A noch weiter vereinfachen.


Kapitel 2

Folgen und Grenzwerte

Die Grundlage der Analysis ist der Begriff des Grenzwertes. Er ist aus der Schule bekannt (bzw. sollte bekannt sein) und wird hier rekapituliert. Da es kaum einen Unterschied macht, Folgen und Grenzwerte in R oder in C zu betrachten, formulieren wir die folgenden Definitionen und Satze in C, was R als Spezialfall dieresis

dieresis

umschließt. In den Beispielen und Ubungen werden hauptsachlich reelle Folgen dieresis

betrachtet.

2.1 Definitionen, Beispiele, einige Satze
dieresis

Notation: N = {1, 2, . . .}, N = {0, 1, 2, . . .}.
0

Definition 2.1: (Folgen)

Eine Folge (z ) = (z , z , z . . .), manchmal auch (z ) = (z , z , z , . . .),
n 1 2 3 n 0 1 2

ist eine Zuordnung (Funktion)

Index n element N (bzw. N ) minus arrowright Wert z element C.
0 n

Beispiel 2.2:

n

a) x = (minus 1) ; n element N. Die Folge (x ) ist (minus 1, 1, minus 1, 1, . . .).
n n

1 1 1 1

b) x = ; n element N. Die Folge (x ) ist (1, , , , . . .).
n n
n 2 3 4

1 3 8 15 24

c) x = 1 minus ; n element N. Die Folge (x ) ist (0, , , , , . . .).
n 2 n
n 4 9 16 25

1 n

d) x = (1 + ) ; n element N. Die Folge (x ) ist
n n
n

parenleftBig parenrightBig
9 64 625 7776

2, , , , , . . . approxequal (2.0, 2.25, 2.3703..., 2.4414..., 2.4883..., . . .).

4 27 256 3125

15


16 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Beispiel 2.3: Einige simple Berechnungen mit MuPAD. Folgen konnen z.B. als Funk-

dieresis

tionen definiert werden:

>> x := n -> (1 + 1/n)^n

n -> (1 + 1/n)^n

Der Folgengenerator" $ dient zur Erzeugung von Folgen:

quotedblright

>> x(n) $ n = 1..5

2, 9/4, 64/27, 625/256, 7776/3125

Gleitpunktnaherungen werden durch float erzeugt:
dieresis

>> float(x(n)) $ n = 1..5

2.0, 2.25, 2.37037037, 2.44140625, 2.48832

Manchmal sind Monotonieeigenschaften von Folgen interessant. Da hierzu Folgenglieder verglichen werden mussen, kann Monotonie nur im Reellen betrachtet dieresis

werden (auf C gibt es keine sinnvolle Begriff sbildung der Art z < z ).
1 2

Bezeichnung 2.4:

Eine reelle Folge (x ) heißt monoton wachsend" bzw. monoton
n quotedblright quotedblright

fallend", wenn x lessequal x bzw. x greaterequal x gilt fur alle Indexpaare n, m mit
dieresis

n m n m

n < m. Bei x < x bzw. x > x spricht man von streng monoton
n m n m quotedblright

wachsend" bzw. streng monoton fallend".

quotedblright

Zunachst die formale Definition von Konvergenz" und Grenzwert", die etwas dieresis quotedblright quotedblright

abschreckend sein mag, aber (keine Angst!) spater nur in (den hier nicht wirkdieresis lich interessierenden) technischen Beweisen zum Einsatz kommt. Oft reicht es, einfache Vererbungsreglen wie z.B. aus Satz 2.13 zu benutzen, um Grenzwerte

mittels Arithmetikregeln zu ermitteln.

Definition 2.5: (Grenzwerte von Folgen)

asteriskmath

Eine Folge (z ) in C heißt konvergent", wenn eine Zahl z element C exi-
n quotedblright asteriskmath

stiert, so dass sich (intuitiv) alle Zahlen z fur großes n dem Wert z
dieresis

n

quotedblright

beliebig genau annahern".
dieresis

Formal: zu jedem noch so kleinen epsilon1 > 0 laßt sich eine reelle Zahl N(epsilon1 )
dieresis

asteriskmath

angeben, so dass |z minus z | lessequal epsilon1 gilt fur alle Indizes n greaterequal N(epsilon1 ).
dieresis

n

Anschaulich: alle Werte z weichen fur n greaterequal N(epsilon1 ) maximal um den Wert
dieresis

n

epsilon1 vom Grenzwert ab.

asteriskmath

Der Wert z heißt dann Grenzwert" ( Limes") der Folge (z ).
n

quotedblright quotedblright

Schreibweisen:

asteriskmath asteriskmath

z = lim z oder auch z arrowright z fur n arrowright infinity .
dieresis

n n

narrowright infinity


dieresis

2.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, EINIGE SATZE 17

Eine nicht konvergierende Folge heißt divergent". Konvergente Folgen

quotedblright

mit dem Grenzwert 0 heißen auch Nullfolgen.

Bemerkung 2.6: Die Aussage fur alle n greaterequal N(epsilon1 )" impliziert, dass nur hinreidieresis

quotedblright quotedblright

chend große Indizes n" betrachtet zu werden brauchen. Merke: fur Konvergenz dieresis ist das Verhalten der Folge fur kleine Indexwerte vollig irrelevant. Genauer: dieresis dieresis

man kann immer endlich viele Folgenelemente abandern, ohne dass sich etwas dieresis an der Konvergenz andert: man kann o.B.d.A. (= ohne Beschrankung der dieresis dieresis

Allgmeinheit) immer N(epsilon1 ) großer wahlen als der großte Index der geanderten dieresis dieresis dieresis dieresis

Folgenglieder.

Eine intuitive Interpretation der epsilon1 -Definition der Konvergenz lautet:

Fur jedes (noch so kleine) epsilon1 > 0 haben hochstens endlich viele
dieresis dieresis

Folgenglieder einen Abstand zum Grenzwert, der großer ist als epsilon1 .
dieresis

Satz 2.7: (Eindeutigkeit von Grenzwerten)

asteriskmath

Grenzwerte sind eindeutig, d.h., zu (z ) gibt es hochstens ein z mit der
dieresis

n

obigen Eigenschaft.

asteriskmath asteriskmath asteriskmath

Beweis: Seien z und z zwei Grenzwerte. Zu jedem epsilon1 > 0 gilt fur hinreichend dieresis

große Indizes n: asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|z minus z | lessequal epsilon1 , |z minus z | lessequal epsilon1
n n

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

arrowdblright |z minus z | = |z minus z + z minus z | lessequal |z minus z | + |z minus z | lessequal 2 periodcentered epsilon1 .
n n n n

Da epsilon1 > 0 beliebig klein gewahlt werden kann und damit auch 2 periodcentered epsilon1 beliebig klein dieresis

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath
sein kann, folgt |z minus z | = 0, also z = z .

Q.E.D.

Einige einfache Beispiele mit formalem Beweis:

Beispiel 2.8: Die konstante Folge (z ) = (c, c, c, . . .) ist konvergent mit dem Grenzwert

n

asteriskmath z = lim z = c, denn fur alle n gilt

dieresis
n

narrowright infinity

asteriskmath

|z minus z | = |c minus c| = 0 lessequal epsilon1 ,
n

wie auch immer epsilon1 > 0 vorgegeben wird. Formal: zu epsilon1 > 0 wahle N(epsilon1 ) = 1.
dieresis

Nun ja, im obigen Beispiel war sogar das formale N(epsilon1 )endash Kriterium sehr einfach

zu handhaben. Im nachsten Beispiel wird es ein klein wenig komplizierter:
dieresis


18 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

asteriskmath
1

Beispiel 2.9: Die Folge x = ist konvergent mit dem Grenzwert x = lim x = 0.
n n
n narrowright infinity

1

Formaler Beweis: zu beliebigem epsilon1 > 0 wahle N(epsilon1 ) = . Dann folgt fur alle n greaterequal N(epsilon1 ):
dieresis dieresis

epsilon1

vextendsingle vextendsingle

vextendsingle vextendsingle 1 1 1 1

asteriskmath vextendsingle vextendsingle

|x minus x | = |x minus 0| = |x | = = lessequal = = epsilon1 .
n n n 1 vextendsingle vextendsingle n n N (epsilon1 ) epsilon1

Und noch ein Beispiel mit formalem Beweis:

n

Beispiel 2.10: Fur c element C gelte |c| < 1. Dann ist die Folge z = c eine Nullfolge.
dieresis n

1 1

Beweis: Fur c = 0 ist alles klar. Sei nun c negationslash = 0. Definiere h = minus 1 > 0, d.h., |c| = .
dieresis |c| 1+h

Es gilt

parenleftbigg parenrightbigg

1 1 n
n 2

= = (1 + h) = 1 + n periodcentered h + periodcentered h + periodcentered periodcentered periodcentered greaterequal 1 + n periodcentered h > n periodcentered h.

n n
|c | |c| 2

1 1
n

Es folgt |c | < lessequal epsilon1 fur alle Indizes n greaterequal =: N(epsilon1 ).
dieresis

nperiodcentered h hperiodcentered epsilon1 Q.E.D.

Beispiele:

n
c = 0.5 : (c ) = (0.5, 0.25, 0.125, 0.0625, 0.03125 . . .).

Fur |c| greaterequal 1 gilt diese Aussage nicht! Z.B.:
dieresis

n
c = 1 : (c ) = (1, 1, 1, 1, . . .) (konvergiert gegen 1),

n
c = i : (c ) = (i, minus 1, minus i, 1, i, minus 1, . . .) (konvergiert nicht),

n
c = 2 : (c ) = (2, 4, 8, 16, . . .) (divergiert, bzw. konvergiert gegen infinity ").

quotedblright

2.5.02arrowdown Beispiel 2.11: Einige Berechnungen mit MuPAD:

>> x := n -> c^n

n -> c^n

>> x(n) $ n = 1..10

2 3 4 5 6 7 8 9 10

c, c , c , c , c , c , c , c , c , c

Grenzwerte werden mit limit berechnet. Die Hilfeseite dazu wird mittels ?limit an-

gefordert:

>> ?limit

Ohne Weiteres kann der Grenzwert nicht bestimmt werden, da er ja von den Eigen-

schaften von c abhangt:
dieresis


dieresis

2.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, EINIGE SATZE 19

>> limit(x(n), n = infinity)

Warning: cannot determine sign of ln(c) [stdlib::limit::limitMRV]

n

limit(c , n = infinity)

Nehmen wir an, c sei reell und 0 < c < 1:

>> assume(0 < c < 1):

>> limit(x(n), n = infinity)

0

Nehmen wir an, c > 1:

>> assume(c > 1):

>> limit(x(n), n = infinity)

infinity

Ein Beispiel einer nicht konvergierenden Folge:

n

Beispiel 2.12: Die Folge x = (minus 1) , also (x ) = (minus 1, 1, minus 1, 1, . . .) ist nicht konvergent n n

(hat keinen Grenzwert). Hier ein formaler Beweis (damit in dieser Vorlesung wenigstens

1

einmal ein sauberer Nichtexistenzbeweis vorkommt): zu epsilon1 = laßt sich kein N(epsilon1 ) finden. dieresis

2

asteriskmath

Angenommen, ein Grenzwert x existiert. Dann mußte N(epsilon1 ) existieren mit
dieresis

asteriskmath asteriskmath

|x minus x | lessequal epsilon1 , |x minus x | lessequal epsilon1
n n+1

fur alle n greaterequal N(epsilon1 ). Es wurde folgen:
dieresis dieresis

1 1
asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|x minus x | = |x minus x + x minus x | lessequal |x minus x | + |x minus x | lessequal epsilon1 + epsilon1 = + = 1.
n n+1 n n+1 n n+1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 2 2

=0

Fur die betrachtete Folge gilt aber |x minus x | = 2 fur jedes n. Widerspruch! Damit dieresis dieresis

n n+1

asteriskmath
muß die Annahme es existiert x " falsch gewesen sein.

quotedblright

Die formale Definition mit epsilon1 und N(epsilon1 ) ist unangenehm und man mochte diese dieresis recht technischen Betrachtungen und Abschatzungen liebend gern vermeiden. dieresis Wie geht man beim praktischen Rechnen vor? Es gibt Rechenregeln! Damit laßt dieresis

sich epsilon1 und N(epsilon1 ) praktisch immer verbannen:

Satz 2.13: (Rechenregeln fur Grenzwerte)
dieresis

Seien (x ), (y ) konvergente Folgen in C, sei c element C eine Konstante. Dann
n n

gilt:

a) lim (c periodcentered x ) = c periodcentered lim x ,
n n

narrowright infinity narrowright infinity


20 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

b) lim (x plusminus y ) = lim x plusminus lim y ,
n n n n

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

c) lim (x periodcentered y ) = lim x periodcentered lim y ,
n n n n

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

parenleftBig parenrightBig lim xn
xn narrowright infinity

d) lim = , falls lim y negationslash = 0 gilt (!),
n

narrowright infinity narrowright infinity
y lim y

n n

narrowright infinity

radicalBig
radical

e) lim x = lim x .
n n

narrowright infinity narrowright infinity

Eine Beweisandeutung (nur fur technisch Interessierte):
dieresis

asteriskmath asteriskmath

Beweisskizze: Seien x bzw. y die Grenzwerte von (x ) bzw. (y ).
n n

a) Fur c = 0 ist die Behauptung sicherlich richtig. Sei nun c negationslash = 0. Zu epsilon1 > 0 gibt dieresis

es ein N , so dass epsilon1

asteriskmath

|x minus x | lessequal
n |c|

gilt fur alle n greaterequal N . Fur diese Indizes folgt
dieresis dieresis

epsilon1
asteriskmath asteriskmath

|c periodcentered x minus c periodcentered x | = |c| periodcentered |x minus x | lessequal |c| periodcentered = epsilon1 .
n n |c|

b) Wahle ein beliebiges epsilon1 > 0. Da (x ) und (y ) als konvergent vorausgesetzt dieresis n n

sind, gibt es Werte N bzw. N mit
x y

epsilon1 epsilon1
asteriskmath asteriskmath

|x minus x | lessequal bzw. |y minus y | lessequal
n n

2 2

fur alle n greaterequal N bzw. n greaterequal N . Fur alle n greaterequal N(epsilon1 ) := max(N , N ) folgt
dieresis dieresis

x y x y

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|x plusminus y minus (x plusminus y )| = |x minus x plusminus (y minus y )|
n n n n

epsilon1 epsilon1
asteriskmath asteriskmath

lessequal |x minus x | + | plusminus (y minus y )| lessequal + = epsilon1 .
n n 2 2

Die Aussagen c) endash e) lassen sich mit ahnlichen (etwas aufwendigeren) dieresis

Abschatzungen beweisen.
dieresis

Q.E.D. Beispiel 2.14: Wir wissen bereits, dass konstante Folgen x = c gegen c konvergieren,

n

1

und dass x = eine Nullfolge ist. Durch Einsatz der Rechenregeln folgt unmittelbar: n n

1 1 1 1 1

lim = lim periodcentered = lim periodcentered lim = 0 periodcentered 0 = 0,

2

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n n n n

1 1 1 1 1

lim = lim periodcentered = lim periodcentered lim = 0 periodcentered 0 = 0,

3 2 2

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n n n n

usw. Durch Induktion nach k ergibt sich:

1

Alle Folgen der Form x = mit positiven Potenzen k sind Nullfolgen.
n kn


dieresis

2.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, EINIGE SATZE 21 Manchmal muß man etwas manipulieren und umschreiben. Bei rationalen Ausdrucken in n (also Polynom(n)/Polynom(n)) gilt das allgemeine Rezept: ziehe dieresis in Zahler und Nenner die fuhrende Potenz von n raus und kurze. Typischerweise dieresis dieresis dieresis

verbleiben dann nur noch Nullfolgen im Ausdruck, die zu 0 werden, wenn man

uber die obigen Rechenregeln den Grenzwert in den Ausdruck 'reinzieht":
dieresis quotedblright

Beispiel 2.15:

1

1 1
2 2+ lim
2 n periodcentered (2 + ) 2 + 2

2 periodcentered n + 1 2+ 0
2 2 narrowright infinity n
n n

lim = lim = lim = = = 2 .

1 1
2 2 1

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n minus n 1minus 0
n periodcentered (1 minus ) 1 minus

n n 1 minus lim

narrowright infinity n

Hierbei wurde benutzt, dass wir in den Beispielen 2.9 und 2.14 bereits 1/n und

2
1/n als Nullfolgen identifiziert haben. Man sieht, mit etwas Geschick eingesetzt, machen die Rechenregeln die Berechnung von Grenzwerten oft sehr einfach.

Manchmal muß man allerdings tricksen":

quotedblright

Beispiel 2.16:

radical radical radical
radical radical radical
2 2

radical radical ( n + 1 minus n) periodcentered ( n + 1 + n) n + 1 minus n

radical radical
lim ( n + 1 minus n) = lim = lim

radical radical

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n + 1 + n n + 1 + n

(n + 1) minus n 1 1

radical radical radicalBig
= lim = lim = lim

radical radical radical

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity 1
n + 1 + n n + 1 + n n periodcentered (1 + ) + n

n

1 1

radicalBig radicalBig
= lim = lim parenleftBig parenrightBig

radical radical radical
narrowright infinity narrowright infinity
1 1

n periodcentered 1 + + n n periodcentered 1 + + 1

n n

radicalbigg

1 1 1 1

radical radicalBig radicalbigg
= lim periodcentered lim = lim periodcentered parenleftBig parenrightBig

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n
1 1

1 + + 1

n lim 1 + + 1

narrowright infinity n

radicalbigg 1 1 1

radicalbigg radical
= lim periodcentered = 0 periodcentered = 0.

narrowright infinity n 1+ 0+ 1
1

1 + lim + 1

narrowright infinity n

Manchmal helfen alle Rechenregeln nichts, und man muß technisch abschatzen. dieresis Eine hilfreiche Aussage liefert der folgende Satz, der nur fur reelle Folgen gilt. dieresis Liegen die Folgenglieder x in Intervallen [a , b ] und konvergieren die Inter-

n n n

vallenden gegen den selben Wert, so bleibt der Folge nichts anderes ubrig, als dieresis ebenfalls gegen diesen Wert zu konvergieren (die Intervalllange b minus a konverdieresis n n

giert gegen 0):


22 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

Satz 2.17: (Intervallschachtelung)

Seien (a ), (b ), (x ) reelle Folgen. Die Folgen (a ) und (b ) mogen ge-
dieresis

n n n n n

gen den selben Grenzwert konvergieren. Gilt fur alle hinreichend großen
dieresis

Indizes a lessequal x lessequal b , so konvergiert auch (x ) gegen
n n n n

lim x = lim a = lim b .
n n n

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath

Beweis: Sei x der Grenzwert von (a ) und (b ). Die Folge (b minus a ) ist positiv n n n n

und eine Nullfolge. Zu epsilon1 > 0 gibt es Werte N bzw. N mit
1 2

epsilon1 epsilon1
asteriskmath

b minus a = |b minus a | lessequal , |a minus x | lessequal
n n n n n

2 2

fur alle n greaterequal N bzw. n greaterequal N . Fur alle n greaterequal N := max(N , N ) folgt
dieresis dieresis

1 2 1 2

asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|x minus x | = |x minus a + a minus x | lessequal |x minus a | + |a minus x |
n n n n n n n

epsilon1 epsilon1
asteriskmath asteriskmath

= x minus a + |a minus x | lessequal b minus a + |a minus x | lessequal + = epsilon1 .
n n n n n n 2 2 Q.E.D.

n

Beispiel 2.18: Sei x = . Off ensichtlich gilt
n 2n +1

n n 1

0 lessequal x = lessequal = .
n 2 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright n + 1 n n

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
an bn

1

Die Intervallgrenzen a = 0 und b = sind beides Nullfolgen, also ist auch x eine n n n
n

Nullfolge.

1/n

Beispiel 2.19: Fur positive reelle Zahlen c definieren wir z = c als die positive dieresis n

n

reelle Losung von z = c.
dieresis

Fall 1: Sei c greaterequal 1. Sicherlich gilt z greaterequal 1 . Setze z = 1 + h mit h greaterequal 0. Es folgt
n n n n

parenleftbigg parenrightbigg

n cminus 1
n 2

c = (1 + h ) = 1 + n periodcentered h + periodcentered h + periodcentered periodcentered periodcentered greaterequal 1 + n periodcentered h arrowdblright 0 lessequal h lessequal .
n n n n
n

2 n

Damit ist h eine Nullfolge, also z = 1 + h arrowright 1 fur n arrowright infinity .
dieresis

n n n

Fall 2: Sei 0 < c lessequal 1. Sicherlich gilt 0 < z lessequal 1. Setze z = 1/(1 + h ) mit h greaterequal 0.

n n n n

Analog zu Fall 1 folgt

parenleftbigg parenrightbigg 1 minus 1

1 n
n 2 c

= (1 + h ) = 1 + n periodcentered h + periodcentered h + periodcentered periodcentered periodcentered greaterequal 1 + n periodcentered h arrowdblright 0 lessequal h lessequal .
n n n n
n

c 2 n

Damit ist h eine Nullfolge, also z = 1/(1 + h ) arrowright 1 fur n arrowright infinity .
dieresis

n n n

Merke:

1/n

lim c = 1 fur jedes reelle c > 0.
dieresis

narrowright infinity


dieresis

2.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, EINIGE SATZE 23

Satz und Definition 2.20:

z n

Sei z eine beliebige komplexe Zahl. Die Folge x = (1 + ) konver- arrowdown 3.5.02
n n

asteriskmath z

giert gegen einen von z abhangenden Grenzwert x (z), der auch als e
dieresis z

oder auch als exp(z) bezeichnet wird. Die Funktion exp : z mapsto arrowright e heißt

1

Exponential-Funktion". Der spezielle Grenzwert e = e fur z = 1
dieresis

quotedblright heißt Eulersche Zahl":

quotedblright parenleftBig parenrightBig n

1

e = lim 1 + approxequal 2.71828... .

narrowright infinity n

Der Beweis ist sehr technisch und bringt keine wirklichen Erkenntnisse. Nur

der Vollstandigkeit halber wird eine Teilskizze angegeben:
dieresis Beweisskizze: Wir betrachten nur den Fall z = 1. Man zeigt jeweils per In-

parenleftBig parenrightBig n

1

duktion, dass die reelle Folge x = 1 + streng monoton wachsend in n ist n n

und dass

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

n nminus 1
1 1 1 1

y = 1 + = 1 + periodcentered 1 + = x periodcentered 1 +
n nminus 1

n minus 1 n minus 1 n minus 1 n minus 1

streng monoton fallend in n ist. Da off ensichtlich x < y < y = 4 gilt, ist x
n n 2 n monoton wachsend und nach oben beschrankt. Dies reicht, um die Konvergenz dieresis von (x ) zu folgern (Satz 2.28). Zusatz: y ist monoton fallend und nach unten

n n

durch y > x > x = 2 beschrankt, konvergiert also ebenfalls. Es gilt
dieresis

n nminus 1 1

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
1 1

lim y = lim x periodcentered 1 + = lim x periodcentered lim 1 +
n nminus 1 nminus 1

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n minus 1 nminus 1

= lim x = lim x .
nminus 1 n

narrowright infinity narrowright infinity

Damit liefert jedes x eine untere und y eine obere Schranke fur die Eulersche dieresis

n n

Zahl, wobei das Intervall [x , y ], in dem sie zu finden ist, auf die Lange 0 dieresis

n n

zusammenschrumpft.

Q.E.D.

Eine technische Voruberlegung fur den Beweis des kommenden Satzes 2.22:
dieresis dieresis

Technischer Hilfssatz 2.21:

2

Sei (z ) eine komplexe Nullfolge mit der Eigenschaft, dass (n periodcentered z ) be-
n n

schrankt ist (d.h., es gibt eine Konstante c > 0, so dass fur alle Indizes n
dieresis dieresis

c

|z | lessequal gilt). Dann gilt
n 2n

n

lim (1 + z ) = 1.
n

narrowright infinity


24 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Der Beweis ist sehr technisch und bringt keine wirklichen Erkenntnisse. Er ist

nur der Vollstandigkeit halber angegeben:
dieresis

Beweis: Es gilt (Aufgabe 8) fur jedes z element C:
dieresis

parenleftBig parenrightBig

n nminus 1
z minus 1 = (z minus 1) periodcentered 1 + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z .

Fur z = 1 + z folgt
dieresis n

parenleftBig parenrightBig

n nminus 1

(1 + z ) minus 1 = z periodcentered 1 + (1 + z ) + periodcentered periodcentered periodcentered + (1 + z ) .
n n n n

Die Dreiecksungleichung liefert

vextendsingle vextendsingle parenleftBig parenrightBig

vextendsingle vextendsingle
n nminus 1

(1 + z ) minus 1 lessequal |z | periodcentered 1 + |1 + z | + periodcentered periodcentered periodcentered + |1 + z |
vextendsingle vextendsingle
n n n n

parenleftBig parenrightBig

nminus 1

lessequal |z | periodcentered 1 + (1 + |z |) + periodcentered periodcentered periodcentered + (1 + |z |) .
n n n

k n

Mit (1 + |z |) lessequal (1 + |z |) fur alle k = 0, 1, . . . , n minus 1 folgt
dieresis

n n

vextendsingle vextendsingle parenleftBig parenrightBig

vextendsingle vextendsingle
n n n n

(1 + z ) minus 1 lessequal |z | periodcentered (1 + |z |) + (1 + |z |) + periodcentered periodcentered periodcentered + (1 + |z |)
vextendsingle vextendsingle
n n n n n

n

= n periodcentered |z | periodcentered (1 + |z |) .
n n

2

Wegen |z | lessequal c/n gilt auch |z | lessequal c/n:
n n

vextendsingle vextendsingle parenleftBig parenrightBig n

c
vextendsingle vextendsingle
n c

(1 + z ) minus 1 lessequal n periodcentered |z | periodcentered 1 + lessequal n periodcentered |z | periodcentered e .
vextendsingle vextendsingle
n n n

n

2

Wegen |z | lessequal c/n gilt |n periodcentered z | lessequal c/n:
n n

vextendsingle vextendsingle c

c periodcentered e
vextendsingle vextendsingle
n

(1 + z ) minus 1 lessequal .
vextendsingle vextendsingle
n n

parenleftBig parenrightBig

n n

Damit gilt lim (1 + z ) minus 1 = 0, und es folgt lim (1 + z ) = 1.
n n

narrowright infinity narrowright infinity Q.E.D.

Der folgende Satz ist fundamental und sehr wichtig:

Satz 2.22: (Funktionalgleichungen der Exponentialfunktion)

Fur alle z, z , z element C, n element Z gilt:
dieresis 1 2

1 0 minus z z +z z z z n nperiodcentered z
1 2 1 2
e = 1, e = , e = e periodcentered e , (e ) = e .

ze


dieresis

2.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, EINIGE SATZE 25 Trotz aller Wichtigkeit des Satzes: der Beweis bringt keine wirklichen Erkenntnisse und ist nur der Vollstandigkeit halber fur technisch Interessierte dieresis dieresis

angegeben:

Beweis: Es gilt

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

n n n

z + z z z
1 2 1 2

1 + periodcentered 1 minus periodcentered 1 minus

n n n

parenleftBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenrightBig n

z + z z z
1 2 1 2

= 1 + periodcentered 1 minus periodcentered 1 minus

n n n

parenleftBig parenrightBig
2 2 n

z + z periodcentered z + z z periodcentered z periodcentered (z + z )
1 2 1 2 1 2
1 2

= 1 minus + .

2 3
n n

Die Folge 2 2

z + z periodcentered z + z z periodcentered z periodcentered (z + z )
1 2 1 2 1 2
1 2

x = minus +
n 2 3

n n

parenleftBig parenrightBig

1 z periodcentered z periodcentered (z + z )
1 2 1 2
2 2

= periodcentered z + z periodcentered z + z +

1 2
1 2

2n n 2

erfullt die im Hilfssatz 2.21 geforderte Bedingung |x | lessequal c/n mit
dieresis n

vextendsingle vextendsingle

z periodcentered z periodcentered (z + z ) |z periodcentered z periodcentered (z + z )|
vextendsingle vextendsingle
1 2 1 2 1 2 1 2
2 2 2 2

z + z periodcentered z + z + lessequal |z + z periodcentered z + z | +
vextendsingle vextendsingle

1 2 1 2

1 2 1 2

n n

2 2

lessequal |z + z periodcentered z + z | + |z periodcentered z periodcentered (z + z )| =: c.

1 2 1 2 1 2
1 2

Hilfssatz 2.21 liefert damit

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

n n n

z + z z z
1 2 1 2 n

lim 1 + periodcentered 1 minus periodcentered 1 minus = lim (1 + x ) = 1
n

narrowright infinity narrowright infinity
n n n

und folglich gilt:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

n n n

z + z z z
1 2 1 2

1 = lim 1 + periodcentered lim 1 minus periodcentered lim 1 minus

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n n

z +z minus z minus z
1 2 1 2

= e periodcentered e periodcentered e .

parenleftBig parenrightBig n

0

0 n

Mit e = lim 1 + = lim 1 = 1 folgt fur z = z, z = minus z:
dieresis 1 2

narrowright infinity narrowright infinity
n

1 0 minus z z minus z z minus z

1 = e periodcentered e periodcentered e = e periodcentered e arrowdblright e = .ze

Fur allgemeine z , z folgt dann:
dieresis 1 2

z +z minus z minus z z +z z z
1 2 1 2 1 2 1 2

1 = e periodcentered e periodcentered e arrowdblright e = e periodcentered e .

Hiermit folgt fur n element N:
dieresis

z n z z z z+z+...+z nperiodcentered z
(e ) = e periodcentered e periodcentered . . . periodcentered e = e = e .

minus z z

Mit e = 1/e folgt die selbe Eigenschaft auch fur negative ganzzahlige Potendieresis

zen n.

Q.E.D.


26 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

Beispiel 2.23: Einige Rechnungen mit MuPAD. Die Exponentialfunktion heißt exp:

>> limit((1 + 1/n)^n, n = infinity)

exp(1)

Mit \% wird auf den letzten Wert zugegriff en:

>> float(\%)

2.718281829

>> exp(20) = float(exp(20))

exp(20) = 485165195.4

>> exp(3 + I/2) = float(exp(3 + I/2))

exp(3 + 1/2 I) = 17.62671695 + 9.629519358 I

Fur reelle Argumente kann die Exponentialfunktion mittels plotfunc2d gezeichnet

dieresis

werden. Falls x vorher einen Wert zugewiesen bekommen hatte, muß dieser zunachst

dieresis

mittels delete geloscht werden:
dieresis

>> delete x:

>> plotfunc2d(exp(x), x = -2..3)

2.2 Weitere Konvergenzsatze
dieresis

In diesem Abschnitt werden einige allgemeine Satze formuliert, die hilfreich dieresis sind, die Konvergenz von Folgen zu prufen. Als Vorbereitung wird zunachst das dieresis dieresis

Supremumsaxiom vorgestellt. Es garantiert, dass R vollstandig" genug ist, um dieresis

quotedblright

die Existenz diverser Grenzwerte zu sichern.

2.2.1 Das Supremumsaxiom fur R
dieresis

Welcher Unterschied besteht zwischen der Menge R der reellen Zahlen und der Menge Q der rationalen Zahlen? In beiden Mengen ist die Arithmetik (Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division) definiert und verlaßt die Menge nicht. dieresis Mathematisch gesprochen: beide Mengen sind Korper". Die Einfuhrung der

dieresis dieresis

quotedblright

reellen Zahlen als Verallgemeinerung der rationalen Zahlen ist dadurch moti-

radical

2

viert, Gleichungen wie z.B. x = 2 losen zu konnen ( 2 ist eine irrationale dieresis dieresis

Zahl, also in R, aber nicht in Q). In diesem Sinne ist R vollstandiger" als Q. dieresis

quotedblright

Worauf lauft dies mathematisch hinaus?
dieresis


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 27

Definition 2.24: (Beschranktheit)
dieresis

Eine Teilmenge A von R heißt nach oben bzw. nach unten be-

quotedblright

schrankt", wenn es Zahlen M element R bzw. m element R gibt, so dass a lessequal M
dieresis

bzw. m lessequal a fur alle a element A gilt. Die Zahl M bzw. m heißt obere bzw.
dieresis quotedblright

untere Schranke" fur A. Eine sowohl nach oben als auch nach unten
dieresis

beschrankte Menge heißt beschrankt". Es gilt |a| lessequal max(|m|, |M |) fur
dieresis dieresis dieresis

quotedblright

alle a element A.

Das Supremumsaxiom 2.25:

Jede nach oben beschrankte nichtleere Teilmenge A von R besitzt eine
dieresis

kleinste obere Schranke ( das Supremum" von A):

quotedblright

sup A = min{M element R; a lessequal M für alle a element A}.

Jede nach unten beschrankte nichtleere Teilmenge A von R besitzt eine
dieresis

großte untere Schranke ( das Infimum" von A):
dieresis quotedblright

inf A = max{m element R; m lessequal a für alle a element A}.

Hierbei braucht man als Axiom eigentlich nur die Existenz eine Supremums zu fordern. Das Infimum von A ergibt sich dann automatisch als das negative

Supremum der Menge der negativen Werte in A:

inf A = minus sup {minus a; a element A}.

Die Existenz des Minimums/Maximums aller oberen/unteren Schranken, welche das Supremum/Infimum definieren, ist die gewunschte Vollstandigkeit der dieresis dieresis

reellen Zahlen, die R z.B. von Q unterscheidet.

Bemerkung 2.26: Existiert in A propersubset R ein maximales Element, so ist dieses

Maximum auch das Supremum:

sup A = max A.

Aber nicht jede beschrankte Menge hat ein maximales Element. Z.B. hat A = dieresis

[0, 1) kein Maximum, denn das Supremum sup A = 1 (der einzige Kandidat furdieresis

das Maximum) liegt nicht in A.

Beispiel 2.27: Beispielsweise garantiert das Supremumsaxiom, dass es eine positive

radical 2

reelle Zahl 2 gibt, deren Quadrat 2 ist. Betrachte dazu A = {a element R; a lessequal 2}. Die

2

beiden Losungen von x = 2 ergeben sich als
dieresis

radical radical

2 = sup A, minus 2 = inf A.


28 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Das ist intuitiv plausibel, kann aber auch ganz formal bewiesen werden. Wir betrach-

2

ten hier nur das Supremum und fuhren den Beweis von (sup A) = 2 fur technisch dieresis dieresis

Interessierte formal durch:

Off ensichtlich ist die Menge A beschrankt (sicherlich gilt z.B. A propersubset [minus 3/2, 3/2]). Es ist

dieresis 2

zu zeigen, dass das Supremum (nennen wir es s) in der Tat s = 2 erfullt:
dieresis

Sicherlich gilt s > 0, also speziell 2 + s > 0.

2
Angenommen, es gilt s < 2. Dann kann s keine obere Schranke von A sein, denn

z.B. die Zahl 2 2 2

2 minus s 2 periodcentered s + s + 2 minus s 2 + 2 periodcentered s

a = s + = =

2 + s 2 + s 2 + s

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

>0

ware echt großer als s und liegt in A, denn es gilt
dieresis dieresis

2 2 2

4 + 8 periodcentered s + 4 periodcentered s (8 + 8 periodcentered s + 2 periodcentered s ) minus 2 periodcentered (2 minus s )
2a = =

2 2
(2 + s) (2 + s)

2 2 2
2 periodcentered (2 + s) minus 2 periodcentered (2 minus s ) 2 minus s

= = 2minus 2 periodcentered < 2.

2 2
(2 + s) (2 + s)

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

>0

Widerspruch! 2

Angenommen, es gilt s > 2. Dann kann s nicht die kleinste obere Schranke von A

sein, denn z. B. die Zahl

2 2 2
2 minus s 2 periodcentered s + s + 2 minus s 2 + 2 periodcentered s

M = s + = =

2 + s 2 + s 2 + s

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

<0

ist kleiner als s und ist obere Schranke von A, denn wegen

2 2 2

4 + 8 periodcentered s + 4 periodcentered s (8 + 8 periodcentered s + 2 periodcentered s ) + 2 periodcentered (s minus 2)
2

M = =

2 2
(2 + s) (2 + s)

2 2 2
2 periodcentered (2 + s) + 2 periodcentered (s minus 2) s minus 2

= = 2+ 2 periodcentered > 2

2 2
(2 + s) (2 + s)

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

>0

gilt: 2 2 2

a element A arrowdblboth a lessequal 2 arrowdblright a < M arrowdblright a < M.

(Im letzten Schritt wird ausgenutzt, dass wir bereits wissen, dass M = (2+2periodcentered s)/(2+s) >

0 gilt, da sicherlich s > 0 gilt.) Widerspruch!

2
Also muss s = 2 gelten.

Q.E.D.


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 29

2.2.2 Konvergenz monotoner reeller Folgen

Die folgende Aussage ist außerst hilfreich, denn sie gerantiert Konvergenz, ohdieresis ne dass der konkrete Grenzwert bekannt zu sein braucht. Die Aussage beruht auf Monotonie und ist daher nur auf reelle Folgen anwendbar. Die Konvergenz

basiert auf dem Supremumsaxiom 2.25 fur R.
dieresis

Satz 2.28: (Konvergenz monotoner Folgen)

Sei (x ) eine monoton steigende bzw. fallende reelle Folge. Ist die Folge
n

nach oben bzw. unten beschrankt, also x lessequal M bzw. m lessequal x fur alle
dieresis dieresis

n n

Indizes n, so ist (x ) konvergent. Es gilt
n

lim x = sup {x ; n element N} lessequal M bzw. m lessequal lim x = inf {x ; n element N}.
n n n n

narrowright infinity narrowright infinity

Beweis: Betrachte eine monoton steigende und durch M nach oben beschrankte dieresis

asteriskmath

Folge (x ). Setze A = {x ; n element N}. Der gesuchte Grenzwert ist x = sup A. n n asteriskmath asteriskmath

Zum Beweis der Konvergenz gegen x sei epsilon1 > 0 beliebig vorgegeben. Da x

asteriskmath
die kleinste obere Schranke von A ist, ist x minus epsilon1 keine obere Schranke, d.h., es

asteriskmath

existiert ein Index N(epsilon1 ) mit x > x minus epsilon1 . Wegen der Monotonie gilt fur alle dieresis

N(epsilon1 )

Indizes n greaterequal N(epsilon1 ):

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

x greaterequal x greaterequal x greaterequal x minus epsilon1 arrowdblright 0 lessequal x minus x lessequal epsilon1 arrowdblright |x minus x | lessequal epsilon1 .

n n n
N(epsilon1 )

asteriskmath

Da x die kleinste obere Schranke von A ist, gilt fur die obere Schranke M die dieresis

asteriskmath
Ungleichung x lessequal M .

Die Konvergenz monoton fallender, nach unten beschrankter Folgen ist analog dieresis

zu beweisen.

Q.E.D.

Beispiel 2.29: Betrachte

nsummationdisplay 1 1 1 1

x = = 1 + + + periodcentered periodcentered periodcentered + .
n k! 1! 2! n!

k=0

Off ensichtlich ist (x ) monoton steigend und nach oben beschrankt:
dieresis

n

nminus 1 1

summationdisplay 1 minus
1 1 1 1 1 n2

x = 1 + + + + periodcentered periodcentered periodcentered + lessequal 1 + = 1 + lessequal 3.
n 1
k
1! 2! 3! n! 2 1 minus 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright k=0

1 1 1 1

= = < <

0 1 2 nminus 1
2 2 2 2

Die Folge konvergiert gegen einen Grenzwert lessequal 3 (es ist die Eulersche Zahl 2.71828...).


30 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

2.2.3 Cauchyendash Folgen und der Banachsche Fixpunktsatz

Wir betrachten einige Aussagen, die sowohl in R als auch allgemeiner in C gelten. Zunachst wird der Zusammenhang zwischen reeller und komplexer Kondieresis

vergenz von Folgen durch den folgenden Satz aufgedeckt:

Satz 2.30: (Komplexe und reelle Konvergenz)

Sei z = x + i periodcentered y element C mit x , y element R. Die Folge (z ) konvergiert dann
n n n n n n

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath
und genau dann gegen z = x + i periodcentered y (x , y element R), wenn Real- und

asteriskmath asteriskmath

Imaginarteil einzeln konvergieren: lim x = x , lim y = y .
dieresis n n

narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath 2 asteriskmath 2 asteriskmath 2

Beweis: Es gilt |z minus z | = (x minus x ) + (y minus y ) .
n n n

asteriskmath asteriskmath asteriskmath 2

Gilt (x ) arrowright x und gleichzeitig (y ) arrowright y , so ist |z minus z | eine Nullfolge, also n n n

asteriskmath asteriskmath

auch |z minus z |. Dies ist per Definition die Konvergenz (z ) arrowright z .
n n

asteriskmath

Umgekehrt, es gelte (z ) arrowright z . Mit
n

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

0 lessequal |x minus x | lessequal |z minus z |, 0 lessequal |y minus y | lessequal |z minus z |
n n n n

asteriskmath asteriskmath

folgt mit Satz 2.17 unmittelbar, dass |x minus x | und |y minus y | Nullfolgen sein n nasteriskmath asteriskmath

mussen. Dies ist per Definition die Konvergenz (x ) arrowright x , (y ) arrowright y .
dieresis n n

Q.E.D.

10.5.02arrowdown

Die Definition der Konvergenz 2.5 benotigt die Kenntnis des Grenzwerts. Der dieresis folgende Satz 2.31 ist eine Existenzaussage, mit der auch ohne Kenntnis des konkreten Grenzwerts die Konvergenz abgelesen werden kann. Zunachst die entdieresis

scheidende Begriff sbildung:

Definition 2.31: (Cauchyendash Folgen)

Eine Folge (z ) in C heißt Cauchyendash Folge", wenn zu jedem epsilon1 > 0 eine
n quotedblright

reelle Zahl N(epsilon1 ) existiert, so dass fur alle n, m greaterequal N(epsilon1 ) gilt: |z minus z | lessequal epsilon1 .
dieresis n m

Satz 2.32: (Die konvergenten Folgen sind die Cauchyendash Folgen)

Eine Folge in C konvergiert dann und genau dann, wenn sie eine Cauchyendash

Folge ist.

Der Beweis ist technisch und bringt keine wirklichen Erkenntnisse. Er ist nur

der Vollstandigkeit halber angegeben:
dieresis

Beweis: Wir betrachten zunachst Folgen (x ) in R.
dieresis n asteriskmath

Konvergenz arrowdblright Cauchyendash Folge: Ist (x ) konvergent mit Grenzwert x , so gibt

n

es zu epsilon1 > 0 ein N(epsilon1 ), so dass

asteriskmath asteriskmath

|x minus x | lessequal epsilon1 , |x minus x | lessequal epsilon1
n m


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 31

gilt fur alle n, m greaterequal N(epsilon1 ). Fur alle n, m greaterequal N(epsilon1 /2) folgt
dieresis dieresis

epsilon1 epsilon1
asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|x minus x | = |x minus x + x minus x | lessequal |x minus x | + |x minus x | lessequal + = epsilon1 ,
n m n m n m 2 2

d.h., (x ) ist eine Cauchyendash Folge.
n

Cauchyendash Folge arrowdblright Konvergenz: Sei (x ) eine Cauchyendash Folge mit |x minus x | lessequal epsilon1

n n m

fur alle n, m greaterequal N (epsilon1 ). Hieraus folgt, dass die Menge A = {x ; m greaterequal n} fur jedes dieresis dieresis

x n m

n beschrankt ist:
dieresis

braceleftBigg lessequal |x | + |x minus x |,

n m n

|x | = |x minus x + x |
m m n n greaterequal |x | minus |x minus x |,

n m n

wobei z.B. |x minus x | lessequal 1 fur m, n greaterequal N (1) gilt. Man kann also definieren:
dieresis

m n x

a := inf {x ; m greaterequal n}, b := sup {x ; m greaterequal n}.
n m n m

Off ensichtlich gilt a lessequal x lessequal b . Die Folge b ist monoton fallend, da die

n n n n

Suprema immer kleinerer Mengen betrachtet werden. Analog ist die Folge an monoton wachsend. Nach Satz 2.28 konvergieren damit (a ) und (b ) gegen

n n

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath
gewisse Grenzwerte a und b mit a lessequal b . Wir zeigen, dass a = b gilt.

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

Angenommen, es gilt a < b . Betrachte epsilon1 = (b minus a )/4 > 0. Wahle ein n greaterequal dieresis N (epsilon1 ). Da a als Infimum die großte untere Schranke von A ist, ist a +epsilon1 keine dieresis

x n n n

untere Schranke von A mehr: es gibt ein m greaterequal n, so dass x < a + epsilon1 . Anlog

n 1 m n
1

gibt es ein m greaterequal n, so dass x > b minus epsilon1 . Wegen der Monotonie von (a ) und

2 m n n
2

asteriskmath asteriskmath

(b ) gilt a lessequal a und b greaterequal b , also:
n n n

asteriskmath asteriskmath

b minus a greaterequal b minus a = 4 periodcentered epsilon1 .
n n

Damit folgt

x minus x = x minus b + b minus a + a minus x greaterequal minus epsilon1 + 4 periodcentered epsilon1 minus epsilon1 > epsilon1 .
m m m n n n n m
2 1 2 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

greaterequal 4periodcentered epsilon1
>minus epsilon1 >minus epsilon1

Hierbei gilt m , m greaterequal n greaterequal N (epsilon1 ). Mit der Cauchyendash Eigenschaft von (x ) mußte dieresis

1 2 x n

fur solche Indizes aber |x minus x | lessequal epsilon1 gelten. Widerspruch!
dieresis m m

2 1

Damit ist gezeigt, dass reelle Folgen (x ) genau dann konvergieren, wenn sie

n

Cauchyendash Folgen sind. Analog zu Satz 2.30 ist leicht gezeigt, dass eine komplexe Folge genau dann eine Cauchyendash Folge ist, wenn die Folgen der Real- und Imaginarteile beide Cauchyendash Folgen sind. Zusammen mit Satz 2.30 ergibt sich damit, dieresis dass auch komplexe Folgen genau dann konvergieren, wenn sie Cauchyendash Folgen

sind.

Q.E.D.


32 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Auch wenn der Begriff Cauchyendash Folgen" sehr technisch ist, ist er fur Anwendieresis

quotedblright dungen sehr interessant. Er taucht (wenngleich nur im Beweis versteckt) beim fur die Praxis sehr wichtigen Banachschen Fixpunktsatz fur kontrahierende Abdieresis dieresis

bildungen auf. Zunachst einige relevante Begriff e:
dieresis

Definition 2.33: (Haufungspunkte von Mengen)
dieresis

asteriskmath

Ein Punkt z element C heißt Haufungspunkt" einer Menge A propersubset C, wenn
dieresis

quotedblright asteriskmath

fur jedes epsilon1 > 0 die sogenannte epsilon1 -Umgebung" von z
dieresis quotedblright

asteriskmath asteriskmath
macron U (z ) = {z element C; |z minus z | lessequal epsilon1 }

epsilon1

asteriskmath
macron

mindestens einen Punkt in A enthalt: U (z ) intersection A negationslash = emptyset .
dieresis epsilon1

asteriskmath
Geometrisch ist die epsilon1 -Umgebung eines Punktes z ein Kreisgebiet mit Mittel-

asteriskmath
punkt z und Radius epsilon1 , wobei in der obigen Definition der Kreisrand

asteriskmath
{z element C; |z minus z | = epsilon1 }

mit zur Umgebung gerechnet wird.

Beispiel 2.34: Off ensichtlich ist jeder Punkt in A ein Haufungspunkt von A (denn

dieresis

dieser Punkt liegt in jeder epsilon1 -Umgebung von sich selbst). Es kann aber auch Punkte außerhalb von A geben, die Haufungspunkte von A sind. In R sind z.B. die Endpunkte

dieresis

von Intervallen stets Haufungspunkte, selbst wenn das Intervall A = (a, b) propersubset R off en

dieresis

ist. Z.B.: off ensichtlich liegt fur epsilon1 > 0 der Punkt x = min((a + b)/2, a + epsilon1 ) sowohl in

dieresis

A = (a, b) als auch in der epsilon1 Umgebung von a. Also ist a ein Haufungspunkt von A.
dieresis

Fur den Banachschen Fixpunktsatz brauchen wir weiterhin die Begriff sbildung dieresis

abgeschlossene Menge". Wir definieren den Begriff off ene Menge" gleich mit

quotedblright quotedblright

(brauchen ihn momentan aber nicht).

Definition 2.35: (abgeschlossene Mengen)

Eine Menge A element C heißt abgeschlossen", wenn jeder ihrer Haufungs-
dieresis

quotedblright

punkte in A liegt. Die Menge heißt off en", wenn ihr Komplement

quotedblright

C \ A = {z element C; z negationslash element A} abgeschlossen ist.

Beispiel 2.36: Abgeschlossene Intervalle [a, b] in R sind abgeschlossene Mengen. Die

hier definierten epsilon1 -Umgebungen

asteriskmath asteriskmath
macron U (z ) = {z element C; |z minus z | lessequal epsilon1 }

epsilon1

sind abgeschlossene Mengen in C .

Achtung: in der Literatur werden als epsilon1 -Umgebungen oft die Mengen

asteriskmath asteriskmath

U (z ) = {z element C; |z minus z | < epsilon1 }
epsilon1

asteriskmath
betrachtet, die den Kreisrand {z element C; |z minus z | = epsilon1 } nicht enthalten. Diese Mengen sind

nicht abgeschlossen, denn die Punkte des Kreisrands sind Haufungspunkte. Die U
dieresis epsilon1

sind off ene Mengen.


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 33

Wir definieren den Begriff einer kontrahierenden Abbildung:

arrowdown entfallt dieresis

Definition 2.37:

Eine Abbildung Phi : A propersubset C arrowright C heißt Kontraktion in A", wenn eine

quotedblright

Kontraktionskonstante" k element [0, 1) existiert, so dass fur alle x, y element A
dieresis

quotedblright gilt:

|Phi (x) minus Phi (y)| lessequal k periodcentered |x minus y|.

Zur Namensgebung: der Abstand zweier Bildpunkte |Phi (x) minus Phi (y)| einer Kon-

traktion ist stets kleiner als der Abstand der Urbildpunkte |x minus y|.

Bemerkung 2.38: Kontraktionen sind automatisch das, was wir spater als arrowdown entfallt dieresis dieresis

stetige Funktionen" einfuhren werden. Fur jede konvergierende Folge (z ) kon-
dieresis dieresis n

quotedblright vergiert Phi (z ), und es gilt

n

parenleftBig parenrightBig

lim Phi (z ) = Phi lim z .
n n

narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath

Dies ist leicht einzusehen. Sei z der Grenzwert von (z ). Die Kontraktionsei-
n

genschaft liefert asteriskmath asteriskmath

0 lessequal |Phi (z ) minus Phi (z )| < |z minus z |.
n n

asteriskmath

Wegen der Konvergenz z arrowright z ist die rechte Seite eine reelle Nullfolge. Mit
n asteriskmath

Satz 2.17 folgt, dass |Phi (z ) minus Phi (z )| eine Nullfolge ist, was die Konvergenz
n

asteriskmath

Phi (z ) arrowright Phi (z ) bedeutet.
n arrowdown entfallt

dieresis

Der folgende wichtige Fixpunktsatz fur kontrahierende Abbildungen geht auf
dieresis

Stefan Banach (polnischer Mathematiker, 1892 endash 1945) zuruck. Er setzt neben
dieresis

der Kontraktionseigenschaft als wichtige Annahme voraus, dass die Kontraktion

ihren Definitionsbereich in sich selbst abbildet:

Satz 2.39: ( BFS": der Banachsche Fixpunktsatz) arrowdown entfallt

dieresis

quotedblright

Sei Phi : A arrowright A eine Kontraktion in einer abgeschlossenen Menge A propersubset C

mit einer Kontraktionskonstanten k < 1 . Dann

asteriskmath asteriskmath
a) existiert ein eindeutig bestimmter Fixpunkt z = Phi (z ) element A,

b) konvergiert jede Folge z = Phi (z ) mit beliebigem Startwert z element A
n+1 n 0

asteriskmath
gegen z ,

c) gelten fur jede solche Folge die Abschatzungen
dieresis dieresis

n

k k

asteriskmath

|z minus z | lessequal periodcentered |z minus z | lessequal periodcentered |z minus z |.
n n nminus 1 1 0

1 minus k 1 minus k

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

"a posterioriquotedblright "a prioriquotedblright


34 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Vom (wiederum sehr technischen) Beweis braucht man eigentlich nur zu wissen, dass man zeigen kann, dass die per z = Phi (z ) konstruierten Folgen Cauchyendash

n+1 n

Folgen sind. Der Fixpunkt ergibt sich dann uber den Grenzwert der Folgen, dieresis dessen Existenz mittels Satz 2.32 gesichert ist. Aus der Kontraktionseigenschaft folgt die Eindeutigkeit (alle Folgen konvergieren gegen denselben Grenzwert). Fur technisch Interessierte ist der Beweis der Vollstandigkeit halber angegeben: dieresis dieresis

entfalltarrowdown Beweis: Zeige: (z ) ist Cauchy-Folge.
dieresis n

|z minus z | = |z minus z + z minusplus periodcentered periodcentered periodcentered minus z + z minus z |
n+m n n+m n+mminus 1 n+mminus 1 n+1 n+1 n

lessequal |z minus z | + |z minus z | + periodcentered periodcentered periodcentered + |z minus z |
n+m n+mminus 1 n+mminus 1 n+mminus 2 n+1 n

fur jedes n, m greaterequal 0. Aus |z minus z | = |Phi (z )minus Phi (z )| lessequal k periodcentered |z minus z |, d.h., dieresis j jminus 1 jminus 1 jminus 2 jminus 1 jminus 2

2

|z minus z | lessequal k periodcentered |z minus z | lessequal k periodcentered |z minus z | lessequal . . .
j jminus 1 jminus 1 jminus 2 jminus 2 jminus 3

folgt

mminus 1 mminus 2

|z minus z | lessequal k periodcentered |z minus z | + k periodcentered |z minus z | + periodcentered periodcentered periodcentered + |z minus z |
n+m n n+1 n n+1 n n+1 n

m

1 minus k
2 mminus 1

= (1 + k + k + periodcentered periodcentered periodcentered + k ) periodcentered |z minus z | = periodcentered |z minus z |
n+1 n n+1 n

1 minus k

2 n
(#) (##)

|z minus z | k |z minus z | k |z minus z | k |z minus z |
n+1 n n nminus 1 nminus 1 nminus 2 1 0

lessequal lessequal lessequal lessequal . . . lessequal .

1 minus k 1 minus k 1 minus k 1 minus k

n asteriskmath
Mit k arrowright 0 folgt die Cauchy-Eigenschaft. Es existiert somit ein Grenzwert z .

asteriskmath

Mit z element A und Phi : A arrowright A folgt z element A arrowdblright z ist Haufungspunkt von A arrowdblright dieresis

0 n

asteriskmath z element A (abgeschlossen). Da Phi im Sinne von Bemerkung 2.38 stetig ist:

asteriskmath asteriskmath

z = lim z = lim Phi (z ) = Phi ( lim z ) = Phi (z ) .
n+1 n n

narrowright infinity narrowright infinity
iarrowright infinity

asteriskmath asteriskmath asteriskmath

Eindeutigkeit: fur einen weiteren Fixpunkt z negationslash = z folgt der Widerspruch
dieresis

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath
|z minus z | = |Phi (z ) minus Phi (z )| lessequal k periodcentered |z minus z | < |z minus z | .

Die Abschatzungen c) ergeben sich aus (#) und (##):
dieresis

n
(#) (##)
k k
asteriskmath

lim |z minus z | = |z minus z | lessequal |z minus z | lessequal |z minus z | .
n+m n n n nminus 1 1 0

marrowright infinity 1minus k 1minus k

Q.E.D.


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 35

Interpretation und Anwendung 2.40:

entfalltarrowdown
dieresis

Eine Gleichung f(z) = 0 sei zu losen. Der BFS gibt ein Rezept, wie man
dieresis

Naherungen fur die Losung konstruieren kann:
dieresis dieresis dieresis

1) Formuliere die Gleichung f(z) = 0 in ein aquivalentes Fixpunktpro-
dieresis

blem z = Phi (z) um.

2) Ist Phi kontrahierend auf einer Umgebung A der Losung und bildet
dieresis

Phi diese Menge A auf sich selbst ab, so laßt sich der BFS anwenden:
dieresis

wahle einen beliebigen Punkt z element A und iteriere z = Phi (z ).
dieresis 0 n+1 n

Diese Folge konvergiert gegen eine Losung des Fixpunktproblems und
dieresis

damit gegen eine Losung des Ausgangsproblems f(z) = 0.
dieresis

3) Hat man durch Abschatzungen eine Kontraktionskonstante k fur die
dieresis dieresis

Menge A gefunden, kann man mit den a-priori- bzw. a-posteriori-

Abschatzungen bestimmen, wie weit man noch von der Losung ent-
dieresis dieresis

fernt ist und abbrechen, sobald eine vorgegebene Zielgenauigkeit er-

reicht ist.

Mit der a-priori-Abschatzung kann man aus dem Startpunkt z und dem
dieresis 0

nachsten Punkt z sofort ermitteln, wie oft man iterieren muß, um die Ziel-
dieresis 1

genauigkeit zu erreichen (die Iterationswerte werden dafur nicht benotigt).
dieresis dieresis

Nachdem die Iteration durchgefuhrt worden ist und Zahlenwerte fur z
dieresis dieresis n

vorliegen, kann man a-posteriori abschatzen, welche Approximationsge-
dieresis

nauigkeit nun wirklich erreicht ist (die a-posteriori-Abschatzung ist prin-
dieresis

zipiell genauer als die a-priori-Abschatzung).
dieresis

Bemerkung 2.41: Es gibt viele Wege, eine gegebene Gleichung f(x) = 0 in arrowdown entfallt
dieresis

eine Fixpunktgleichung x = Phi (x) umzuformen, z.B.

Phi (x) = x minus g(x) periodcentered f(x)

mit einer (praktisch beliebig wahlbaren) Funktion g(x). Ist f(x) diff erenzierbar dieresis und ist die Losung im Sinne von Definition 1.10 eine einfache Nullstelle, so ist dieresis

prime
g(x) = 1/f (x) eine ausgezeichnete Wahl. Die Iteration lautet dann

f(x )n

x = Phi (x ) = x minus (das Newton-Verfahren").
n+1 n n prime quotedblright

f (x )n

Man kann zeigen, dass es immer eine (eventuell kleine) Umgebung A einer Nullstelle von f gibt, auf der Phi eine Kontraktion ist und fur die Phi (A) propersubset A gilt. dieresis Damit gilt der BFS auf einer (leider oft nicht konkret bekannten) Umgebung

einer Losung, und es gilt:
dieresis

asteriskmath

Fur hinreichend genaue Startwerte x dicht bei einer Losung x von
dieresis dieresis

0 prime

f(x) = 0 konvergiert die Newton-Folge x = x minus f(x )/f (x )
n+1 n n n

asteriskmath
gegen x .


36 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE Bei einfachen Nullstellen ist die Konvergenz beim Newton-Verfahren sehr schnell, da die Kontraktionskonstanten auf kleinen Umgebungen der Losung dieresis

prinzipiell sehr klein sind.

entfalltarrowdown Beispiel 2.42: In einer Softwareumgebung gebe es die Grundarithmetik, aber keine dieresis 2

Wurzelfunktion. Um diese zu implementieren, soll die Gleichung y = b fur gegebenes

dieresis

positives b element R nach y gelost werden. Mittels Division durch eine geeignete 4er-Potenz

dieresis

kann b auf das Interval [1, 4] transformiert werden (in Binardarstellung kostet dies

dieresis

n 2 n

nichts). Sei nun a = b/4 element [1, 4]. Ist x element [1, 2] eine Losung von x = a, so ist y = 2 periodcentered x dieresis

2

die gesuchte Losung des Ausgangsproblems y = b.
dieresis

Das verbleibende Problem ist also, ein x element [1, 2] zu finden, das das Nullstellenproblem

2

f(x) = x minus a = 0 mit a element [1, 4] erfullt. Hierzu soll das Newtonendash Verfahren benutzt dieresis

werden. Betrachte also

parenleftBig parenrightBig
2 2

f(x) x minus a x + a 1 a

Phi (x) = x minus = x minus = = periodcentered x + .
prime f (x) 2 periodcentered x 2 periodcentered x 2 x

Die entsprechende Iteration lautet also

parenleftBig parenrightBig
1 a

x = periodcentered x + .
n+1 n

2 xn

radical

asteriskmath

Das Verfahren konvergiert sehr schnell gegen x = a. Beispiel: a = 2, x = 1.5:
0

x = 1.5, x = 1.416666666..., x = 1.414215686...,
0 1 2

x = 1.414213562..., x = 1.414213562..., . . .
3 4

Die folgende Analyse ist wiederum sehr technisch und an technisch Interessierte

addressiert:

radical radical

1+a

Analyse: betrachte das Intervall A = [ a, ], das die Losung a enthalt. (Dieses dieresis dieresis

2

Intervall fallt hier vom Himmel.) Die folgenden Rechnungen zeigen, dass dieses Intervall

dieresis

in der Tat so ist, dass der BFS angewendet werden kann.

Es ist zunachst zu zeigen, dass Phi (A) propersubset A gilt. In Erinnerung an die Schule berechnen

dieresis

wir dazu parenleftBig parenrightBig 2

1 a x minus a
prime Phi (x) = periodcentered 1 minus = greaterequal 0

2 2
2 x 2 periodcentered x

radical 1+a

fur x element [ a, ]. Die Funktion ist also in diesem Bereich monoton steigend, und damit

dieresis 2

gilt parenleftBig parenrightBig

radical radical 1 + a 1 + a a 1 + a

Phi ( a) = a lessequal Phi (x) lessequal Phi = + lessequal

2 4 1 + a 2

radical 1+a

fur alle x element [ a, ]. Als Kontraktionskonstante auf A schatzt man ab:
dieresis dieresis

2

vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

1 a a 1 a periodcentered (x minus y)
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

|Phi (x) minus Phi (y)| = periodcentered x + minus y minus = periodcentered x minus y minus
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

2 x y 2 x periodcentered y


dieresis

2.2. WEITERE KONVERGENZSATZE 37

vextendsingle vextendsingle parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

|x minus y| a |x minus y| a |x minus y| a
vextendsingle vextendsingle

= periodcentered 1 minus = periodcentered 1 minus lessequal periodcentered 1 minus
vextendsingle vextendsingle a+1 2

2 x periodcentered y 2 x periodcentered y 2 ( )
2

parenleftBig parenrightBig 2
1 a minus 1

= |x minus y| periodcentered periodcentered .

2 a + 1

Also, in Abhangigkeit von a ist
dieresis

parenleftBig parenrightBig 2
1 a minus 1

k = periodcentered

2 a + 1

eine Kontraktionskonstante fur Phi uber A. Fur alle a element [1, 4] gilt k lessequal 0.18, d.h., Phi ist
dieresis dieresis dieresis

auf A in der Tat eine Kontraktion.

Speziell, fur a = 2 ist k = 1/18 approxequal 0.0555 . . . . Starten wir mit x = 3/2, so ergibt sich
dieresis 0

x = 17/12 und die a-priori-Abschatzung liefert
dieresis

1

n
radical k 3

|x minus 2| lessequal periodcentered |x minus x | = .
n 0 1 n

1 minus k 34 periodcentered 18

Nach n = 5 Schritten ergibt sich beispielsweise

radical minus 8

|x minus 2| lessequal 4.7 periodcentered 10 ,
5

radical

d.h., x beschreibt garantiert die ersten 7 bis 8 Dezimalstellen von 2 korrekt. (In
5

Wirklichkeit ist x schon wesentlich genauer, aber mehr gibt die a-priori-Abschatzung
dieresis

5

nicht her.)

Bemerkung 2.43: Das letzte Beispiel hat gezeigt, dass das Abschatzen von arrowdown entfallt
dieresis dieresis

Kontraktionskonstanten muhselig ist. Es geht aber auch einfacher! Fur stetig
dieresis dieresis

diff erenzierbares Phi gilt, dass

prime
k = sup {|Phi (x)|; x element A}

die bestmogliche (weil kleinste) Kontraktionskonstante uber einem Intervall
dieresis dieresis

A propersubset R ist. Um dies einzusehen, brauchen wir aber den Mittelwertsatz der

Diff erentialrechnung, der erst spater bereitgestellt wird.
dieresis

2.2.4 Teilfolgen und Haufungspunkte
dieresis arrowdown ab hier

Neben der Konvergenz gibt es den (schwacheren) Begriff von Teilkonvergenz",
dieresis quotedblright arrowdown wieder

der sich in sogenannten Haufungspunkten von Folgen" (im Unterschied zum
dieresis

quotedblright

schon eingefuhrten Begriff Haufungspunkte von Mengen") manifestiert.
dieresis dieresis arrowdown behandelt

quotedblright

Definition 2.44: (Haufungspunkte von Folgen)
dieresis

asteriskmath

Ein Punkt z element C heißt Haufungspunkt" der Folge (z ), wenn in jeder
dieresis n

quotedblright
asteriskmath

epsilon1 -Umgebung von z unendlich viele Folgenglieder liegen, also: zu jedem

asteriskmath

epsilon1 > 0 existieren unendlich viele Folgenglieder z mit |z minus z | lessequal epsilon1 .
n n


38 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

n

Beispiel 2.45: Die Folge x = (minus 1) , also (x ) = (minus 1, 1, minus 1, 1, . . .) hat die beiden n n

asteriskmath asteriskmath

Haufungspunkte x = 1 und x = minus 1.
dieresis 1 2

asteriskmath

Der Punkt x = 1 ist Haufungspunkt, denn fur alle Folgenglieder mit geradem Index n dieresis dieresis

1 asteriskmath

(dies sind unendlich viele) gilt |x minus x | = 0 lessequal epsilon1 fur jedes epsilon1 > 0.
dieresis

n 1

asteriskmath

Der Punkt x = minus 1 ist Haufungspunkt, denn fur alle Folgenglieder mit ungeradem dieresis dieresis

2 asteriskmath

Index n (dies sind unendlich viele) gilt |x minus x | = 0 lessequal epsilon1 fur jedes epsilon1 > 0.
dieresis

n 2

Bemerkung 2.46: Sei n < n < . . . eine streng monoton steigende Folge von

1 2

Indizes in N. Die Folge (z ) = (z , z , . . .) heißt Teilfolge" der Folge (z ).

n n n n

1 2
i quotedblright

asteriskmath z ist genau dann Haufungspunkt der Folge (z ), wenn
dieresis n

asteriskmath

es eine gegen z konvergierende Teilfolge von (z ) gibt.
n

asteriskmath

Zu einem gegebenen Haufungspunkt z folgt eine explizite Konstruktion einer dieresis konvergenten Teilfolge. Zu epsilon1 = 1/k gibt es unendlich viele Folgenglieder z mit

n

asteriskmath

|z minus z | lessequal 1/k. Wahle n als den ersten Folgenindex, fur den der Abstand dieresis dieresis

n i

zwischen z und dem Haufungspunkt den Wert 1/k unterschreitet:
dieresis

n

braceleftbigg bracerightbigg

1

asteriskmath

n := min n;n > n ; |z minus z | lessequal (n := 0).

n 0
k kminus 1 k

1
asteriskmath

Nach Konstruktion gilt |z minus z | lessequal fur alle k = 1, 2, . . . und damit auch dieresis

nk k

1 1
asteriskmath asteriskmath

|z minus z | lessequal lessequal fur alle n greaterequal n . Damit konvergiert (z ) gegen z .
dieresis

n j n
k

j k

j k

asteriskmath

Umgekehrt, gibt es eine gegen z konvergente Teilfolge von (z ), so liegen in n

asteriskmath
jeder epsilon1 -Umgebung von z alle bis auf endliche viele Glieder der Teilfolge. Also

asteriskmath

ist z ein Haufungspunkt von (z ).
dieresis n

Beispiel 2.47: Fur die Folge (x ) = (minus 1, 1, minus 1, 1, . . .) aus Beispiel 2.45 konvergiert

dieresis n

die Teilfolge (x , x , . . .) = (1, 1, 1, . . .) gegeben den Haufungspunkt 1 und die Teilfolge dieresis

2 4

(x , x , . . .) = (minus 1, minus 1, minus 1, . . .) gegeben den Haufungspunkt minus 1.
dieresis

1 3

Satz 2.48:

Eine konvergente Folge besitzt genau einen Haufungspunkt: den Grenz-
dieresis

wert.

asteriskmath

Beweis: Fur den Grenzwert z einer konvergierenden Folge (z ) gibt es fur dieresis dieresis

n

jedes epsilon1 > 0 ein N(epsilon1 ), so dass alle Folgenglieder mit Indizes greaterequal N(epsilon1 ) in der epsilon1 -

asteriskmath

Umgebung von z liegen. Damit ist der Grenzwert ein Haufungspunkt. Gabe dieresis dieresis

asteriskmath asteriskmath

es einen weiteren davon verschiedenen Haufungspunkt z , gabe es fur epsilon1 = dieresis dieresis dieresis

asteriskmath asteriskmath asteriskmath

|z minus z |/3 > 0 mindestens einen Folgenpunkt z mit Index n greaterequal N(epsilon1 ) in dieser n


2.3. UNENDLICHES, UNEIGENTLICHE KONVERGENZ 39

asteriskmath asteriskmath

epsilon1 -Umgebung von z , und es wurde folgen:
dieresis

asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath asteriskmath

3 periodcentered epsilon1 = |z minus z | = |z minus z + z minus z | lessequal |z minus z | + |z minus z | lessequal 2 periodcentered epsilon1 .
n n n n

Widerspruch!

Q.E.D.

Satz 2.49: (Bolzano (1781endash 1848) und Weierstrass (1815endash 1897))

Eine Folge heißt beschrankt, wenn die Menge aller Folgenpunkte be-
dieresis

schrankt ist. Es gilt: Jede beschrankte Folge besitzt mindestens einen
dieresis dieresis

Haufungspunkt.
dieresis Wir verzichten auf die strenge technische Durchfuhrung des Beweises und dieresis

geben nur die Idee an:

Beweisidee: Die Folge liege innerhalb eines Quadrates in der komplexen Ebene. Zerlege dieses Quadrat in 4 gleichgrosse Teilquadrate der halben Seitenlange. dieresis Mindestens eines der Teilquadrate enthalt unendliche viele der Folgenglieder. dieresis Wahle eines dieser Teilquadrate aus und zerlege es wiederum in 4 Teilquadradieresis te usw. Die so konstruierte Folge von Quadraten schrumpft auf einen Punkt zusammen (dies ist der Haufungspunkt), in dessen Nahe nach Konstruktion undieresis dieresis

endlich viele der Folgenpunkte existieren.

Q.E.D.

Bemerkung 2.50: Nach Bemerkung 2.46 heißt dies:

Jede beschrankte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge.
dieresis

2.3 Unendliches, uneigentliche Konvergenz

In diesem Abschnitt geht es um eine oft nutzliche Schreibweise, die in der hier dieresis vorgestellten Form nur bei reellen Folgen sinnvoll ist. Die unendlichen Werte"

quotedblright plusminus infinity sind keine reellen Zahlen, sondern dienen nur als nutzliche Abkurzungen, dieresis dieresis

um gewisse Situationen zu beschreiben. Wir lassen plusminus infinity als ( uneigentliche")

quotedblright

Grenzwerte reeller Folgen zu:

Definition 2.51: (plusminus infinity als Grenzwert)

* Eine reelle Folge (x ) konvergiert (uneigentlich) gegen infinity ",
n quotedblright

wenn die Folgenglieder jede beliebig vorgegebene Schranke c > 0

uberschreiten: zu jedem reellen c existiert eine reelle Zahl N(c), so
dieresis

dass x greaterequal c gilt fur alle Indizes n greaterequal N(c). Schreibweise:
dieresis

n

lim x = infinity .
n

narrowright infinity


40 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

* Eine reelle Folge (x ) konvergiert (uneigentlich) gegen minus infinity ",

n quotedblright

wenn die Folgenglieder jede beliebig vorgegebene Schranke c < 0 unterschreiten: zu jedem reellen c existiert eine reelle Zahl N(c), so

dass x lessequal c gilt fur alle Indizes n greaterequal N(c). Schreibweise:
dieresis

n

lim x = minus infinity .
n

narrowright infinity

radical

2 n

Beispiel 2.52: Die Folgen x = n, x = n , x = n, x = 2 konvergieren gegen infinity .
n n n n

radical

2 n

Die Folgen x = minus n, x = minus n , x = minus n, x = minus (2 ) konvergieren gegen minus infinity .
n n n n

n

Beispiel 2.53: Achtung: die Folgen x = (minus 1) periodcentered n (also (minus 1, 2, minus 3, 4, minus 5, . . .)) oder
n

n

auch x = (minus 2) (also (minus 2, 4, minus 8, 16, minus 32, . . .)) konvergieren nicht gegen infinity oder minus infinity ,
n

sie divergieren!

Man darf getrost mit infinity und minus infinity rechnen, wobei folgende Rechenregeln gelten:

Rechenregeln fur plusminus infinity 2.54:

dieresis
entfalltarrowdown
dieresis

Sei c eine reelle Zahl.

* c plusminus infinity = plusminus infinity ,

* c periodcentered (plusminus infinity ) = plusminus sign(c) periodcentered infinity fur c negationslash = 0. Hierbei ist sign(c) das Vorzeichen

dieresis

von c.

1

* = 0,
plusminus infinity

* infinity + infinity = infinity , minus infinity minus infinity = minus infinity ,

* infinity periodcentered infinity = (minus infinity ) periodcentered (minus infinity ) = infinity , infinity periodcentered (minus infinity ) = (minus infinity ) periodcentered infinity = minus infinity ,

infinity minus infinity
* infinity = infinity , infinity = 0,

infinity infinity

* c = infinity fur c > 1, c = 0 fur 0 < c < 1,
dieresis dieresis

minus infinity minus infinity

* c = 0 fur c > 1, c = infinity fur 0 < c < 1.
dieresis dieresis

3

entfalltarrowdown Beispiel 2.55: Die Folge x = n + n konvergiert gegen infinity :
dieresis n

3 3
lim (n + n) = lim n + lim n = infinity + infinity = infinity .

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

Aus dem obigen Ergebnis folgt sofort das nachste Ergebnis:
dieresis

1

entfalltarrowdown Beispiel 2.56: Die Folge x = konvergiert gegen 0:
dieresis n 3n +n

1 1 1

lim = = = 0.

3
3

narrowright infinity n + n infinity

lim (n + n)

narrowright infinity


2.4. WACHSTUM VON FOLGEN, LANDAU-SYMBOLE 41 Beim Rechnen mit plusminus infinity muß man aber etwas Vorsicht walten lassen. Wenn man auf eine der folgenden Situationen stoßt, darf man nicht weiterrechnen, sondern dieresis

muß die betrachteten Grenzwerte anders ermitteln:

Undefinierte Ergebnisse beim Rechnen mit plusminus infinity 2.57: arrowdown entfallt
dieresis

* 0 periodcentered (plusminus infinity ) = undefiniert",

quotedblright

* infinity minus infinity = undefiniert", minus infinity + infinity = undefiniert",

quotedblright quotedblright

infinity

* c = undefiniert" fur c lessequal 0 und c = 1,
dieresis

quotedblright

minus infinity

* c = undefiniert" fur c lessequal 0 und c = 1,
dieresis

quotedblright

1

* = undefiniert".
0 quotedblright

3

Beispiel 2.58: Betrachte die Folge x = n minus n: arrowdown entfallt
dieresis

n

(??) (??) (??)
3 3

lim (n minus n) = lim n minus lim n = infinity minus infinity = undefiniert".

quotedblright
narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

Dies heißt nicht, dass kein Grenzwert existiert, sondern nur, dass wir den Grenzwert uber die Rechenregeln mit plusminus infinity nicht berechnen konnen. Man muß in einem solchen

dieresis dieresis

Fall genauer untersuchen. Z.B funktioniert folgendes Argument:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

1 1
3 3 3

lim (n minus n) = lim n periodcentered 1 minus = lim n periodcentered lim 1 minus

2 2

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
1 1

= infinity periodcentered 1 minus = infinity periodcentered 1 minus = infinity periodcentered (1 minus 0) = infinity .
2 infinity

lim n

narrowright infinity

Ein weiteres solches Beispiel:

3

2periodcentered n +n

Beispiel 2.59: Betrachte die Folge x = : arrowdown entfallt
dieresis

n 4n +1

3

lim (2 periodcentered n + n)
3

2 periodcentered n + n infinity
(??) (??) (??)
narrowright infinity

lim = = = undefiniert".

4
4 quotedblright

narrowright infinity n + 1 infinity

lim (n + 1)

narrowright infinity

Dies sagt wiederum gar nichts daruber aus, ob ein Grenzwert existiert oder nicht. In

dieresis

diesem Fall fuhrt wieder ein wenig Manipulation zum Erfolg:
dieresis

parenleftBig parenrightBig

1
3 1

3 n periodcentered 2 + 2 2 +

n
2 periodcentered n + n 2n

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
lim = lim = lim

4

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
1 1
n + 1 4n periodcentered 1 + n periodcentered 1 +

4 4
n n

1

2 + 2

infinity

parenleftBig parenrightBig
= = = 0.

1 infinity
infinity periodcentered 1 + infinity


42 KAPITEL 2. FOLGEN UND GRENZWERTE

2.4 Wachstum von Folgen, Landau-Symbole

arrowdown 16.5.02 Algorithmen werden typischerweise auf Problemklassen angewendet, die einen arrowdown ab hier

Großenparameter" n haben: Invertierung von n multiply n Matrizen, Sortieren ei-
dieresis

quotedblright ner Liste mit n Elementen, Untersuchungen auf Graphen mit n Knoten usw. arrowdown wieder

Die Laufzeit des Algorithmus wachst mit der durch n gegebenen Große des
dieresis dieresis

arrowdown behandelt

Problems, und man mochte oft eine einfach zu lesende Kostenabschatzung in
dieresis dieresis

Abhangigkeit von n angeben. Hierzu dienen die sogenannten Landau-Symbole"
dieresis quotedblright

O ( Big-Oh"), o ( Small-Oh") etc.:

quotedblright quotedblright

Notation 2.60:

Seien (f ), (g ) Folgen komplexer Zahlen.
n n

* f = O(g ) heißt, dass die Folge |f |/|g | nach oben beschrankt ist.
dieresis

n n n n

* f = o(g ) heißt, dass die Folge f /g eine Nullfolge ist.
n n n n

* f = Omega (g ) heißt, dass die Folge |g |/|f | nach oben beschrankt ist.
dieresis

n n n n

* f = omega (g ) heißt, dass die Folge g /f eine Nullfolge ist.
n n n n

* f = Theta (g ) heißt, dass die Folgen |f /g | und |g /f | nach oben
n n n n n n

beschrankt sind: es existieren positive Konstanten c und C, so dass
dieresis

c periodcentered |g | lessequal |f | lessequal C periodcentered |g | gilt fur alle hinreichend großen n.
dieresis

n n n

Hierbei nimmt man implizit an, dass man sich fur große Werte von n interessiert.
dieresis

Eigentlich sollte man genauer sagen: f = O(g ) im Limes n arrowright infinity " etc.
n n quotedblright

2 2 2 3 2 4 2 n
Beispiel 2.61: n + 1 = O(n ), n + 1 = O(n ), n + 1 = O(n ), n + 1 = O(2 ),

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

1 1 1 1 1 1

2 3 2 n

radical radical
= O , = O , n = o(n ), n = o(2 ), = o ,

n + 1 n n + 1 n n+ 1 n

3 n 3

n 2 n
2 3 2 3

2periodcentered n+1 = Omega (n), 2periodcentered n +1 = omega (n), = Omega (n ), = omega (n ), 2periodcentered n+1 = Theta (n), = Theta (n ).

2 7 2

Beispiel 2.62: Man kann n lineare Gleichungen fur n Unbekannte numerisch stets mit
dieresis

3

hochstens etwa n /3 Multiplikationen losen. Also:
dieresis dieresis

3

Die Kosten der Losung eines linearen n multiply n Systems ist O(n )."
dieresis

quotedblright

Ist die Koeffi zientenmatrix eine obere oder untere Dreiecksmatrix, kommt man mit

2 2

hochstens n /2 Multiplikationen aus. Die Kosten sind in diesem Fall O(n ).
dieresis

Die Kosten, alle Eigenwerte und -vektoren einer nmultiply n-Matrix numerisch zu bestimmen,

3
sind O(n ).

Das Sortieren einer Liste mit n Elementen kostet O(n periodcentered log (n)) Vergleichsoperationen.
2

(Genauer: es existieren Sortieralgorithmen, die mit diesem Aufwand auskommen).


Kapitel 3

Reihen

Es geht nun um spezielle Folgen, deren Glieder durch Summation entstehen.

Fur diese Reihen" gibt es spezielle Konvergenzkriterien.
dieresis quotedblright

3.1 Definitionen, Beispiele, Satze
dieresis

Definition 3.1: (Reihen)

Die einer komplexen Folge (z ) zugeordnete Reihe" ist die Folge (S )
n n

quotedblright

der Partialsummen"

quotedblright nsummationdisplay

S = z .
n k

k=1

Existiert ein Grenzwert der Partialsummen, so nennt man ihn den Wert

n infinity
summationdisplay summationdisplay

der unendlichen Reihe" und schreibt auch lim z = z . Eine
k k

quotedblright narrowright infinity k=1 k=1

infinity
summationdisplay

Reihe heißt absolut konvergent", wenn der Grenzwert |z | exi-
k

quotedblright k=1

stiert.

43


44 KAPITEL 3. REIHEN Beispiel 3.2: Die sogenannte arithmetische Reihe" besitzt eine explizite Darstel-

quotedblright

lung:

nsummationdisplay

S = k = 1 + 2 + periodcentered periodcentered periodcentered + (n minus 1) + n
n k=1 parenleftBig

1

= periodcentered 1 + 2 + periodcentered periodcentered periodcentered + (n minus 1) + n
2 parenrightBig

n + (n minus 1) + periodcentered periodcentered periodcentered + 2 + 1

parenleftBig parenrightBig

1

= periodcentered (n + 1) + (n + 1) + periodcentered periodcentered periodcentered + (n + 1) + (n + 1)
2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

n Summanden

1

= periodcentered n periodcentered (n + 1).
2

Halten wir fest:

nsummationdisplay n periodcentered (n + 1)

k = .

2

k=1

Die arithmetische Reihe konvergiert damit uneigentlich gegen infinity .

Beispiel 3.3: Sei z element C. Eine geometrische Reihe" ist von der Form

quotedblright

nsummationdisplay

2 n k

S = 1 + z + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z = z .
n k=0

Auch in diesem Fall kann man eine explizite Formel fur S angeben:
dieresis n

n n+1 n+1
summationdisplay 1 minus z z minus 1

k

S = z = = .
n 1 minus z z minus 1

k=0

Dies ist leicht nachzuvollziehen:

2 n

(1 minus z) periodcentered S = (1 minus z) periodcentered (1 + z + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z )
n

2 n
= 1 periodcentered (1 + z + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z )

2 n
minus z periodcentered (1 + z + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z )

2 n
= 1 + z + z + periodcentered periodcentered periodcentered + z

2 n n+1
minus z minus z minus periodcentered periodcentered periodcentered minus z minus z

n+1
= 1 minus z .

Mit der expliziten Summenformel ist die Konvergenz geometrischer Reihen leicht zu

n+1

uberprufen. Fur |z| < 1 konvergiert z gegen 0 (Beispiel 2.10):
dieresis dieresis dieresis

infinity
summationdisplay 1

kz = fur |z| < 1 .
dieresis

1 minus z

k=0


dieresis

3.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, SATZE 45

Diese Reihe konvergiert absolut, denn mit denselben Argumenten konvergiert

infinity
summationdisplay 1

k

|z| = fur |z| < 1 .
dieresis

1 minus |z|

k=0

Beispiel 3.4: Einige Berechnungen mit MuPAD. Fur die symbolische Berechnung von
dieresis

Summen ist die Funktion sum zustandig:
dieresis

>> sum(k, k = 1..n)

2

n n

- + --

2 2

Durch Faktorisierung mittels factor ergibt sich oft eine einfachere Form:

>> factor(\%)

1/2 n (n + 1)

Die geometrische Reihe:

>> sum(z^k, k = 0..n)

n

z z - 1 --------

z - 1

>> assume(0 < z < 1):

>> sum(z^k, k = 0..infinity)

1

- -----

z - 1

Beispiel 3.5: Die periodische Dezimaldarstellung 0 . d d d mit Dezimalziff ern d element
1 2 3 k

{0, 1, . . . , 9} steht fur 0 . d d d d d d d d d . . .. Solche zyklischen Dezimalentwick-
dieresis 1 2 3 1 2 3 1 2 3

lungen sind rationale Zahlen. Sei n = d d d " = d periodcentered 100 + d periodcentered 10 + d element {0, . . . , 999}:
1 2 3 1 2 3

quotedblright

d d d d d d
1 2 3 1 2 3

0 . d d d d d d d d d . . . = + + + + + + periodcentered periodcentered periodcentered
1 2 3 1 2 3 1 2 3 2 3 4 5 6

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 10 10 10 10 10 10

n n n

d periodcentered 100 + d periodcentered 10 + d d periodcentered 100 + d periodcentered 10 + d
1 2 3 1 2 3

= + + periodcentered periodcentered periodcentered

3 6
10 10

infinity

summationdisplay
n n n 1

= + + + periodcentered periodcentered periodcentered = n periodcentered

2 3 k
1000 1000 1000 1000

k=1


46 KAPITEL 3. REIHEN

infinity
parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

summationdisplay 1 1 1000 n

= n periodcentered minus 1 = n periodcentered minus 1 = n periodcentered minus 1 = .

1
k

1000 999 999
1 minus 1000

k=0

Bemerkung: statt der formalen Rechnung kann man die Beweisidee fur die Summen-
dieresis

formel der geometrischen Reihe explizit nachvollziehen, was in diesem Fall als "Re-

chentrickquotedblright sogar ganz einfach zu merken ist:

1000 periodcentered x = d d d . d d d d d d . . .
1 2 3 1 2 3 1 2 3

minus x = 0 . d d d d d d . . .
1 2 3 1 2 3

n

999 periodcentered x = d d d . 000 000 . . . arrowdblright x = .
1 2 3

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 999

n

Das Cauchy-Kriterium (Definition 2.31 und Satz 2.32 ) liefert folgendes Kon-

vergenzkriterium fur Reihen:
dieresis

Satz 3.6: (Das Cauchy-Kriterium fur Reihen)
dieresis

summationtext

Die Reihe z konvergiert genau dann, wenn es zu jedem epsilon1 > 0 ein N(epsilon1 )

k
k m

vextendsingle vextendsingle
summationdisplay

vextendsingle vextendsingle

gibt, so dass z lessequal epsilon1 gilt fur alle m greaterequal n greaterequal N(epsilon1 ).
vextendsingle vextendsingle dieresis

k

k=n

summationtext n

Beweis: Nach dem Cauchy-Kriterium konvergiert die Folge S = z ,

n k
k=1

wenn es zu jedem epsilon1 > 0 ein N(epsilon1 ) gibt, so dass

|S minus S | lessequal epsilon1 fur alle m, n greaterequal N(epsilon1 ).
dieresis

m n

summationtext m

Hierbei ist S minus S = z fur m > n. Ersetzt man n durch n minus 1 ergibt
dieresis m n k

k=n+1

sich das angegebene Kriterium.

Q.E.D.

Als Folgerung ergibt sich, dass absolut konvergente Reihen konvergieren:

Satz 3.7: (Absolute Konvergenz impliziert Konvergenz)

infinity infinity
summationdisplay summationdisplay

Wenn |z | konvergiert, dann auch z .
k k

k=1 k=1

m m
vextendsingle vextendsingle
summationdisplay summationdisplay summationtext

vextendsingle vextendsingle

Beweis: Die Dreiecksungleichung liefert z lessequal |z |. Erfullt |z |
vextendsingle vextendsingle dieresis
k k k

k

k=n k=n summationtext

das Cauchy-Kriterium 3.6, so ist dieses Kriterium automatisch auch fur z
dieresis k

k

erfullt.
dieresis

Q.E.D.

Nur Reihen uber Nullfolgen konnen konvergieren:
dieresis dieresis


dieresis

3.1. DEFINITIONEN, BEISPIELE, SATZE 47

Satz 3.8: infinity

summationdisplay

Wenn die Reihe z konvergiert, dann ist (z ) eine Nullfolge.
k k

k=1

Beweis: Das Cauchy-Kriterium 3.6 mit m = n besagt, dass es zu jedem epsilon1 > 0

ein N(epsilon1 ) gibt, so dass n

vextendsingle vextendsingle
summationdisplay

vextendsingle vextendsingle

z = |z | lessequal epsilon1
vextendsingle vextendsingle n

k

k=n

fur alle n greaterequal N(epsilon1 ) gilt. Dies ist die Konvergenz (z ) arrowright 0.
dieresis n

Q.E.D. Dies ist kein Konvergenz- sondern ein Divergenzkriterium: bilden die Summan-

den keine Nullfolge, muß die Reihe divergieren!

summationtext k k

Beispiel 3.9: Die Reihe konvergiert nicht, da die Summanden nicht gegen

k k+1 k+1

0 konvergieren (sie konvergieren gegen 1).

Die Umkehrung gilt nicht: bilden die Summanden eine Nullfolge, so kann man

nicht darauf schließen, dass die Reihe konvergiert. Ein Gegenbeispiel:

nsummationdisplay 1

Beispiel 3.10: Die sogenannte harmonische Reihe" S = ist unbeschrankt, dieresis
n

quotedblright k

k=1

d.h., sie divergiert.

m
Beweis: Betrachte die Teilfolge (S ):

2

1 1 1 1 1 1 1

m
S = 1 + + + + + periodcentered periodcentered periodcentered + + periodcentered periodcentered periodcentered + + periodcentered periodcentered periodcentered +

2 mminus 1 m

2 3 4 5 8 2 + 1 2
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

2 1 2 mminus 1

2 1 2 1
> = > =

2 2 > =

m
2 3 2 2 2

2

1 1 m

greaterequal 1 + + periodcentered periodcentered periodcentered + = 1 + .

2 2 2
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

m Terme

Da (S ) monoton wachst, konvergiert (S ) uneigentlich gegen infinity .
dieresis

n n Q.E.D.

Auf dieses Argument kommen wir spater beim Kondensationskriterium" 3.20 zuruck.
dieresis dieresis

quotedblright

Der Satz 2.28 liefert fur reelle Reihen folgendes Konvergenzkriterium:
dieresis

Satz 3.11: (Reihenkonvergenz bei positiven Summanden)summationtext

Sei (x ) eine reelle Nullfolge mit x greaterequal 0. Die Reihe x konvergiert
n n k
k

summationtext n

dann und genau dann, wenn die Partialsummen x nach oben be-

k
k=1

schrankt sind.
dieresis


48 KAPITEL 3. REIHEN

summationtext n

Beweis: Wegen x greaterequal 0 ist die Partialsummenfolge S = x monoton

n
k k

k=1

steigend. Ist sie beschrankt, konvergiert sie nach Satz 2.28. Konvergiert sie, ist dieresis

sie selbstverstandlich beschrankt.
dieresis dieresis

Q.E.D.

Wir erinnern an Beispiel 2.29:

kminus 1
Beispiel 3.12: Mit k! = 1 periodcentered 2 periodcentered 3 periodcentered . . . periodcentered k greaterequal 2 sind die folgenden Partialsummen nach

oben beschrankt:
dieresis

nsummationdisplay 1 1 1 1 1

S = = 1 + + + + periodcentered periodcentered periodcentered +
n k! 1! 2! 3! n!

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
k=0 1 1 1 1

= = < <

0 1 2 nminus 1
2 2 2 2

nminus 1 1

summationdisplay 1 minus
1 n2

lessequal 1 + = 1 + lessequal 3.

1
k2 1minus 2

k=0

infinity
summationdisplay 1

Damit konvergiert gegen einen Wert lessequal 3 (es ist die Eulersche Zahl 2.718...).

k!

k=0

3.2 Rechenregeln und das Cauchy-Produkt

17.5.02arrowdown Die Rechenregeln 2.13 liefern sofort:

Satz 3.13: (Rechenregeln)

summationtext summationtext

a) Wenn z konvergiert, dann auch c periodcentered z fur jedes c element C:
dieresis k k

k k

infinity infinity
summationdisplay summationdisplay

c periodcentered z = c periodcentered z .
k k

k=1 k=1

summationtext summationtext summationtext

b) Wenn z und ztilde konvergieren, dann auch (z plusminus ztilde ):

k k k k
k k k

infinity infinity infinity
summationdisplay summationdisplay summationdisplay

(z plusminus ztilde ) = z plusminus ztilde .
k k k k

k=1 k=1 k=1

Beweis: Satz 2.13 a) + b) angewendet auf die Partialsummen.

Q.E.D. Es macht Sinn, Reihen miteinander zu multiplizieren. Da das Distributivgesetz

aus dem Produkt zweier Partialsummen eine endliche Doppelsumme

n n
summationdisplay summationdisplay

(a + periodcentered periodcentered periodcentered + a ) periodcentered (b + periodcentered periodcentered periodcentered + b ) = a periodcentered b
1 n 1 n i j

i=1 j=1


3.2. RECHENREGELN UND DAS CAUCHY-PRODUKT 49 ergibt, muss man die Summanden zunachst gezielt zusammenfassen, um zu dieresis einer Folge von Partialsummen fur das Produkt zu kommen. Wir fuhren eine dieresis dieresis

Anordnung" ein, indem wir einen formalen Ordnungsparameter zeta einfuhren:
dieresis quotedblright

n n
summationdisplay summationdisplay k

a = a periodcentered zeta .
k k | zeta = 1

k=1 k=1

Das Produkt ordnen wir dann nach Potenzen von zeta :

2 2

(a periodcentered zeta + a periodcentered zeta + periodcentered periodcentered periodcentered ) periodcentered (b periodcentered zeta + b periodcentered zeta + periodcentered periodcentered periodcentered )
1 2 1 2

2 3 4

= a periodcentered b periodcentered zeta + (a periodcentered b + a periodcentered b ) periodcentered zeta + (a periodcentered b + a periodcentered b + a periodcentered b ) periodcentered zeta + periodcentered periodcentered periodcentered .
1 1 1 2 2 1 1 3 2 2 3 1

Die einzelnen zeta -Potenzen liefern die Summanden der Partialsummen. Dies mo-

tiviert die folgende Definition:

Definition 3.14: (Das Cauchy-Produkt von Reihen) summationtext summationtext

Das Cauchy-Produkt" (die Faltung") zweier Reihen a , b

k k

k k

summationtext
quotedblright quotedblright

ist die Reihe c mit

k
k summationdisplay

c = a periodcentered b .

i j
k i,j

i+j=k

Satz 3.15: (Konvergenz des Cauchy-Produkts)

infinity infinity
summationdisplay summationdisplay

Sind die Reihen a und b absolut konvergent, so auch das Cauchy-
k k

k=1 k=1

infinity infinity infinity infinity
parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

Produkt c . Es gilt c = a periodcentered b .
k k k k

k=2 k=2 k=1 k=1

Beweis: (Fur technisch Interessierte) Fur die Partialsummen des Cauchydieresis dieresis

Produkts gilt

n n n
vextendsingle vextendsingle
summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

vextendsingle vextendsingle

|c | = a periodcentered b lessequal |a | periodcentered |b |
vextendsingle vextendsingle

i j i j
k i,j i,j

k=2 k=2 k=2

i+j=k i+j=k

n n
parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

summationdisplay summationdisplay summationdisplay

lessequal |a | periodcentered |b | = |a | periodcentered |b | .
i j i j

i,j i=1 j=1

ilessequal n,jlessequal n

Da die rechte Seite fur n arrowright infinity konvergiert, ist die rechte Seite beschrankt. Nach dieresis dieresis

summationtext

Satz 3.11 liefert dies die Konvergenz von |c |, also die absolute Konvergenz

k
k


50 KAPITEL 3. REIHEN

des Cauchy-Produkts.

Das Cauchy-Produkt konvergiert gegen das Produkt der einzelnen Summen:

2 n 2 n 2 n 2 n 2 n 2 n
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle
parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

a periodcentered b minus c = a periodcentered b minus a periodcentered b
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

i j i j i j
k i,j

i=1 j=1 i=1 j=1
k=2 k=2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright i+j=k
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

(a) (c)
(b)

S S

S
2n 2n

2n

vextendsingle vextendsingle
summationdisplay summationdisplay

vextendsingle vextendsingle

= a periodcentered b lessequal |a | periodcentered |b |
vextendsingle vextendsingle

i j i j

i,j i,j

ilessequal 2n,jlessequal 2n ilessequal 2n,jlessequal 2n

i+j>2n i+j>2n

2 n 2n
summationdisplay summationdisplay

lessequal max(|a |, . . . , |a |) periodcentered |b | + max(|b |, . . . , |b |) periodcentered |a |.
n 2 n j n 2n i

j=n+1 i=n+1

Da (a ), (b ) Nullfolgen sind, ist der letzte Ausdruck eine Nullfolge. Fur die
dieresis

n n

Partialsummen folgt

(c) (a) (b)

S = S periodcentered S + Nullfolge ,n
2 n 2 n 2 n

summationtext summationtext

(c)

was zur Behauptung S arrowright ( a ) periodcentered ( b ) fuhrt.
dieresis n i j

i j Q.E.D.

3.3 Spezielle Konvergenzkriterien

Es gibt eine Anzahl spezieller Kriterien fur die Konvergenz/Divergenz von Rei-
dieresis

hen:

Satz 3.16: (Majorantenkriterium)

summationtext infinity

Sei x eine konvergente Reihe mit reellen Summanden x greaterequal 0. Sei

k k
k=1

(z ) eine komplexe Folge. Gilt fur alle bis auf endlich viele Indizes |z | lessequal
dieresis n k

summationtext infinity

x , so konvergiert die Reihe z absolut.
k k
k=1

summationtext summationtext

Bezeichung: x heißt konvergente Majorante" fur z .
dieresis k k
k k

quotedblright summationtext

Beweis: Die Partialsummen von |z | sind beschrankt (o.B.d.A. nehmen wir
dieresis k

k

an, |z | lessequal x gilt fur alle Indizes):
dieresis

k k

n n infinity
summationdisplay summationdisplay summationdisplay

|z | lessequal x lessequal x .
k k k

k=1 k=1 k=1

summationtext summationtext

Nach Satz 3.11 konvergiert |z |, d.h., die Reihe z konvergiert absolut.

k k
k k Q.E.D.


3.3. SPEZIELLE KONVERGENZKRITERIEN 51

Satz 3.17: (Minorantenkriterium)

summationtext infinity

Sei x eine divergente Reihe mit reellen Summanden x greaterequal 0 Sei

k k
k=1

(y ) eine reelle Folge. Gilt fur alle bis auf endlich viele Indizes x lessequal y , so
dieresis n k k

summationtext infinity

divergiert die Reihe y (genauer: sie konvergiert uneigentlich gegen

k
k=1

infinity ). summationtext summationtext

Bezeichung: x heißt divergente Minorante" fur y .
dieresis k k
k k

quotedblright summationtext

Beweis: Wurde die Reihe y konvergieren, ware sie eine konvergente Madieresis dieresis
k
k

summationtext summationtext

jorante fur x , und nach Satz 3.16 mußte x konvergieren.
dieresis dieresis
k k

k k Q.E.D.

Satz 3.18: (Quotientenkriterium)

Sei (z ) eine komplexe Folge. Gilt fur alle bis auf endlich viele Indizes
dieresis

n summationtext

|z | infinity
k+1 lessequal c mit einem Wert c element (0, 1), so konvergiert die Reihe zk

k=1
|z |k

absolut.

Beweis: Aus der Abschatzung folgt
dieresis

2 kminus 1

|z | lessequal c periodcentered |z | lessequal c periodcentered |z | lessequal . . . lessequal c periodcentered |z |.1
k kminus 1 kminus 2

summationtext kminus 1

Die geometrische Reihe |z | periodcentered c konvergiert nach Beispiel 3.3 fur c element (0, 1) dieresis 1

k summationtext

und ist damit eine konvergente Majorante fur z .
dieresis k

k Q.E.D.

Satz 3.19: (Wurzelkriterium)

Sei (z ) eine komplexe Folge. Gilt fur alle bis auf endlich viele Indizes
dieresis n

radicalbig k |z | lessequal c mit einem Wert c element (0, 1), so konvergiert die komplexe Reihe

k
summationtext infinity z absolut.

k
k=1

k

Beweis: Aus der Abschatzung folgt |z | lessequal c . Damit ist die geometrische Reihe dieresis k

summationtext summationtext

kc fur c element (0, 1) eine konvergente Majorante fur z .

dieresis dieresis k
k k Q.E.D.

Satz 3.20: (Kondensationskriterium)

Ist (x ) eine monoton fallende Folge positiver reeller Zahlen, so konvergiert
n

summationtext x dann und genau dann, wenn die Reihe

k
k

infinity
summationdisplay m m

2 periodcentered x2

m

konvergiert.


52 KAPITEL 3. REIHEN

summationtext n

Beweis: Nach Satz 3.11 ist zu entscheiden, ob die Partialsummen S = x

n k
k=1

beschrankt sind. Betrachte
dieresis

n
S = x +x + x +x + periodcentered periodcentered periodcentered + x + periodcentered periodcentered periodcentered + x + periodcentered periodcentered periodcentered + x
n+1 n+1
1 2 3 4 7 2
2 minus 1 2 minus 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

n
=1periodcentered x lessequal 2periodcentered x lessequal 4periodcentered x

1 2 4 n
lessequal 2 periodcentered x2

nsummationdisplay m m

lessequal 2 periodcentered x .
2

m=0

summationtext summationtext

m m

Konvergiert 2 periodcentered x , so sind alle Partialsummen S beschrankt und x
dieresis 2 n k

m k

konvergiert. Umgekehrt gilt:

n n S = x + x +x + x +x + periodcentered periodcentered periodcentered + x + periodcentered periodcentered periodcentered + x + periodcentered periodcentered periodcentered + x
nminus 1
2 1 2 3 4 5 8 2
2 +1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

=1periodcentered x greaterequal 2periodcentered x greaterequal 4periodcentered x nminus 1
2 4 8 n

greaterequal 2 periodcentered x2

n n

summationdisplay summationdisplay

1

mminus 1 m

m m
greaterequal x + 2 periodcentered x greaterequal periodcentered 2 periodcentered x .
1 2 2

2

m=1 m=1

summationtext summationtext

m m

Divergiert 2 periodcentered x , so sind alle Partialsummen unbeschrankt und x
dieresis 2 k

m k

divergiert.

Q.E.D.

23.5.02arrowdown Hier eine Reihe von Beispielen zu den diversen Kriterien:

Beispiel 3.21: Wir setzen das Majorantenkriterium 3.16 ein, um zu zeigen, dass die
summationtext infinity 1

Reihe konvergiert. Dazu machen wir eine Anleihe beim kommenden Bei-
2

k=1 k

spiel 3.31, wo die Konvergenz

infinity
summationdisplay 1 = 1

k periodcentered (k + 1)

k=1 summationtext

1 1

gezeigt wird. Dazu schatzen wir x = gegen ytilde = ab ( ytilde soll als kon-
dieresis k 2 k k

k
k kperiodcentered (k+1)

summationtext

vergente Majorante fur x dienen). Es gilt zwar nicht unmittelbar |x | = x lessequal ytilde ,
dieresis k k k k

k

aber mit k periodcentered (k + 1)

2k greaterequal 2

2 2 2

(arrowdblboth 2 periodcentered k greaterequal k + k arrowdblboth k greaterequal k; dies ist fur alle k greaterequal 1 erfullt) folgt
dieresis dieresis

1 2

x = lessequal = 2 periodcentered ytilde =: y .
k k k

2k k periodcentered (k + 1)

Mit Beispiel 3.31 folgt

infinity infinity infinity
summationdisplay summationdisplay summationdisplay 2

x lessequal y = = 2.
k k k periodcentered (k + 1)

k=1 k=1 k=1 summationtext 1

Das Majorantenkriterium garantiert hiermit die Konvergenz von . Welchen Wert
2

k k

diese Reihe hat, haben wir damit allerdings nicht herausbekommen.


3.3. SPEZIELLE KONVERGENZKRITERIEN 53

Beispiel 3.22: Die in Beispiel 3.21 betrachtete Summe wird mit MuPAD berechnet:

>> sum(1/k^2, k = 1..infinity)

2

PI

---

6

Hierbei ist PI = pi = 3.1415.... Zur Kontrolle vergleichen wir diesen Wert mit einer

langen, aber endlichen Summe:

>> float(\%)

1.644934067

>> sum(1.0/k^2, k = 1..1000)

1.643934567

infinity
summationdisplay k + 1

(Das passt einigermaßen.) Einige weitere Summen, z.B. :

k periodcentered (k + 2) periodcentered (k + 5)

k=1

>> sum((k + 1)/k/(k + 2)/(k + 5), k = 1..infinity)

323/900

infinity
summationdisplay 1

Oder auch :3k

k=1

>> sum(1/k^3, k = 1..infinity)

zeta(3)

Dieser Reihenwert hat keine elementare Darstellung. Stattdessen stellt MuPAD ihn mittels der (unter Mathematikern) beruhmten speziellen Funktion zeta (die sogenannte

dieresis

Riemannsche Zeta-Funktion) dar. Das nutzt uns hier relativ wenig, da wir mit die-

dieresis

ser Funktion nicht naher vertraut sind. Zumindestens kann man hiermit aber bequem

dieresis

Gleitpunktnaherungen berechnen:
dieresis

>> float(\%)

1.202056903

Die Web-Seite mathworld.wolfram.com/RiemannZetaFunction.html liefert weitere

Informationen zur Zeta-Funktion.


54 KAPITEL 3. REIHEN

summationtext n 1radical

Beispiel 3.23: Die Reihe konvergiert nicht fur n arrowright infinity : zwar konvergieren
dieresis

k=1 k

1radical

die Summanden x = gegen 0, aber nicht schnell genug":
k k quotedblright

100 1000 10000

summationdisplay summationdisplay summationdisplay
1 1 1 radical radical radical

= 18.5896... , = 61.8010... , = 198.5446... .

k k k
k=1 k=1 k=1

Genauer gesagt: die Reihe konvergiert uneigentlich gegen infinity ". Beweis: die nach Bei-

quotedblright

spiel 3.10 divergierende harmonische Reihe ist eine divergente Minorante:

1 1radical

lessequal .

k k

n k
summationdisplay z

Beispiel 3.24: Betrachte die Reihe , wo z eine beliebige feste komplexe Zahl ist

k!

k=0 kz

(beachte: 0! = 1). Diese Reihe konvergiert nach dem Quotientenkriterium. Mit z =
k k!

ist der Quotient zweier aufeinander folgender Summanden

k+1
|z| k+1 k

|z | |z| periodcentered k! |z| periodcentered |z| periodcentered k! |z|

(k+1)!
k+1 = = = = .

k k k

|z|

|z | |z| periodcentered (k + 1)! |z| periodcentered (k + 1) periodcentered k! k + 1
k k!

Fur hinreichend große k (namlich k greaterequal 2 periodcentered |z|) gilt
dieresis dieresis

|z | |z| |z| 1
k+1 lessequal < = =: c < 1,

|z | 2 periodcentered |z| + 1 2 periodcentered |z| 2
k

womit das Quotientenkriterium erfullt ist.
dieresis

z
Der Grenzwert heißt Exponentialfunktion" e bzw. exp(z). In der Tat stimmt die

quotedblright

Reihe mit der in Satz 2.20 benutzten Definition uberein (was noch zu zeigen ware):
dieresis dieresis

infinity

parenleftBig parenrightBig k 2 3

summationdisplay
n
z z z z

ze = exp(z) = lim 1 + = = 1 + z + + + periodcentered periodcentered periodcentered .

narrowright infinity n k! 2 6

k=0

Die Reihendarstellung der exp-Funktion bietet einige Vorteile. Fur kleine Argumente z
dieresis

gilt z.B. die Naherung
dieresis

2 3 2
z z z

exp(z) = 1 + z + + + periodcentered periodcentered periodcentered approxequal 1 + z + .
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 2! 3! 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
klein noch kleiner noch viel

kleiner

Wir ersparen uns hier den Beweis furdieresis

infinity
parenleftBig parenrightBig k

summationdisplay
n

z z

lim 1 + = ,

narrowright infinity n k!

k=0

der einigen technischen Abschatzungsaufwand erfordert.
dieresis


3.4. BEDINGTE KONVERGENZ, UMORDNUNGEN 55

infinity
summationdisplay 1

Beispiel 3.25: Die Reihe konvergiert genau dann, wenn p > 1 gilt.
pk

k=1 p

Beweis: fur festes p > 0 ist die Folge x = 1/k monoton falled. Das Kondensationskri-

dieresis k

terium liefert die Konvergenz, wenn

infinity infinity infinity infinity

summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

1 1 1

m m

m
2 periodcentered x = 2 periodcentered = =
2 m p m pminus 1 pminus 1 m

(2 ) (2 ) (2 )

m=1 m=1 m=1 m=1

1

konvergiert. Diese geometrische Reihe konvergiert, wenn < 1 gilt, d.h., fur p > 1. dieresis

pminus 1

2
summationtext 1

Fur p lessequal 1 ist die harmonische Reihe eine divergierende Minorante.
dieresis k k

3.4 Bedingte Konvergenz, Umordnungen

Es gibt einen Spezialfall, wo die Tatsache, dass die Summanden eine Nullfolge

bilden, fur die Konvergenz der Reihe ausreicht: alternierende Reihen:
dieresis

Satz 3.26: (Das Leibnizendash Kriterium fur alternierende Reihen)
dieresis

Eine reelle Folge (x ) heißt "alternierend", wenn fur jeden Index x und
dieresis

n n

x unterschiedliche Vorzeichen haben. Ist zusatzlich |x | monoton fal-
dieresis

n+1 n

lend und (x ) eine Nullfolge, so konvergiert die zugeordnete alternierende
n

summationtext quotedblright

Reihe" x .k
k

Beweis: Fixiere ein beliebiges n. Durch Induktion nach m ist leicht zu zeigen,

dass m

vextendsingle vextendsingle
summationdisplay

vextendsingle vextendsingle

x lessequal |x |
vextendsingle vextendsingle n

k

k=n

fur alle m greaterequal n gilt. Da |x | eine Nullfolge bildet, ist das Cauchy-Kriterium 3.6 dieresis n

erfullt.
dieresis

Q.E.D.

Beispiel 3.27: Die alternierende harmonische Reihe"

quotedblright infinity k+1

summationdisplay
1 1 1 (minus 1)

1 minus + minus plusminus periodcentered periodcentered periodcentered =

2 3 4 k

k=1

erfullt das Leibniz-Kriterium und konvergiert (der Grenzwert ist ln(2)).
dieresis

Die alternierende harmonische Reihe konvergiert, aber sie konvergiert nicht absolut (die harmonische Reihe ist bekanntlich divergent). Fur solche bedingt" (= dieresis quotedblright

nicht absolut) konvergente Reihen ist hochste Vorsicht geboten: die Reihenfolge dieresis

der Summation ist wichtig!


56 KAPITEL 3. REIHEN

Beobachtung 3.28:

Fur die alternierende harmonische Reihe des letzten Beispiels gilt:
dieresis

1 1 1 1 1 1 1

S = 1 minus + minus + minus + minus + . . .

2 3 4 5 6 7 8

S 1 1 1 1

= minus + minus + . . .

2 2 4 6 8

3 periodcentered S 1 1 1 1 1

= 1 + minus + + minus + . . .

2 3 2 5 7 4

Man kann sich leicht uberlegen, dass in der letzten Reihe der Kehrwert
dieresis

jeder naturlichen Zahl genau einmal auftaucht. In der Tat erhalt sie alle
dieresis dieresis

Summanden der alterniernenden Reihe S, nur dass die Summanden anders

angeordnet sind:

Nehme 2 positive Summanden von S, dann einen negativen, dann quotedblright die beiden nachsten positiven, dann den nachsten negativen usw."

dieresis dieresis

Diese Umordnung hat den Grenzwert verandert!
dieresis

Erstaunlicherweise kann man durch eine geeignete Umsummation jeden beliebi-

gen Grenzwert erreichen:

Satz 3.29: (Riemannscher Umordnungssatz fur bedingt konvergente Reihen)
dieresis

summationtext

Sei x eine konvergierende reelle Reihe, die nicht absolut konvergiert:
k
k

summationtext |x | = infinity . Dann gibt es zu jedem S element R eine bijektive Abbildung

k
k

P : N arrowright N (eine "Permutation" von N), so dass

infinity n
summationdisplay summationdisplay

x = lim x = S
P (k) P (k)

narrowright infinity

k=1 k=1

gilt.

Die Beweisidee ist sehr einfach, der Beweis ist konstruktiv. Sei

+ minus

N = {n element N,x greaterequal 0}, N = {n element N,x < 0}.
n n

summationtext

Man uberlegt sich, dass die Divergenz von |x | zusammen mit der Kon-
dieresis k

k

summationtext summationtext summationtext

vergenz von x bedeutet, dass x gegen infinity und x gegen
+ minus
k k k

k kelement N kelement N

+

minus infinity konvergiert. Zu gegebenem S wahle solange Indizes in N , bis die Summe
dieresis

uber die entsprechenden positiven x zum ersten Mal S uberschreitet (wegen
dieresis dieresis
k

summationtext x = infinity wird dies sicherlich irgendwann geschehen). Dann wahle solange

dieresis + k

kelement N minus

Indizes in N , bis durch Hinzuaddieren der entsprechenden negativen x zum
k

summationtext

ersten Mal S unterschritten wird (wegen x = minus infinity wird dies sicherlich
minus k

kelement N


3.5. SUMMATION PER PARTIALBRUCHZERLEGUNG 57

+

irgendwann geschehen). Dann wahle wieder Indizes auf N , bis S uberschritdieresis dieresis

ten wird usw. Die Diff erenz zwischen S und der uberschreitenden bzw. unterdieresis schreitenden Zwischensumme ist jeweils kleiner als das letzte Folgenelement, das addiert bzw. subtrahiert wurde. Die Folgenglieder sind aber eine Nullfolge,

summationtext

da x konvergiert. Damit konvergieren die konstruierten Zwischensummen

k
k

gegen S. Details: siehe z.B. Chr. Blatter, Analysis 1, Springer.

Q.E.D. Glucklicherweise ergibt sich dieses Umordnungsproblem bei absolut konvergiedieresis renden Reihen nicht. Jede Umordnung der Reihenglieder liefert die selbe Sum-

me:

Satz 3.30: (Umordnungssatz fur absolut konvergente Reihen)
dieresis

summationtext

Sei z eine (komplexe) absolut konvergierende Reihe. Dann konver-

k
ksummationtext

giert z fur jede Permutation P absolut gegen den selben Grenz-
dieresis

P (k)
k

wert.

Beweis: siehe z.B. Chr. Blatter, Analysis 1, Springer.

3.5 Summation per Partialbruchzerlegung

arrowdown 24.5.02

Es gibt einige Situationen, wo man (endliche) Reihen explizit berechnen kann.

Der Reihenwert ergibt sich als Grenzwert des expliziten Ausdrucks:

nsummationdisplay 1

Beispiel 3.31: Betrachte . Die entscheidende Beobachtung ist:

k periodcentered (k + 1)

k=1

1 1 1

= minus

k periodcentered (k + 1) k k + 1

1 1

(man bringe minus auf den Hauptnenner). Hiermit ergibt sich
k k+1

n n n n
parenleftBig parenrightBig
summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

1 1 1 1 1

= minus = minus

k periodcentered (k + 1) k k + 1 k k + 1

k=1 k=1 k=1 k=1

1 1 1

= 1 + + + periodcentered periodcentered periodcentered +
2 3 n

1 1 1 1

minus minus minus periodcentered periodcentered periodcentered minus minus
2 3 n n+1

1

= 1 minus .
n+1

Man nennt so eine Summe auch Teleskopsumme": sie laßt sich zu einigen wenigen

dieresis

quotedblright

Termen zusammenschieben", da sich fast alle Summanden aufheben. Es folgt:

quotedblright infinity n parenleftBig parenrightBig

summationdisplay summationdisplay
1 1 1

= lim = lim 1 minus = 1.

narrowright infinity narrowright infinity
k periodcentered (k + 1) k periodcentered (k + 1) n + 1

k=1 k=1


58 KAPITEL 3. REIHEN

Der im obigen Beispiel angewendete Trick laßt sich systematisch anwenden: dieresis

Rezept (Summation durch Partialbruchzerlegung") 3.32:

quotedblright
summationtext

Betrachte die Summe a uber einen rationalen" Ausdruck in k:
dieresis k

k quotedblright

p

c + c periodcentered k + periodcentered periodcentered periodcentered + c periodcentered k
0 1 p

a =
k q

d + d periodcentered k + periodcentered periodcentered periodcentered + d periodcentered k
0 1 q

summationtext

mit p + 2 lessequal q (fur p + 2 > q divergiert die Reihe a ).
dieresis k

k

* Schritt 1: Bestimme die Nullstellen k , k , . . . , k des Nennerpoly-

1 2 q

q

noms P (k) = d + d periodcentered k + periodcentered periodcentered periodcentered + d periodcentered k = d periodcentered (k minus k ) periodcentered . . . periodcentered (k minus k ). 0 1 q q 1 q

* Schritt 2: Sind alle Nullstellen einfach, so kann man den Ausdruck stets folgendermaßen additiv zerlegen: es gibt Werte e , e , . . . , e , so

1 2 q

dass

p

c + c periodcentered k + periodcentered periodcentered periodcentered + c periodcentered k e e e
0 1 p 1 2 q

a = = + + periodcentered periodcentered periodcentered + .
k q

d + d periodcentered k + periodcentered periodcentered periodcentered + d periodcentered k k minus k k minus k k minus k
0 1 q 1 2 q

Finde diese Werte e , . . . , e ! Man bringt dazu die rechte Seite dieses

1 q

Ansatzes auf den Hauptnenner (das ergibt nach Konstruktion das Nennerpolynom P (k)). Das Zahlerpolynom muss mit dem Zahler dieresis dieresis

der linken Seite ubereinstimmen. Vergleiche in den Zahlern die Kodieresis dieresis

effi zienten der k-Potenzen, die einzeln ubereinstimmen mussen. Dies dieresis dieresis

fuhrt zu einem (stets losbaren) linearen Gleichungssystem fur dieresis dieresis dieresis

e , . . . , e .
1 q

* Schritt 3: Es gilt

n n parenleftBig parenrightBig
summationdisplay summationdisplay e e e

1 2 q

a = + + periodcentered periodcentered periodcentered +
k k minus k k minus k k minus k

1 2 q
k=1 k=1

n n n

summationdisplay summationdisplay summationdisplay

e e e
1 2 2

= + + periodcentered periodcentered periodcentered + .

k minus k k minus k k minus k
1 2 q

k=1 k=1 k=1

Unterscheiden sich die Nullstellen um ganze Zahlen, so laßt sich diedieresis se Summe von Summen als Teleskopsumme" zu einem expliziten

quotedblright

Ausdruck in n vereinfachen.

nsummationdisplay k

Beispiel 3.33: Betrachte .

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2

k=3

Schritt 1: Die Nullstellen des Nennerpolynoms sind k = 1, k = minus 1, k = 2:
1 2 3

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2 = (k minus 1) periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2).


3.5. SUMMATION PER PARTIALBRUCHZERLEGUNG 59

Schritt 2: Mache den Ansatz:

k e e e
1 2 3

= + + .

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2 k minus 1 k + 1 k minus 2

Bringe die rechte Seite auf den Hauptnenner und ordne den Zahler nach k-Potenzen:
dieresis

e e e
1 2 3

+ +

k minus 1 k + 1 k minus 2

e periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2) + e periodcentered (k minus 1) periodcentered (k minus 2) + e periodcentered (k minus 1) periodcentered (k + 1)
1 2 3

= (k minus 1) periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2)

e periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2) + e periodcentered (k minus 1) periodcentered (k minus 2) + e periodcentered (k minus 1) periodcentered (k + 1)
1 2 3

= (k minus 1) periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2)

2 2 2

e periodcentered k minus e periodcentered k minus 2 periodcentered e + e periodcentered k minus 3 periodcentered e periodcentered k + 2 periodcentered e + e periodcentered k minus e
1 1 1 2 2 2 3 3

= (k minus 1) periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2)

2

(e + e + e ) periodcentered k + (minus e minus 3 periodcentered e ) periodcentered k + (minus 2 periodcentered e + 2 periodcentered e minus e )
1 2 3 1 2 1 2 3

= .

(k minus 1) periodcentered (k + 1) periodcentered (k minus 2)

Dies muß als Polynom in k mit dem Zahler der Summanden der Reihe ubereinstimmen,

dieresis dieresis

also

2 2

k = 0 periodcentered k + 1 periodcentered k + 0 = (e + e + e ) periodcentered k + (minus e minus 3 periodcentered e ) periodcentered k + (minus 2 periodcentered e + 2 periodcentered e minus e ) .
1 2 3 1 2 1 2 3

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

=0 =1 =0

Durch Vergleich der k-Potenzen ergibt sich:

e + e + e = 0, minus e minus 3 periodcentered e = 1, minus 2 periodcentered e + 2 periodcentered e minus e = 0.
1 2 3 1 2 1 2 3

Die Losung dieses linearen Gleichungssystems ist
dieresis

1 1 2

e = minus , e = minus , e = ,
1 2 3

2 6 3

also k 1 1 1 1 2 1

= minus periodcentered minus periodcentered + periodcentered .

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2 2 k minus 1 6 k + 1 3 k minus 2

Schritt 3: Reduktion der Teleskopsumme. Beachte, dass eine der Gleichungen e +e +

1 2

e = 0 war. Deshalb ist es kein Zufall, dass sich in der Tat eine Teleskopsumme ergibt:

3

n n n n

summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay
k (minus 1/2) (minus 1/6) (2/3)

= + +

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2 k minus 1 k + 1 k minus 2

k=3 k=3 k=3 k=3

(minus 1/2) (minus 1/2) (minus 1/2) (minus 1/2) (minus 1/2)

= + + + periodcentered periodcentered periodcentered + +
2 3 4 nminus 2 nminus 1

(minus 1/6) (minus 1/6) (minus 1/6) (minus 1/6) (minus 1/6)

+ periodcentered periodcentered periodcentered + + + +
4 nminus 2 nminus 1 n n+1

(2/3) (2/3) (2/3) (2/3) (2/3)

+ + + + + periodcentered periodcentered periodcentered +
1 2 3 4 nminus 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

0 0 0

(minus 1/2) (minus 1/2) (minus 1/2)

= + +
2 3 nminus 1

(minus 1/6) (minus 1/6) (minus 1/6)

+ + +
nminus 1 n n+1

(2/3) (2/3) (2/3)

+ + +
1 2 3

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

(minus 2/3) (minus 1/6) (minus 1/6)
29

= + + + .

36 nminus 1 n n+1


60 KAPITEL 3. REIHEN

Der Grenzwert fur n arrowright infinity liefert
dieresis

infinity
summationdisplay k 29

= .

3 2
k minus 2 periodcentered k minus k + 2 36

k=3

Beispiel 3.34: In MuPAD ist die Funktion partfrac ( partial fraction") fur die Par-
dieresis

quotedblright

tialbruchzerlegung zustandig:
dieresis

>> partfrac(k/(k^3 - 2*k^2 - k + 2))

2 1 1

--------- - --------- - --------- 3 (k - 2) 6 (k + 1) 2 (k - 1)


Kapitel 4

Funktionen und Stetigkeit

4.1 Funktionen

Definition 4.1:

Eine Funktion f : D mapsto arrowright C ist eine Zuordnung f : z mapsto arrowright f(z) einer Zahl z element D propersubset C zu einem Bildwert" f(z) element C. Der Punkt z heißt auch

quotedblright

Urbild" von f(z). Die Menge D propersubset C heißt Definitionsbereich", die

quotedblright quotedblright

Menge braceleftBig bracerightBig

f(D) := f(z); z element D

heißt Bildbereich" oder auch Wertebereich" der Funktion.

quotedblright quotedblright

Eine reelle Funktion f : D propersubset R mapsto arrowright R heißt

* monoton steigend, wenn f(x) lessequal f(y) gilt

* streng monoton steigend, wenn f(x) < f(y)gilt

* monoton fallend, wenn f(x) greaterequal f(y) gilt

* streng monoton fallend, wenn f(x) > f(y) gilt

fur alle x, y element D mit x < y.
dieresis

Beispiel 4.2: a) Die (stuckweise definierte) Funktion f : R mapsto arrowright R
dieresis

f(x)

bracelefttp a54

x fur x lessequal 0,
dieresis
braceex a0
braceex a0

braceleftmid 1 a0

fur 0 < x < 1,
dieresis

f(x) = 2 1

braceex braceex 2

braceleftbt a45

x fur 1 lessequal x
dieresis x

a0 1
a0

a0

61


xx0 1 2 3 400.5 11.5 x^(1/2)yy 2

62 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT ist monoton steigend (aber nicht streng monoton steigend). Der Definitionsbereich ist

braceleftBig bracerightBig

1

R, der Bildbereich ist f(R) = (minus infinity , 0] union union [1, infinity ).
2

Die MuPAD-Graphik dazu (piecewise erzeugt stuckweise definierte Funktionen):
dieresis

>> f:= piecewise([x <= 0, x],

[0 < x and x < 1, 1/2],

[1 <= x, x])

>> plotfunc2d(f(x), x = -2..2)

radical

b) Die Funktion f : [0, infinity ) mapsto arrowright [0, infinity ), f(x) = x ist streng monoton steigend. Die

MuPAD-Graphik dazu (sqrt ist die Wurzelfunktion):

>> plotfunc2d(sqrt(x), x = 0..4)

4.2 Stetigkeit

Definition 4.3: (Stetigkeit)

asteriskmath
Eine Funktion f : D propersubset C mapsto arrowright C heißt stetig am Punkt z element D, wenn furdieresis

asteriskmath

jede gegen z konvergierende Folge (z ) mit z element D gilt:
n n

asteriskmath

lim f(z ) = f(z ). (#)
n

narrowright infinity

Fur reelle Funktionen f : D propersubset R mapsto arrowright R wird zusatzlich definiert:
dieresis dieresis

asteriskmath
Die Funktion f heißt rechtsseitig stetig am Punkt x element D, wenn (#)

asteriskmath asteriskmath

gilt fur alle gegen x konvergierenden Folgen (x ) mit x greaterequal x .
dieresis n n

asteriskmath
Die Funktion f heißt linksseitig stetig am Punkt x element D, wenn (#)

asteriskmath asteriskmath

gilt fur alle gegen x konvergierenden Folgen (x ) mit x lessequal x .
dieresis n n

Die Funktion f heißt stetig auf dem Bereich D, wenn sie an allen

asteriskmath
Punkten x element D stetig ist.

Die formale Definition 4.3 der Stetigkeit sollte man sich so merken:


4.2. STETIGKEIT 63

Merkregel 4.4:

Fur beliebige konvergente Folgen z gilt
dieresis n

parenleftBig parenrightBig

lim f(z ) = f lim z ,
n n

narrowright infinity narrowright infinity

wenn die Funktion f an der Stelle lim z stetig ist.
n

narrowright infinity

dieresis Ahnlich wie die epsilon1 endash N(epsilon1 )endash Definition eines Grenzwertes fur Folgen ist diese Defi-
dieresis

nition von Stetigkeit technisch und nur in sehr einfachen Fallen praktisch hand-
dieresis

habbar. Man verlaßt sich in der Praxis wiederum auf Rechenregeln, mit denen
dieresis

Stetigkeit vererbt werden, siehe Satz 4.7. Zunachst einige einfache Beispiele mit
dieresis

der formalen Definition:

Beispiel 4.5: a) Betrachte die konstante Funktion f : z element C mapsto arrowright c (mit einer konstanten arrowdown 31.5.02

asteriskmath

Zahl c element C). Sei (z ) eine beliebige gegen z konvergierende Folge. Es gilt
n

asteriskmath

lim f(z ) = lim c = c = f(z ).
n

narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath
Damit ist f an jedem Punkt z element C stetig.

asteriskmath

b) Betrachte die Funktion f(z) = z. Sei (z ) eine beliebige gegen z konvergierende
n

Folge. Es gilt asteriskmath asteriskmath

lim f(z ) = lim z = z = f(z ).
n n

narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath
Damit ist f an jedem Punkt z element C stetig.

2 asteriskmath

c) Betrachte die Funktion f(z) = z +1. Sei (z ) eine beliebige gegen z konvergierende
n

Folge. Mit den Rechenregeln fur Grenzwerte gilt
dieresis

2 2 asteriskmath 2 asteriskmath

lim f(z ) = lim (z + 1) = ( lim z ) + 1 = (z ) + 1 = f(z ).
n n
n

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

asteriskmath
Damit ist f an jedem Punkt z element C stetig.

Man sieht an diesen Beispielen bereits, dass die Rechenregeln fur Grenzwerte
dieresis

sofort zu analogen Rechenregeln fur die Vererbung von Stetigkeit fuhren. Vorher
dieresis dieresis

aber noch ein Beispiel zur Unstetigkeit und einseitigen Stetigkeit":

quotedblright

Beispiel 4.6: Betrachte die reelle Funktion

f(x)

a54
braceleftBigg 1

0 fur x < 0,
dieresis

f(x) = 1 fur 0 lessequal x.

dieresis

a45 x

Diese Funktion ist uberall stetig, außer am Punkt x = 0. Dort ist sie aber immer
dieresis

noch rechtsseitig stetig: nahert man sich dem Punkt x = 0 von rechts, so sind die
dieresis


64 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT Funktionswerte konstant 1. Der Grenzwert der Funktionswerte ist wiederum 1 und

stimmt mit dem Funktionswert f(0) = 1 uberein.
dieresis

Die Funktion ist aber nicht linksseitig stetig: nahert man sich dem Punkt x = 0 von

dieresis

links, so sind die Funktionswerte konstant 0. Der Grenzwert der Funktionswerte ist

wiederum 0 und stimmt nicht mit dem Funktionswert f(0) = 1 uberein.
dieresis

Eine stetige Funktion muß aber off ensichtlich sowohl links- als auch rechtsseitig stetig

sein, damit ist f am Punkt x = 0 unstetig.

Nun die Rechenregeln:

Satz 4.7: (Rechenregeln zur Stetigkeit)

asteriskmath
Seien f und g Funktionen. Sei z ein Punkt aus dem Schnitt der Definiti-

asteriskmath asteriskmath
onsbereiche von f und g (d.h., sowohl f(z ) als auch g(z ) ist definiert).

asteriskmath
Seien f und g am Punkt z stetig. Sei c eine Konstante. Dann gilt:

asteriskmath
* Die Funktion z mapsto arrowright c periodcentered f(z) ist am Punkt z stetig.

asteriskmath
* Die Funktion z mapsto arrowright f(z) + g(z) ist am Punkt z stetig.

asteriskmath
* Die Funktion z mapsto arrowright f(z) minus g(z) ist am Punkt z stetig.

asteriskmath
* Die Funktion z mapsto arrowright f(z) periodcentered g(z) ist am Punkt z stetig.

f(z) asteriskmath asteriskmath

* Die Funktion z mapsto arrowright ist am Punkt z stetig, falls g(z ) negationslash = 0.
g(z)

radicalbig asteriskmath

* Die Funktion z mapsto arrowright f(z) ist am Punkt z stetig.

asteriskmath asteriskmath
Weiterhin gilt: ist g am Punkt z stetig und f am Punkt g(z ), so ist

asteriskmath
z mapsto arrowright f(g(z)) am Punkt z stetig.

asteriskmath

Beweis: Betrachte eine beliebige Folge (z ) arrowright z und wende die Rechenren

geln 2.13 an.

Q.E.D.

x+1

Beispiel 4.8: Die Funktion f(x) = ist uberall auf R stetig: Da konstante Funkdieresis
2x +1 2

tionen sowie g(x) = x stetig sind, ist auch h(x) = x + 1 stetig. Analog ist k(x) = x

2

und damit auch j(x) = x + 1 stetig. Außerdem gilt j(x) > 0 fur alle x element R, womit der dieresis

h(x)

Quotient f(x) = ebenfalls uberall stetig ist.
dieresis

j(x)

Betrachtet man die Funktion in der komplexen Ebene, so ist sie uberall stetig bis auf

dieresis

die beiden Punkte plusminus i, wo der Nenner verschwindet.

An diesem Beispiel merkt man, dass folgende Pi mal Daumen-Regel" gilt:

quotedblright

Merkregel 4.9:

Aus stetigen Funktionen zusammengesetzte" Funktionen sind wieder

quotedblright

stetig. Lediglich an den Stellen, wo man durch 0 teilt, kann die Funktion

unstetig sein.


4.2. STETIGKEIT 65

Manchmal helfen die Rechenregeln nicht, und man muss technisch abschatzen: dieresis Beispiel 4.10: Die in Definition 2.20/Beispiel 3.24 eingefuhrte Exponentialfunktion

dieresis

z mapsto arrowright exp(z) ist stetig am Nullpunkt. Betrachte dazu eine beliebige Nullfolge h , fur die dieresis

n

o.B.d.A. |h | lessequal 1 gelte. Wegen
n

vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle
2 3 2

h h h h
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle
n
n n n
hn

|e minus 1| = 1 + h + + + periodcentered periodcentered periodcentered minus 1 = |h | periodcentered 1 + + + periodcentered periodcentered periodcentered
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle
n n

2! 3! 2! 3!

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
2

|h | |h | 1 1
n n 1

lessequal |h | periodcentered 1 + + + periodcentered periodcentered periodcentered lessequal |h | periodcentered 1 + + + periodcentered periodcentered periodcentered = |h | periodcentered (e minus 1) lessequal 2 periodcentered |h |

n n n n

2! 3! 2! 3!

h 0
h n
n

ist e minus 1 eine Nullfolge, also lim e = 1 = e . Dies ist die Stetigkeit am Nullpunkt.

narrowright infinity

Satz 4.11: (Stetigkeit der Exponentialfunktion)

Die in Definition 2.20/Beispiel 3.24 eingefuhrte Exponentialfunktion z mapsto arrowright
dieresis

exp(z) mit dem Definitionsbereich C ist an allen Punkten z element C stetig.

Beweis: Sei (h ) eine beliebige Nullfolge. Wegen der Funktionalgleichung 2.22

n

a+b a b
e = e periodcentered e und der gerade gezeigten Stetigkeit im Nullpunkt folgt

lim hn

z+h z h z h z z 0 z
n n n narrowright infinity

lim e = lim e periodcentered e = e periodcentered lim e = e periodcentered e = e periodcentered e = e .

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

Q.E.D. Die Merkregel 4.9 besagt, dass es potentielle Unstetigkeiten gibt, wenn man durch 0 teilt. Aber: es kann auch passieren, dass an diesen Stellen Stetigkeit

0

vorliegt (namlich bei speziellen endash Situation):
dieresis 0

Beispiel 4.12: Die Funktion

bracelefttp 2z minus 1

braceex braceleftmid fur z negationslash = 1,
dieresis

z minus 1
f(z) = braceex braceleftbt 2 fur z = 1

dieresis

ist uberall (auch an der Stelle z = 1) stetig. Dies ist leicht gezeigt: Wegen

dieresis

2z minus 1 = (z + 1) periodcentered (z minus 1) ist f nichts anderes als eine komplizierte Schreibweise furdieresis

f(z) = z + 1.

Etwas komplizierter ist bracelefttp ze minus 1

braceex braceleftmid fur z =negationslash 0,
dieresis

z
f(z) = braceex braceleftbt 1 fur z = 0.

dieresis

Auch diese Funktion ist uberall (auch an der Stelle z = 0) stetig, was durch folgende

dieresis

Betrachtung plausibel wird:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
z 2 2

e minus 1 1 z 1 z z

= periodcentered 1 + z + + periodcentered periodcentered periodcentered minus 1 = periodcentered z + + periodcentered periodcentered periodcentered = 1 + + periodcentered periodcentered periodcentered .

z z 2! z 2! 2!


66 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT

0

Eine endash Situation laßt sich mit Hilfe der l'Hospitalschen Regel" systematisch untersudieresis

0 quotedblright

chen, siehe Beispiel 6.37.

4.3 Grenzwerte

z

Betrachtet man f(z) = (e minus 1)/z, so ist diese Funktion zunachst mal fur z = 0 dieresis dieresis

nicht definiert, sie hat dort eine Definitionslucke". In Beispiel 4.12 haben wir

dieresis

quotedblright

einen geeigneten Wert definiert, der die Funktion insgesamt stetig macht. Dieser Wert ergibt sich als Grenzwert" der Funktion, wenn das Argument gegen den

quotedblright

kritischen Wert strebt.

Definition 4.13: (Grenzwerte bei Funktionen)

asteriskmath
Betrachte eine Funktion f auf dem Defintionsbereich D = C \ {z }. Der

asteriskmath asteriskmath

Wert f heißt Grenzwert (Limes)" von f fur z arrowright z , wenn fur jede
dieresis dieresis

quotedblright

asteriskmath

gegen z konvergierende Folge (z ) mit z element D gilt:
n n

asteriskmath

lim f(z ) = f .
n

narrowright infinity

asteriskmath

Die Schreibweise ist dann: f = lim f(z).

asteriskmath
zarrowright z

Die Funktion braceleftBigg f(z) fur z element D,

dieresis asteriskmath

z element D union {z } mapsto arrowright asteriskmath asteriskmath

f fur z = z
dieresis

nennt man die stetige Fortsetzung" von f auf den erweiterten Defi-

quotedblright asteriskmath

nitionsbereich D union {z }. Nach Konstruktion ist die Fortsetzung stetig am

asteriskmath
Punkt z .

Definition 4.14: (Einseitige Grenzwerte bei Funktionen)

asteriskmath

Fur reelle Funktionen f : D \ {x } propersubset R mapsto arrowright R wird weiterhin definiert::
dieresis

asteriskmath asteriskmath

Der Wert f heißt rechtsseitiger Grenzwert" von f fur x arrowright x , wenn
dieresis

quotedblright asteriskmath asteriskmath

lim f(x ) = f gilt fur alle gegen x konvergierende Folgen (x ) mit
dieresis

narrowright infinity n n

asteriskmath

x > x . Schreibweise:
n asteriskmath f = lim f(x).

asteriskmath
xarrowright x +0

asteriskmath asteriskmath

Der Wert f heißt linksseitiger Grenzwert" von f fur x arrowright x , wenn
dieresis

quotedblright asteriskmath asteriskmath

lim f(x ) = f gilt fur alle gegen x konvergierende Folgen (x ) mit
dieresis

narrowright infinity n n

asteriskmath

x < x . Schreibweise:
n asteriskmath f = lim f(x).

asteriskmath
xarrowright x minus 0


4.3. GRENZWERTE 67

asteriskmath

Beispiel 4.15: Fur eine am Punkt x definierte und dort stetige reelle Funktion gilt dieresis

immer asteriskmath

lim f(x) = lim f(x) = lim f(x) = f(x ).

asteriskmath
asteriskmath asteriskmath xarrowright x
xarrowright x minus 0 xarrowright x +0

Beispiel 4.16: Betrachte

f(x)

a54
braceleftBigg 1

0 fur x < 0,
dieresis

f(x) = 1 fur 0 lessequal x.

dieresis

a45 x

asteriskmath

Hier gilt fur die Sprungstelle x = 0:
dieresis

lim f(x) = 0, lim f(x) = 1, lim f(x) existiert nicht.

xarrowright 0minus 0 xarrowright 0+0 xarrowright 0

1

Beispiel 4.17: Fur die reelle Funktion f(x) = gilt
dieresis x

lim f(x) = 0.

xarrowright infinity

Formale Begrundung: Sei (x ) eine beliebige gegen infinity konvergierende Folge:
dieresis n

1 1

lim f(x ) = lim = = 0.
n

narrowright infinity narrowright infinity x infinity
n

Am Punkt x = 0 ist f unstetig ( singular"): die Funktion hat eine sogenannte Pol-

dieresis

quotedblright

stelle. Wir lassen die Werte plusminus infinity wieder als Grenzwerte zu. Dann existieren einseitige

Grenzwerte:

lim f(x) = infinity , lim f(x) = minus infinity .

xarrowright 0+0 xarrowright 0minus 0

Das Argument ViewingBox = [-10..10, -10..10] im folgenden Befehl weist MuPAD an, alles außerhalb der angegebenen Bereiche zu ignorieren, wodurch sich eine gut

skalierte Graphik ergibt:


-10-5 xx-10 -5 0 5 1005yy 10 1/x

68 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT

>> plotfunc2d(1/x, x = -10..10,

ViewingBox = [-10..10, -10..10])

Mit dem Grenzwertbegriff fur Funktionen konnen wir die Stetigkeit an einem dieresis dieresis

Punkt auch folgendermaßen charakterisieren:

Satz 4.18: (Stetigkeit)

asteriskmath
Eine reelle Funktion f ist am Punkt x genau dann linksseitig stetig, wenn

asteriskmath

lim f(x) = f(x )

asteriskmath
xarrowright x minus 0

gilt. Sie ist genau dann rechtsseitig stetig, wenn

asteriskmath

lim f(x) = f(x )

asteriskmath
xarrowright x +0

gilt. Sie ist genau dann stetig, wenn der links- und rechtsseitige Grenzwert

existiert und beide Grenzwerte mit dem Funktionswert ubereinstimmen:
dieresis

asteriskmath

lim f(x) = lim f(x) = f(x ).

asteriskmath asteriskmath
xarrowright x minus 0 xarrowright x minus 0

Beweis: Das folgt unmittelbar aus den Definitionen. Fur die letzte Aussage dieresis

asteriskmath
beachte, dass eine beliebige gegen x konvergierende Folge aufgespalten werden

asteriskmath
kann in die Teilfolge aller Elemente, die kleiner sind als x und die Teilfolge aller

asteriskmath asteriskmath

Elemente, die großer als x sind. Die Konvergenz der Teilfolgen gegen f(x ) ist dieresis die links- bzw. rechtsseitige Stetigkeit, die Konvergenz der Gesamtfolge gegen

asteriskmath
f(x ) ist die Stetigkeit.

Q.E.D.


4.4. DER ZWISCHENWERTSATZ, DAS MIN/MAX-PRINZIP 69

4.4 Der Zwischenwertsatz, das Min/Max-Prinzip

Es folgen zwei sehr wichtige und fundamentale Satze fur reelle stetige Funktio-
dieresis dieresis

nen.

Satz 4.19: (Der Zwischenwertsatz fur stetige Funktionen)
dieresis Sei f : [a, b] mapsto arrowright R auf dem Intervall [a, b] propersubset R stetig. Dann nimmt f auf dem Intervall alle Werte zwischen f(a) und f(b) an: zu jedem y zwischen

den Werten f(a) und f(b) existiert mindestens ein x element [a, b] mit f(x) = y.

Beweis: (nicht nur fur technisch Interessierte)
dieresis

Wir benutzen einen expliziten Algorithmus ( Intervallhalbierung"), um die

quotedblright

Losung von f(x) = y zu finden.
dieresis

Sei f(a) negationslash = f(b) (sonst gibt es nichts zu zeigen). O.B.d.A. gelte f(a) < f(b)

(sonst betrachte statt minus f statt f ). Gegeben sei y mit f(a) lessequal y lessequal f(b). Furdieresis

y = f(a) bzw. y = f(b) ist die Behauptung sicher mit x = a bzw.x = b erfullt.
dieresis

Es gelte also nun f(a) < y < f(b).

Betrachte den Mittelpunkt m = (a+b)/2 des Intervalls. Gilt f(m) = y, sind wir

fertig. Fur f(m) > y betrachten wir die linke Intervallhalfte [a , b ] := [a, m],
dieresis dieresis 1 1

fur f(m) < y betrachten wir die rechte Intervallhalfte [a , b ] := [m, a]. Nach
dieresis dieresis 1 1

Konstruktion ist die Ausgangssituation

f(a ) lessequal y lessequal f(b )
1 1

fur das neue Intervall [a1, b ] wieder hergestellt. Das betrachtete Intervall [a , b ]
dieresis 1 1 1

wird nun erneut zu einem Intervall [a , b ] halbiert usw.
2 2

Es ergibt sich eine Folge von immer kleineren Intervallen [a , b ], deren linke
n n

Enden a eine monoton steigende und deren rechten Enden b eine monoton
n n

fallende Folge bildet. Nach Konstruktion gilt fur alle Intervallenden
dieresis

f(a ) lessequal y lessequal f(b ).
n n

Nach Satz 2.28 konvergieren die monotonen beschrankten Folgen (a ) und (b )
dieresis n n

asteriskmath asteriskmath

gegen Grenzwerte a bzw b , die ubereinstimmen mussen, da die Intervalllangen
dieresis dieresis dieresis

n asteriskmath asteriskmath

b minus a = (b minus a)/2 gegen Null konvergieren. Da f am Punkt x := a = b
n n

stetig ist, folgt

f(x) = lim f(a ) = f( lim a ) lessequal y lessequal lim f(b ) = f( lim b ) = f(x),
n n n n

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity

also f(x) = y.

Q.E.D.


70 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT Bemerkung 4.20: Der im Beweis des Zwischenwertsatzes verwendete Algorithmus ( Intervallhalbierung", Bi-Sektion") ist ein auch in der Pra-

quotedblright quotedblright

xis anwendbarer Suchalgorithmus zum approximativen Losen einer Gleichung dieresis f(x) = y. Er liefert eine Folge von Intervallschachtelungen [a , b ] fur die dieresis

n n

Losung. Die Genauigkeit ist die Lange des Intervalls, auf das die Losung eingedieresis dieresis dieresis

10 3

schrankt werden konnte. Mit 2 = 1024 approxequal 10 gilt die Faustregel:
dieresis

Durch je 10 Halbierungsschritte gewinnt man jeweils etwa

3 Dezimalstellen Genauigkeit hinzu.

Bemerkung 4.21: Der Beweis verwendet uber Satz 2.28 das Supremumsaxiom dieresis 2

fur R. In der Tat hat beispielsweise die stetige Funktion f(x) = x minus 2 auf dem dieresis Intervall [0, 2] intersection Q keine Nullstelle, obwohl f(0) = minus 2 < 0 < f(2) = 2 gilt, da

radical

die Nullstelle x = 2 nicht rational ist.

6.6.02arrowdown

Ein weiteres wichtiges Ergebnis fur stetige reelle Funktionen ist, dass der Bilddieresis bereich eines beschrankten abgeschlossenen Intervalls wieder ein beschranktes dieresis dieresis

abgeschlossenes Intervall ist. Mit anderen Worten: die Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall immer (mindestens) ein globales Minimum und

ein globales Maximum an:

Satz 4.22: (Das Min/Maxendash Prinzip fur stetige Funktionen)
dieresis

Sei f : [a, b] mapsto arrowright R stetig auf dem Intervall [a, b] propersubset R. Dann existiert ein

x element [a, b] und ein x element [a, b] mit
min max

f(x ) lessequal f(x) lessequal f(x )
min max

fur alle x element [a, b].
dieresis Beweis: (fur technisch Interessierte) Wir konstruieren x . Die Bildmenge dieresis max

f ([a, b]) := {f(x); x element [a, b]} ist nach oben beschrankt. Sonst gabe es namlich dieresis dieresis dieresis

eine uneigentlich nach infinity konvergierende Folge (y ) in f ([a, b]) mit (nicht un-

n

bedingt eindeutig bestimmten) Urbildern x element [a, b]. Nach Bolzano-Weier-

n asteriskmath

strass 2.49/Bemerkung 2.50 gibt es eine gegen einen Grenzwert x element [a, b] kon-

vergierende Teilfolge (x ) in [a, b], fur die
dieresis

nk

asteriskmath

infinity = lim y = lim f(x ) = f( lim x ) = f(x )
n n n
k k k

karrowright infinity karrowright infinity karrowright infinity

gelten mußte. Widerspruch!
dieresis Da f ([a, b]) nach oben beschrankt ist, existiert gemaß des Supredieresis dieresis

mumsaxioms 2.25 das Supremum Y = sup f ([a, b]) aller Bildpunkte. Es gilt zu zeigen, dass dieses Suprememum in der Menge f ([a, b]) liegt, also ein Maximum

ist:


4.5. UMKEHRFUNKTIONEN 71

1

Da Y minus keine obere Schranke von f ([a, b]) sein kann (Y ist als Supremum die
n

kleinste obere Schranke), gibt es zu jedem n element N ein x element [a, b] mit
n

1

Y minus < f(x ) lessequal Y.
n

n

Wiederum existiert nach Bolzano-Weierstrass 2.49/Bemerkung 2.50 eine gegen

asteriskmath

einen Grenzwert x element [a, b] konvergente Teilfolge (x ), fur die
dieresis

nk

parenleftBig parenrightBig
1

Y = lim Y minus lessequal lim f(x ) lessequal Y
nk

karrowright infinity karrowright infinity
nk

gilt. Mit der Stetigkeit von f folgt

Y = lim f(x ) = f( lim x ) = f(xasteriskmath ).
n n
k k

karrowright infinity karrowright infinity

asteriskmath asteriskmath

Also ist f(x ) = max f ([a, b]), d.h., x = x ist die gesuchte Maximumsstelle.
max

Die Minimumstelle x mit f(x ) = min f ([a, b]) ergibt sich sofort als die
min min

Maximumsstelle von minus f .

Q.E.D.

Bemerkung 4.23: Die Abgeschlossenheit des Intervalls [a, b] ist wesentlich furdieresis

die Existenz von Minimum und Maximum. Beispielsweise hat fur das off ene
dieresis

Intervall (0, 1) die auf (0, 1) stetige Funktion f(x) = 1/x off ensichtlich weder

ein Maximum noch ein Minimum!

4.5 Umkehrfunktionen

Definition 4.24: (Invertierbarkeit von Funktionen)

Eine Funktion f : D mapsto arrowright W von einem Definitionsbereich D in den Wertebereich W = f(D) = {f(x); x element D} heißt invertierbar, wenn zu jedem

Wert y element W genau ein Urbild x element D mit f(x) = y existiert.

2
Beispiel 4.25: Die Funktion f(x) = x auf dem Definitionsbereich D = [0, infinity ) mit

2

dem Wertebereich f(D) = [0, infinity ) ist invertierbar: zu y = f(x) = x gehort genau ein
dieresis

radical

Urbild x = y im Definitionsbereich D.

2
Die Funktion f(x) = x auf dem Definitionsbereich D = (minus infinity , 0] mit dem Wertebereich

radical

2

f(D) = [0, infinity ) ist invertierbar: zu y = f(x) = x gehort genau ein Urbild x = minus y im
dieresis

Definitionsbereich D.

2
Die Funktion f(x) = x ist nicht invertierbar, wenn man sie auf dem Definitionsbereich

2
D = R betrachtet: Jetzt gibt es zu jedem y = f(x) = x aus dem Wertebereich

radical radical

f(D) = [0, infinity ) zwei Urbilder x = y und x = minus y.


72 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT

Definition 4.26: (Inverse einer Funktion)

Die Funktion f : D mapsto arrowright W von einem Definitionsbereich D in den Wertebereich W = f(D) = {f(x); x element D} sei invertierbar. Die Umkehrab-

quotedblright
minus 1

bildung" ( Inverse") von f ist die Funktion f : W mapsto arrowright D, die dem

quotedblright

Punkt y = f(x) element W den (eindeutig bestimmten) Wert x zuordnet.

2
Beispiel 4.27: Die Funktion f(x) = x auf dem Definitionsbereich D = [0, infinity ) mit

radical
minus 1

dem Wertebereich W = f(D) = [0, infinity ) hat die durch f (y) = y gegebene Inverse

minus 1
f : W mapsto arrowright D.

2
Die Funktion f(x) = x auf dem Definitionsbereich D = (minus infinity , 0] mit dem Wertebereich

radical
minus 1 minus 1

f(D) = [0, infinity ) hat die durch f (y) = minus y gegebene Inverse f : W mapsto arrowright D.

2
Die Funktion f(x) = x auf dem Definitionsbereich D = R hat keine Inverse.

2minus y
minus 1

Die Funktion f(x) = 2minus 3periodcentered x auf dem Wertebereich D = R hat die Inverse f (y) = .

3

Um die Inverse zu bestimmen, muß man y = f(x) nach x auflosen:
dieresis

2 minus y

y = 2 minus 3 periodcentered x =arrowdblright 3 periodcentered x = 2 minus y =arrowdblright x = .

3

Graphische Darstellung der Inversen 4.28:

Hat man eine invertierbare Funktion f graphisch dargestellt, so hat man

minus 1
auch sofort den Graphen von f . Der Graph von f ist eine Punktmenge

minus 1
(x, y) mit y = f(x) in der x-y-Ebene. Der Graph von f ist die Punktmenge (y, x) mit y = f(x). Diese ergibt sich einfach durch Spiegelung an der ersten Winkelhalbierenden" (dies ist die durch y = x gegebene

quotedblright

Gerade).

minus 1
Der Graph der Umkehrfunktion f ist die Spiegelung des

Graphen der Funktion f an der ersten Winkelhalbierenden.

Beispiel 4.29: Zur Demonstration hierzu einige MuPAD Graphiken. Betrachte f(x) =

radical
radical radical
2 minus 1 minus 1 minus 1

x auf D = [0, infinity ), f (y) = y. Statt f (y) = y wird f (x) = x eingegeben

(Goethe sagt dazu treff end: Name ist Schall und Rauch"). Die Winkelhalbierende

quotedblright

y = x wird zusatzlich eingezeichnet:
dieresis


-2-1-0.5 xx-2 -1 0 1 xx 2-0.5 0 0.5 0 1 1.5 200.51 11.5yy 2 yy 2x, x^2, x^(1/2)

4.5. UMKEHRFUNKTIONEN 73

>> plotfunc2d(x, x^2, sqrt(x), x = 0..2,

ViewingBox = [-0.5..2, -0.5..2])

2
Das selbe noch einmal, diesmal wird f(x) = x aber auf dem Definitionsbereich D =

radical
minus 1

(minus infinity , 0] betrachtet. Da die Inverse f (y) = minus y auf einem anderen Definitionsbereich lebt (y greaterequal 0, x lessequal 0), plotfunc2d aber alle Funktionen uber einem gemeinsamen Bereich

dieresis

zeichnet, wird nun das folgende flexiblere plot-Konstrukt benutzt:

>> plot(// die Winkelhalbierende:

plot::Function2d(x, x = -2..2, Color = RGB::Black),

// f(x):

plot::Function2d(x^2, x = -2..0, Color = RGB::Red),

// die Inverse von f:

plot::Function2d(-sqrt(y), y = 0..2, Color = RGB::Blue),

ViewingBox = [-2..2, -2..2])


74 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT

Bei streng monotonen Funktionen ist die Invertierbarkeit garantiert:

Satz 4.30: (Invertierbarkeit bei Monotonie)

Streng monotone reelle Funktionen f : [a, b] mapsto arrowright f ([a, b]) sind immer in-

minus 1
vertierbar. Ist f streng monoton steigend, dann auch f . Ist f streng

minus 1 minus 1
monoton fallend, dann auch f . Ist f stetig, dann auch f .

Beweis: (fur technisch Interessierte) Die Eindeutigkeit der Urbilder folgt undieresis mittelbar aus der Monotonie, denn aus x negationslash = x (also entweder x < x oder

1 2 1 2 minus 1

x > x ) folgt per strenger Monotonie f(x ) =negationslash f(x ). Die Monotonie von f
1 2 1 2

ist off ensichtlich. minus 1

Zur Stetigkeit von f . Sei o.B.d.A. f streng monoton wachsend (sonst betrachte minus f ). Wahle einen beliebigen Punkt y aus dem Wertebereich f ([a, b]) = dieresis minus 1

[f(a), f(b)]. Sei (y ) eine beliebige gegen y konvergierende Folge, sei x = f (y).

n

Wegen (y ) arrowright y gibt es zu jedem delta > 0 ein N(delta ), so dass
n

y element [y minus delta , y + delta ]
n

gilt fur alle n greaterequal N(delta ). Zu epsilon1 > 0 setze
dieresis

delta (epsilon1 ) = min(y minus f(x minus epsilon1 ), f(x + epsilon1 ) minus y) > 0.

Fur alle n greaterequal N(delta (epsilon1 )) folgt dann
dieresis

y element [y minus delta (epsilon1 ), y + delta (epsilon1 )] propersubset [f(x minus epsilon1 ), f(x + epsilon1 )],
n

also

minus 1 minus 1 minus 1 minus 1

f (y ) element f ([f(x minus epsilon1 ), f(x + epsilon1 )]) = [f (f(x minus epsilon1 )), f (f(x + epsilon1 ))]
n

= [x minus epsilon1 , x + epsilon1 ].

Also: zu epsilon1 > 0 haben wir ein N(delta (epsilon1 )) konstruiert, so dass

minus 1 minus 1 minus 1

|f (y ) minus x| = |f (y ) minus f (y)| lessequal epsilon1
n n

minus 1 minus 1
minus 1

gilt fur alle n greaterequal N(delta (epsilon1 )). Also ist f stetig: lim f (y ) = f ( lim y ).
dieresis n n

narrowright infinity narrowright infinity Q.E.D.

4.6 Wachstum von Funktionen, Landau-Symbole

Es gibt eine zur Symbolik fur Folgen in Abschnitt 2.4 analoge Schreibweise, um dieresis das Wachstum von Funktionen an interessanten Stellen zu beschreiben (typi-

scherweise sind dies Nullstellen oder Singularitaten).
dieresis


4.6. WACHSTUM VON FUNKTIONEN, LANDAU-SYMBOLE 75

Notation 4.31:

Seien f und g Funktionen, die in der Umgebung eines Punktes z definiert
0

seien (bei reellen Funktionen betrachtet man oft auch die Punkte z =
0

plusminus infinity ).

* f(z) = O(g(z)) im Limes z arrowright z bedeutet, dass die Funktion
0

|f(z)|/|g(z)| auf einer Umgebung von z nach oben beschrankt ist.
dieresis

0

* f(z) = o(g(z)) im Limes z arrowright z bedeutet lim f(z)/g(z) = 0.
0 zarrowright z0

* f(z) = Omega (g(z)) im Limes z arrowright z bedeutet, dass die Funktion
0

|g(z)|/|f(z)| auf einer Umgebung von z nach oben beschrankt ist.
dieresis

0

* f(z) = omega (g(z)) im Limes z arrowright z bedeutet lim g(z)/f(z) = 0.
0 zarrowright z0

* f(z) = Theta (g(z)) im Limes z arrowright z bedeutet, dass die Funktionen
0

|f(z)|/|g(z)| und |g(z)|/|f(z)| auf einer Umgebung von z nach oben
0

beschrankt sind: es existieren positive Konstanten c und C, so dass
dieresis

c periodcentered |g(z)| lessequal |f(z)| lessequal C periodcentered |g(z)| gilt auf einer Umgebung von z .0

Beispiel 4.32:

z z
e = O(1) im Limes z arrowright 0, e = 1 + O(z) im Limes z arrowright 0,

z 2 z
e = 1 + z + O(z ) im Limes z arrowright 0, e = 1 + z + o(z) im Limes z arrowright 0,

x x

= O(x) im Limes x arrowright 0, = O(1) im Limes x arrowright infinity ,

x + 1 x+ 1 parenleftBig parenrightBig

x 1 1

= Theta (1) im Limes x arrowright infinity , = o im Limes z arrowright 0.

2
x + 1 z z

Beispiel 4.33: Fur alle positiven k gilt
dieresis

x k
e = omega (x ) im Limes x arrowright infinity ,

sowie parenleftBig parenrightBig

1
minus x

e = o im Limes x arrowright infinity ,

kx

denn

vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle
minus x k k

e x x (k + 1)!
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle

= = lessequal arrowright 0 fur x arrowright infinity .
vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle vextendsingle dieresis
k+1
k x x

1/x e x
1 + x + periodcentered periodcentered periodcentered + + periodcentered periodcentered periodcentered

(k+1)!

x

Anschaulich: die Funktion e wachst fur gegen infinity wachsendes x schneller als jede podieresis dieresis

minus x

sitive Potenz von x. Die Funktion e fallt fur gegen infinity wachsendes x schneller ab als dieresis dieresis

jede negative Potenz von x.


76 KAPITEL 4. FUNKTIONEN UND STETIGKEIT


Kapitel 5

Einige spezielle Funktionen:

exp, ln, sin, cos.

5.1 Exponentialfunktion und Logarithmus

arrowdown 7.6.02

Die uberaus wichtige Exponentialfunktion soll nun etwas genauer diskutiert wer-
dieresis

den. Die ursprungliche Definition 2.20 ist fur die Diskussion zu unhandlich. Die
dieresis dieresis

in Beispiel 3.24 eingefuhrte Reihendarstellung ist wesentlich nutzlicher. Wir ha-
dieresis dieresis

ben sie bereits benutzt, um in Satz 4.11 die Stetigkeit uber ganz C zu beweisen.
dieresis

Wir betrachten die Exponentialfunktion nun zunachst im Reellen genauer:
dieresis

Satz 5.1: (Eigenschaften der reellen Exponentialfunktion)

infinity k 2
summationdisplay x x

x

Die Exponentialfunktion e = = 1 + x + + periodcentered periodcentered periodcentered ist fur x element R
dieresis

k! 2

k=0

streng monoton steigend. Es gilt

x x
lim e = 0, lim e = infinity .

xarrowright infinity
xarrowright minus infinity

Der Wertebereich ist (0, infinity ).

x y

Beweis: Fur 0 lessequal x < y ist e < e off ensichtlich, denn die Summanden der
dieresis

Partialsummen sind streng monoton wachsend:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
2 2 2 2

y x y minus x
y x

e minus e = 1 + y + + periodcentered periodcentered periodcentered minus 1 + x + + periodcentered periodcentered periodcentered = y minus x + + periodcentered periodcentered periodcentered > 0.

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
2 2 2
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

>0 >0

x

Fur x < y < 0 folgt die Monotonie aus der Funktionalgleichung 2.22: e =
dieresis minus x minus y y x

1/e < 1/e = e . Nach Beispiel 4.33 wachst e (starker als jede positive x-
dieresis dieresis

x minus x x

Potenz) gegen infinity fur x arrowright infinity . Wegen e = 1/e fallt e gegen 0 fur x arrowright minus infinity .
dieresis dieresis dieresis

Damit ist der Wertebereich (0, infinity ).

Q.E.D.

77


-4-2 xx-4 -2 0 2 402yy 4x, exp(x), ln(x)

78 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

Definition 5.2: (Der naturliche Logarithmus)
dieresis

Wegen der strengen Monotonie der reellen Exponentialfunktion exp : R mapsto arrowright (0, infinity ) gibt es eine Umkehrfunktion, die man den naturlichen Loga-

dieresis

quotedblright

rithmus" ln : (0, infinity ) mapsto arrowright R nennt:

ln(exp(x)) = x fur alle x element R , exp(ln(y)) = y fur alle y element (0, infinity ).
dieresis dieresis

Beispiel 5.3: Durch Spiegelung an der Winkelhalbierenden ergibt sich sofort der Graph

von ln aus dem Graphen von exp:

>> plotfunc2d(x, exp(x), ln(x), x = -4..4,

ViewingBox = [-4..4, -4..4])

Da die Exponentialfunktion nach Satz 4.11 monoton und stetig ist, ist mit

Satz 4.30 auch der Logarithmus monoton und stetig:

Merke 5.4:

* exp und ln sind stetig und streng monoton wachsend.

x

* Es gilt e > 1 fur alle x > 0, es gilt ln(y) > 0 fur alle y > 1.
dieresis dieresis

0
* Es gilt e = 1 und ln(1) = 0.

x

* Es gilt e < 1 fur alle x < 0 und ln(y) < 0 fur alle y mit 0 < y < 1.
dieresis dieresis

y

Bemerkung 5.5: Es ist klar, was mit x gemeint ist, wenn x element R positiv und

radical
radical
3 4 2

3

4
y eine ganze oder eine rationale Zahl ist (z.B. x = x ). Was aber ist x ?

y p/q
Betrachte eine rationale Potenz y = p/q mit p, q element N, dann ist a = x = x > 0

q p ln(x)

als die (eindeutige) positive Losung von a = x definiert. Setzen wir x = e ,
dieresis

so folgt mit den Funktionalgleichungen 2.22:

parenleftBig parenrightBig q
p periodcentered ln(x)

q p ln(x) p pperiodcentered ln(x) q

a = x = (e ) = e = e .


5.1. EXPONENTIALFUNKTION UND LOGARITHMUS 79

Die einzige reelle positive Losung a dieser Gleichung ist off ensichtlich
dieresis

p p periodcentered ln(x)

q q
x = a = e .

Also: fur jedes rationale y gilt
dieresis

y yperiodcentered ln(x)

x = e fur jedes x > 0.
dieresis Man benutzt die obige Formel, um Potenzen von x > 0 auch fur nicht-rationale dieresis

dieresis

reelle Werte y zu definieren, was nach obiger Uberlegung mit der intuitiven

Wurzeldefinition" fur rationales y vertraglich ist. Z. B.:
dieresis dieresis

quotedblright

>> float(2^PI) = float(exp(PI*ln(2)))

8.824977827 = 8.824977827

Satz 5.6: (Rechenregeln fur exp und ln)
dieresis

Fur beliebiges x, y element R gilt:
dieresis

1 x+y x y x y xperiodcentered y minus x

e = e periodcentered e , (e ) = e , e = .xe

Fur beliebiges x > 0, y > 0 gilt:
dieresis

parenleftBig parenrightBig

1 y

ln(x periodcentered y) = ln(x) + ln(y), ln(x ) = y periodcentered ln(x), ln = minus ln(x).

x

z +z z z minus z z
1 2 1 2

Beweis: Die Funktionalgleichungen e = e periodcentered e und e = 1/e waren schon in Satz 2.22 uber C gezeigt worden. Sind z , z element R, folgt durch Logarithdieresis 1 2

mieren parenleftBig parenrightBig

z z
1 2

z + z = ln e periodcentered e .
1 2

z z
1 2

Mit x = e , y = e , also z = ln(x), z = ln(y), folgt ln(x) + ln(y) = ln(x periodcentered y). 1 2

Fur y = 1/x ergibt sich ln(x) + ln(1/x) = ln(1) = 0. Nach Definition beliebiger dieresis

reeller Potenzen gemaß Bemerkung 5.5 ergibt sich
dieresis

x
x y yperiodcentered ln(e ) yperiodcentered x

(e ) = e = e .

x

Durch Logarithmieren folgt fur beliebiges reelles z = e > 0:
dieresis

y
ln(z) = y periodcentered x = y periodcentered ln(z).

Q.E.D.


80 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

y

Beispiel 5.7: Die Regel ln(x ) = y periodcentered ln(x) ist nutzlich, um Gleichungen aufzulosen, wo dieresis dieresis

die gesuchte Große in einem Exponenten auftaucht. Z.B.:
dieresis

x x
2 = 8 arrowdblright ln(2 ) = ln(8) arrowdblright x periodcentered ln(2) = ln(8)

3
ln(8) ln(2 ) 3 periodcentered ln(2)

arrowdblright x = = = = 3.

ln(2) ln(2) ln(2)

Bemerkung 5.8: Aus der Schulzeit mag man gewohnt sein, statt mit dem dieresis naturlichen Logarithmus mit dem Zehner-Logarithmus log umzugehen. Bei dieresis 10

Informatikern ist (aus naheliegenden Grunden) der Logarithmus log zur Basis dieresis 2

2 popular. Hier ist der Zusammenhang zwischen dem naturlichen Logarithmus dieresis dieresis

und dem Logarithmus zu einer beliebigen (positiven) Basis b negationslash = 1:

ln(y)
x x

x = log (y) arrowdblboth y = b arrowdblboth ln(y) = ln(b ) = x periodcentered ln(b) arrowdblboth x = ,
b ln(b)

also

ln(y)

log (y) = fur alle y > 0, b > 0, b negationslash = 1.
dieresis

b ln(b)

Beispiel 5.9: Neben dem naturlichen Logarithmus ln hat MuPAD Logarithmen

dieresis

log(b, y) zu beliebigen positiven Basen b negationslash = 1:

>> log(10, 25.0) = ln(25.0)/ln(10.0)

1.397940009 = 1.397940009

>> log(2, 25.0) = ln(25.0)/ln(2.0)

4.64385619 = 4.64385619

5.2 Die trigonometrische Funktionen

In der Schule waren im Kontext Geometrie" die Winkelfunktionen sin und cos

quotedblright

eingefuhrt worden. Hier unsere Versionen:
dieresis


5.2. DIE TRIGONOMETRISCHE FUNKTIONEN 81

Satz und Definition 5.10:

Die folgenden Reihen konvergieren fur jeden Wert z element C. Die Reihenwerte
dieresis

heißen sin(z) bzw. cos(z) (die trigonometrischen Funktionen" Sinus

quotedblright

und Cosinus):

infinity k 2periodcentered k+1 3 5 7
summationdisplay (minus 1) periodcentered z z z z

sin(z) = = z minus + minus plusminus periodcentered periodcentered periodcentered ,

(2 periodcentered k + 1)! 3! 5! 7!

k=0infinity k 2periodcentered k 2 4 6

summationdisplay (minus 1) periodcentered z z z z

cos(z) = = 1 minus + minus plusminus periodcentered periodcentered periodcentered .

(2 periodcentered k)! 2! 4! 6!

k=0

Beweis: Es ist zu zeigen, dass die definierenden Reihen konvergieren. In der Tat konvergieren sie absolut, was analog zu Beispiel 3.24 aus dem Quotienten-

kriterium folgt. Fur die sin-Reihe:
dieresis

vextendsingle vextendsingle
k+1 2periodcentered k+3 2

(minus 1) periodcentered z /(2 periodcentered k + 3)! |z| periodcentered (2 periodcentered k + 1)!
vextendsingle vextendsingle =

vextendsingle vextendsingle

k 2periodcentered k+1
(minus 1) periodcentered z /(2 periodcentered k + 1)! (2 periodcentered k + 3)!

2 2
|z| |z| 1

= lessequal lessequal

2
(2 periodcentered k + 2) periodcentered (2 periodcentered k + 3) 4 periodcentered k 4

fur k greaterequal |z|. Die Konvergenz der cos-Reihe folgt analog.
dieresis

Q.E.D. Das folgende Zusammenhang ist eine der wichtigsten Formeln uberhaupt fur dieresis dieresis

exp, sin und cos:

Satz 5.11: (Die Euler-Formel)

Fur jedes z element C gilt folgende Beziehung zwischen der Exponentialfunktion
dieresis

und den trigonometrischen Funktionen:

iperiodcentered z
e = cos(z) + i periodcentered sin(z).

iperiodcentered x iperiodcentered x

Fur x element R folgt cos(x) = Rfractur (e ), sin(x) = Ifractur (e ).
dieresis

Beweis:

cos(z) + i periodcentered sin(z)

2 4
z z

= 1 minus + plusminus periodcentered periodcentered periodcentered

2! 4!

3 5
i periodcentered z i periodcentered z

+ i periodcentered z minus + minusplus periodcentered periodcentered periodcentered

3! 5!

2 3 4 5
(i periodcentered z) (i periodcentered z) (i periodcentered z) (i periodcentered z)

= 1 + i periodcentered z + + + + + periodcentered periodcentered periodcentered .

2! 3! 4! 5!

Q.E.D.


82 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

Satz 5.12: iperiodcentered z minus iperiodcentered z iperiodcentered z minus iperiodcentered z

e minus e e + e

Fur jedes z element C gilt sin(z) = , cos(z) = .
dieresis 2 periodcentered i 2

Beweis:

iperiodcentered z minus iperiodcentered z
e plusminus e = cos(z) + i periodcentered sin(z) plusminus cos(minus z) plusminus i periodcentered sin(minus z)

braceleftBigg 2 periodcentered cos(z) fur +,

dieresis

= cos(z) + i periodcentered sin(z) plusminus cos(z) minusplus i periodcentered sin(z) = 2 periodcentered i periodcentered sin(z) fur minus .

dieresis

Q.E.D.

Satz 5.13: (Stetigkeit der trigonometrischen Funktion)

Die trigonometrischen Funktionen sin und cos sind auf C stetig.

Beweis: Da die Exponentialfunktion auf C stetig ist, folgt dies uber die Redieresis

chenregeln 4.7 fur Stetigkeit aus den Darstellungen in Satz 5.12.
dieresis

Q.E.D.

Satz 5.14: (Die Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen)

Fur beliebiges z , z element C gilt:
dieresis 1 2

sin(z + z ) = sin(z ) periodcentered cos(z ) + cos(z ) periodcentered sin(z ),
1 2 1 2 1 2

cos(z + z ) = cos(z ) periodcentered cos(z ) minus sin(z ) periodcentered sin(z ).
1 2 1 2 1 2

iperiodcentered x iperiodcentered x

Beweis: Fur z , z element R sind wegen cos(x) = Rfractur (e ), sin(x) = Ifractur (e ) die dieresis 1 2

Additionstheoreme nichts Anderes als die Funktionalgleichung fur exp:
dieresis

iperiodcentered (z +z ) iperiodcentered z iperiodcentered z
1 2 1 2

cos(z + z ) = Rfractur (e ) = Rfractur (e periodcentered e )
1 2

parenleftBig parenrightBig

= Rfractur (cos(z ) + i periodcentered sin(z )) periodcentered (cos(z ) + i periodcentered sin(z ))
1 1 2 2

= cos(z ) periodcentered cos(z ) minus sin(z ) periodcentered sin(z ).
1 2 1 2

Das Additiontheorem fur den reellen Sinus folgt analog uber sin(z + z ) = dieresis dieresis 1 2

iperiodcentered (z +z )
1 2

Ifractur (e ).

Fur beliebiges z , z element C nehme man die Darstellung aus Satz 5.12, um die dieresis 1 2 iperiodcentered (z +z ) iperiodcentered z iperiodcentered z

1 2 1 2

Additionstheoreme auf e = e periodcentered e zuruckzufuhren.
dieresis dieresis

Q.E.D.

13.6.02arrowdown

Satz 5.15: (Symmetrien der trigonometrischen Funktionen)

Fur beliebiges z element C gilt: sin(minus z) = minus sin(z), cos(minus z) = cos(z).
dieresis


5.2. DIE TRIGONOMETRISCHE FUNKTIONEN 83

2periodcentered k+1 2periodcentered k+1

Beweis: Die Sinus-Reihe enthalt nur ungerade Potenzen: (minus z) = minus z . dieresis 2periodcentered k 2periodcentered k

Die Cosinus-Reihe enthalt nur gerade Potenzen: (minus z) = z .
dieresis

Q.E.D.

Satz 5.16: (Der Satz des Pythagoras)

2 2

Fur jedes z element C gilt: sin (z) + cos (z) = 1 .
dieresis Beweis: Dies ist das Additionstheorem des Cosinus fur z = z, z = minus z zusamdieresis 1 2

men mit cos(0) = 1:

2 2
1 = cos(z minus z) = cos(z) periodcentered cos(minus z) minus sin(z) periodcentered sin(minus z) = cos (z) + sin (z).

Q.E.D. Wir brauchen die Kreiszahl pi . Da wir hier keine Geometrie treiben und pi uber dieresis das Verhaltnis von Kreisumfang zu Kreisdurchmesser einfuhren konnen, mussen dieresis dieresis dieresis dieresis

wir pi anders definieren:

Satz und Definition 5.17:

Auf der positiven reellen Achse besitzt der Cosinus mindestens eine Null-

stelle. Sei x = inf {x element R; cos(x) = 0; x > 0} die kleinste positive
1

Nullstelle des Cosinus. Definiere pi = 2 periodcentered x approxequal 3.1415... .
1

2 4
x x

Beweis: Die Summanden der Cosinus-Reihe cos(x) = 1 minus + minusplus periodcentered periodcentered periodcentered haben

2 4!

wechselnde Vorzeichen. Fur kleines |x| sind die Summanden monoton fallend. dieresis 2x

Damit gilt cos(x) = 1 minus + f(x), wobei speziell fur |x| lessequal 2 gilt:
dieresis 2

4 6 4
x x x

0 lessequal f(x) = minus plusminus periodcentered periodcentered periodcentered lessequal .

4! 6! 4!

Es folgt 1 1

cos(1) = 1 minus + f(1), 0 lessequal f(1) lessequal ,

2! 24

4 16

cos(2) = 1 minus + f(2), 0 lessequal f(2) lessequal ,

2! 24

also 1 1 4 16 1

cos(1) greaterequal 1 minus = > 0, cos(2) lessequal 1 minus + = minus < 0.

2 2 2 24 3

Der Zwischenwertsatz 4.19 fur stetige Funktionen garantiert (mindestens) eine dieresis Nullstelle im Intervall (1, 2). Damit ist die Menge {x element R; cos(x) = 0; x > 0}

nicht leer und besitzt ein Infimum.

Q.E.D.


-1-0.5 xx0 PI/2 PI 3*PI/2 2*PI00.5yy 1 cos(x), sin(x)

84 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

dieresis Uber die Additionstheoreme und Pythagoras folgt nun eine Vielzahl von spezi-

ellen Resultaten, z.B.:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
pi pi

sin(2 periodcentered x) = 2 periodcentered sin(x) periodcentered cos(x) arrowdblright sin(pi ) = 2 periodcentered sin periodcentered cos = 0,

2 2

2 2 2
cos(2 periodcentered x) = cos (x) minus sin (x) = 2 periodcentered cos (x) minus 1

parenleftBig parenrightBig

pi
2

arrowdblright cos(pi ) = 2 periodcentered cos minus 1 = minus 1,

2

sin(x + pi ) = sin(x) periodcentered cos(pi ) + cos(x) periodcentered sin(pi ) = minus sin(x),

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

minus 1 0

bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright

cos(x + pi ) = cos(x) periodcentered cos(pi ) minus sin(x) periodcentered sin(pi ) = minus cos(x)

etc. Hieraus folgt dann weiterhin die Periodizitatdieresis

sin(x + 2 periodcentered pi ) = sin(x), cos(y + 2 periodcentered pi ) = cos(x).

Die Einzelergebnisse aus Satz 5.11 bis Satz 5.16 werden zusammengefaßt:

Merke 5.18:

Graphisch:

>> plotfunc2d(cos(x), sin(x), x=0..2*PI,

Ticks = [[0 = "0", PI/2 = "PI/2", PI = "PI",

3*PI/2 = "3*PI/2", 2*PI = "2*PI"],

[-1, -1/2, 0, 1/2, 1]])

Einige spezielle Werte:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
pi 3 periodcentered pi

sin(0) = 0 , sin = 1, sin(pi ) = 0, sin = minus 1,

2 2

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
pi 3 periodcentered pi

cos(0) = 1, cos = 0, cos(pi ) = minus 1, cos = 0 .

2 2

Periodizitat (man braucht die Funktionen nur auf [0, 2 periodcentered pi ) zu kennen):
dieresis

sin(x + 2 periodcentered pi ) = sin(x), cos(y + 2 periodcentered pi ) = cos(x).


5.3. DIE KOMPLEXE EXPONENTIALFUNKTION 85

Additionstheoreme:

sin(x + y) = sin(x) periodcentered cos(y) + cos(x) periodcentered sin(y),

cos(x + y) = cos(x) periodcentered cos(y) minus sin(x) periodcentered sin(y).

Symmetrieeigenschaften:

sin(minus x) = minus sin(x), cos(minus x) = cos(x).

2 2
Pythagoras: sin (x) + cos (x) = 1.

iperiodcentered x
Euler-Formel: e = cos(x) + i periodcentered sin(x).

Bemerkung 5.19: Vielleicht ist man aus der Schule noch gewohnt, die Argu-

0 o
mente der trigonometrischen Funktion in Winkelgraden alpha = 0 , . . . , 360 anzugeben. Mathematiker nehmen statt des Winkels alpha die zugehorige Bogenlange x dieresis dieresis

auf dem Einheitskreis (Einheit: Radian"), der Zusammenhang ist

quotedblright

pi

x = periodcentered alpha ,

180

x

a54 a1

a36

1

pi
o o o bracerightbig

a1
d.h., 90 =hatwide , 180 =hatwide pi , 360 =hatwide 2 periodcentered pi : a1

2 a0 sin(x)

alpha
a0 a45

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

cos(x)

5.3 Die komplexe Exponentialfunktion, Polardar-

stellungen

In der Geometrischen Interpretation 1.8 der komplexen Zahlen

i periodcentered y C

a54 a115 z = x+ i periodcentered y

a8
a8

a8

a8

a8
|z| a8

a8 Ifractur (z) = |z| periodcentered sin(phi1 )

a8

a8

a8

a8

a8 phi1

a8 a45 x

Rfractur (z) = |z| periodcentered cos(phi1 )

war die Polardarstellung

parenleftBig parenrightBig

z = |z| periodcentered cos(phi1 ) + i periodcentered sin(phi1 ) , phi1 element [0, 2 periodcentered pi )

komplexer Zahlen eingefuhrt worden. Mit der Euler-Formel 5.11 ergibt sich die dieresis

kompakte Polardarstellung:


86 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

iperiodcentered phi1
z = |z| periodcentered e , phi1 element [0, 2 periodcentered pi ).

Man beachte, dass Polarwinkel nur bis auf ganzzahlige Vielfache von 2 periodcentered pi be-

stimmt ist (Periodizitat von Sinus und Cosinus):
dieresis

iperiodcentered (phi1 +kperiodcentered 2periodcentered pi ) iperiodcentered phi1 iperiodcentered kperiodcentered 2periodcentered pi iperiodcentered phi1 iperiodcentered 2periodcentered pi k iperiodcentered phi1

e = e periodcentered e = e periodcentered (e ) = e fur alle k element Z.
dieresis

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

1

Wir vereinbaren, dass unsere Polarwinkel im Intervall [0, 2 periodcentered pi ) liegen.

Geometrische Interpretation der komplexen Multiplikation 5.20:

1 1
iperiodcentered phi1 iperiodcentered phi1 minus iperiodcentered phi1
1 2 2

Mit z = |z | periodcentered e , z = |z | periodcentered e , = periodcentered e gilt
1 1 2 2 z |z |

2 2

z |z |
1 1
iperiodcentered (phi1 +phi1 ) iperiodcentered (phi1 minus phi1 )
1 2 1 2

z periodcentered z = |z | periodcentered |z | periodcentered e , = periodcentered e .
1 2 1 2 z |z |

2 2

Also: die Multiplikation mit einer Zahl mit dem Polarwinkel phi1 dreht einen komplexen Vektor um den Winkel phi1 gegen den Uhrzeigersinn, die Division durch diese Zahl dreht den Vektor um den Winkel phi1 im Uhrzeigersinn.

o
Multiplikation mit i bzw. Division durch i dreht speziell um 90 . Das ist

leicht zu merken:

Ein Mathematiker ruft an und hort: Die gewahlte Nummer ist
dieresis dieresis

quotedblright o

imaginar. Bitte drehen Sie ihren Apparat um 90 !"
dieresis

iperiodcentered phi1

Bemerkung 5.21: Fur Potenzen von z = |z| periodcentered e folgt
dieresis

n n iperiodcentered nperiodcentered phi1
z = |z| periodcentered e .

Damit sind wir nun in der Lage, komplexe Wurzeln zu berechnen. Die Aufgabe

n

sei: finde alle Losungen von z = a.
dieresis

iperiodcentered alpha
Schritt 1: Stelle a in Polarkoordinaten dar: a = |a| periodcentered e mit alpha element [0, 2 periodcentered pi ).

iperiodcentered phi1

Schritt 2: Ansatz fur die Wurzeln: z = r periodcentered e mit phi1 element [0, 2 periodcentered pi ). Vergleiche
dieresis

n n iperiodcentered nperiodcentered phi1 iperiodcentered alpha
z = r periodcentered e = |a| periodcentered e .

radicalbig n

n

Vergleich der Betrage ergibt die reelle Gleichung r = |a|, d.h. r = |a|. (Dies
dieresis

ist eine reelle Wurzel, deren Bedeutung klar ist.) Es verbleibt, den Polarwinkel

phi1 der komplexen Wurzeln aus der verbleibenden Gleichung

iperiodcentered nperiodcentered phi1 iperiodcentered alpha
e = e

zu bestimmen. Da Polarwinkel nur bis auf ganzzahlige Vielfache von 2 periodcentered pi be-

stimmt sind, folgt nicht n periodcentered phi1 = alpha , sondern (mit phi1 statt phi1 ):
k

n periodcentered phi1 = alpha + k periodcentered 2 periodcentered pi , k element Z,
k


5.3. DIE KOMPLEXE EXPONENTIALFUNKTION 87

also alpha k

phi1 = + periodcentered 2 periodcentered pi , k element Z.
k n n

Hierbei brauchen nur die n Werte k = 0, 1, . . . , n minus 1 betrachtet zu werden, furdieresis

die phi1 element [0, 2 periodcentered pi ) gilt (sofern alpha element [0, 2 periodcentered pi ) gilt). Alle anderen Winkel phi1 liegen

k k

außerhalb von [0, 2 periodcentered pi ) und stimmen bis auf ein ganzzahliges Vielfaches von

2 periodcentered pi mit einem dieser Basiswinkel" phi1 , . . . , phi1 uberein.
dieresis

0 nminus 1

quotedblright

n iperiodcentered alpha

Schritt 3: Ergebnis: die n verschiedenen Losungen von z = a = |a| periodcentered e sind: dieresis

parenleftBig parenrightBig
radicalbig radicalbig

n n
iperiodcentered phi1 k

z = |a| periodcentered e = |a| periodcentered cos(phi1 ) + i periodcentered sin(phi1 )
k k k

mit

alpha + k periodcentered 2 periodcentered pi

phi1 = , k = 0, 1, . . . , n minus 1.
k n

Geometrisch: die Wurzeln liegen alle gleichmaßig auf dem Kreis mit dem Radieresis

radicalbig n

dius |a| verteilt:

i periodcentered y

a54 iperiodcentered alpha

z C a114 a = |a| periodcentered e

2
z3 a34

a114 a34
a114 a34

a3 a34
a76 a76 a3 z1

a114 a34

a76 a3 a34

a26

a26
a114 a34

a76 a3 a26
a81 a34

a81 2pi a26 a34

2pi
a81 a76 a3
2pi radicalbig alpha

n a26 2pi iperiodcentered

n
a81 n

n a114 n

a40
a76 a3 a40 z = |a| periodcentered e

a40 0
a34
a26
2pi a81 n a40
a34 a40

a40 alpha /n

a40

a81 a76 a40 a34 a3 a26 a45

n 2pi
a40

a40 a80

a40

a40 a80

a35
a40 n x

a40 a2 a83 a69 a80
a114 2pi
a40 a80

2pi
a35 a80

n a2 a69 a83 a80

2pi a114
a80
n
a35 2pi
2pi z

n a2 a69 a83 nminus 1
a35 n
n

a35 a2 a69 a83
a114 a35 a2 a69 a83 a83 a114

a2 a69
a114 a2 z

a69 a114 nminus 2

n iperiodcentered 0
Beispiel 5.22: Die n-ten Einheitswurzeln" der Gleichung z = 1 = 1 periodcentered e sind

quotedblright

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
k periodcentered 2 periodcentered pi k periodcentered 2 periodcentered pi

z = cos + i periodcentered sin , k = 0, 1, . . . , n minus 1.
k n n

Z.B. fur n = 4;
dieresis

bracelefttp 1 fur k = 0,

dieresis
braceex braceex braceleftmid

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

k periodcentered pi k periodcentered pi i fur k = 1,
dieresis

z = cos + i periodcentered sin =
k minus 1 fur k = 2,

dieresis
braceex

2 2 braceex braceleftbt minus i fur k = 3.

dieresis


88 KAPITEL 5. SPEZIELLE FUNKTIONEN

Fur n = 6:
dieresis

bracelefttp 1 fur k = 0,

dieresis
braceex radical

braceex braceex 1+iperiodcentered 3

braceex braceex fur k = 1,

dieresis
braceex 2 radical

braceex braceleftmid

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig minus 1+iperiodcentered 3

k periodcentered pi k periodcentered pi fur k = 2,
dieresis

2

z = cos + i periodcentered sin =
k minus 1 fur k = 3,

dieresis
braceex

3 3 braceex radical

braceex braceex minus 1minus iperiodcentered 3

braceex fur k = 4,
dieresis
braceex 2radical

braceex braceleftbt 1minus iperiodcentered 3 fur k = 5.

dieresis
2

Beispiel 5.23: In Beispiel 1.24 hatten wir fur Potenzen von
dieresis

parenleftBigg parenrightBigg

1
1 minus 2

A = 2 1

gefunden:

parenlefttp parenrighttp

1 1 i i
n n n n

periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i) periodcentered (1 + i) minus periodcentered (1 minus i)

2 2 4 4

n parenleftbt parenrightbt

A = .
1 1
n n n n

minus i periodcentered (1 + i) + i periodcentered (1 minus i) periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i)

2 2

n
Es fehlt noch eine einfache Darstellung von (1 plusminus i) , mit der (hoff entlich) ersichtlich

n dieresis
wird, dass A eine reelle Matrix ist. Uber die Polardarstellungen

radical pi

plusminus iperiodcentered 4
1 plusminus i = 2 periodcentered e

radical pi

ergibt sich mit |1 plusminus i| = 2 und den Polarwinkeln plusminus :4

parenleftBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenrightBig

pi pi pi

n n/2 plusminus nperiodcentered iperiodcentered n/2

4
(1 plusminus i) = 2 periodcentered e = 2 periodcentered cos n periodcentered plusminus i periodcentered sin n periodcentered .

4 4

Damit folgt

n 1 1 pi n n n/2

(A ) = periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i) = 2 periodcentered cos(n periodcentered ),
11 2 2 4 n i i pi n n n/2minus 1

(A ) = periodcentered (1 + i) minus periodcentered (1 minus i) = minus 2 periodcentered sin(n periodcentered ),
12 4 4 4 n pi n n n/2+1

(A ) = minus i periodcentered (1 + i) + i periodcentered (1 minus i) = 2 periodcentered sin(n periodcentered ),
21 4 n 1 1 pi n n n/2

(A ) = periodcentered (1 + i) + periodcentered (1 minus i) = 2 periodcentered cos(n periodcentered ).
22 2 2 4

Insgesamt erhalten wir also in der Tat die in Beispiel 1.24 gefragte explizite (und nun

recht einfache) reelle Darstellung beliebiger Potenzen von A:

parenlefttp parenrighttp

n n
parenleftBigg parenrightBigg pi pi

minus 1
n
1 2 2
2 periodcentered cos(n periodcentered ) minus 2 periodcentered sin(n periodcentered )
1 minus 4 4

2 parenleftbt parenrightbt

n n
= .

pi pi
+1

2 2
2 periodcentered sin(n periodcentered ) 2 periodcentered cos(n periodcentered )

2 1 4 4


Kapitel 6

Diff erentialrechnung

6.1 Definitionen und Satze
dieresis arrowdown 20.6.02

dieresis

Im Prinzip konnten die meisten der folgenden Uberlegungen und Definitionen
dieresis dieresis

ohne große Anderungen fur komplexe Funktionen f : C arrowright C durchgefuhrt
dieresis dieresis

werden. Wir beschranken uns hier jedoch auf reelle Funktionen f : R arrowright R.
dieresis

Zunachst die Definition einer Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigun-
dieresis quotedblright

gen":

Definition 6.1: (Die Ableitung einer Funktion)

Eine Funktion f : D mapsto arrowright R heißt diff erenzierbar am Punkt x", wenn

quotedblright

der Grenzwert f(x + h) minus f(x)

prime f (x) := lim

harrowright 0 h

prime
existiert. Der Grenzwert f (x) heißt Ableitung von f am Punkt x".

quotedblright

Alternative Schreibweisen (mit y = f(x)):

dy d
prime prime

= y (x) = f(x) = f (x).

dx dx

Ist f an jedem Punkt x des Definitionsbereichs D diff erenzierbar, so heißt

prime prime
die Abbildung f : x mapsto arrowright f (x) Ableitungsfunktion" (kurz: Ablei-

quotedblright quotedblright

tung von f").

Bemerkung 6.2: Ist eine Funktion an einem Punkt diff erenzierbar, so ist sie

dort auch stetig:

f(x + h) minus f(x)

lim existiert arrowdblright f(x + h) minus f(x) = O(h)

harrowright 0 h

arrowdblright f(x + h) = f(x) + O(h) arrowdblright lim f(x + h) = f(x).

harrowright 0

Damit kann eine Funktion nur an Stetigkeitspunkten diff erenzierbar sein.

89


x x + h x + h x + h

90 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Geometrische Interpretation der Ableitung 6.3:

Fur kleines Delta x = h =negationslash 0 ist der Diff erenzenquotient"
dieresis quotedblright

Delta f f(x + Delta x) minus f(x) f(x + h) minus f(x) prime

= = approxequal f (x)

Delta x (x + h) minus x h

die Sekantensteigung vom Punkt (x, f(x)) zum Punkt (x + h, f(x + h))

auf dem Graphen von x:

prime
Die Ableitung f (x) selbst, d.h., der Grenzwert der Sekantensteigung fur Delta x = h arrowright 0, ist die Steigung der Tandieresis

gente an den Graphen von f am Punkt x.

Zur Erinnerung an die Schule: die Tangente T durch den Punkt (x , f(x )) mit
0 0

prime

der Steigung f (x ) ist der Graph der linearen Funktion
0

prime

T (x) = f(x ) + f (x ) periodcentered (x minus x ).
0 0 0

Interpretation der Ableitung 6.4:

Die Ableitung gibt an, wie stark sich f(x) andert, wenn sich x um einen
dieresis

kleinen Wert Delta x andert:
dieresis

f(x + Delta x) minus f(x) prime

approxequal f (x),

Delta x

d.h.

prime
f(x + Delta x) approxequal f(x) + f (x) periodcentered Delta x .


dieresis

6.1. DEFINITIONEN UND SATZE 91 Die Definition der Ableitung uber den Grenzwert von Sekantensteigungen ist dieresis

praktisch unnutz, da nur in den allereinfachsten Fallen handhabbar, z.B., bei:
dieresis dieresis

2
Beispiel 6.5: Betrachte f(x) = x :

2 2

f(x + h) minus f(x) (x + h) minus x
prime f (x) = lim = lim

harrowright 0 harrowright 0
h h

2 2 2 2
x + 2 periodcentered x periodcentered h + h minus x 2 periodcentered x periodcentered h + h

= lim = lim = lim (2 periodcentered x + h) = 2 periodcentered x.

harrowright 0 harrowright 0 harrowright 0
h h

Fur das praktische Rechnen verlaßt man sich wiederum auf Rechenregeln:
dieresis dieresis

Satz 6.6: (Rechenregeln fur's Ableiten)
dieresis

Ableitungen einiger spezieller Funktionen (sei hierbei c eine konstante

Zahl):

d d d d 1
n nminus 1 x x

c = 0, x = n periodcentered x , e = e , ln(x) = ,

dx dx dx dx x

d d

sin(x) = cos(x), cos(x) = minus sin(x).

dx dx

Die Ableitung einer aus einfachen Funktionen zusammengesetzten Funk-

tion ist uber folgende Regeln zu berechnen. Seien f und g diff erenzierbare
dieresis

Funktionen. Die Ableitung der zusammengesetzten Funktion (f + g, f periodcentered g

etc.) existiert jeweils, wenn f und g ableitbar sind:

d prime

* c periodcentered f(x) = c periodcentered f (x),

dx parenleftBig parenrightBig

d prime prime

* f(x) + g(x) = f (x) + g (x) ( Summenregel"),

quotedblright
dx

d prime prime

* f(x) periodcentered g(x) = f (x) periodcentered g(x) + f(x) periodcentered g (x) ( Produktregel")

quotedblright
dx prime prime

d f(x) f (x) periodcentered g(x) minus f(x) periodcentered g (x)

* = ( Quotientenregel").

2 quotedblright
dx g(x) g(x)

Bei der Quotientenregel wird g(x) negationslash = 0 vorausgesetzt (sonst teilt man

durch 0).

n x dieresis
Beweis: Die Ableitung von x , e , sin(x), cos(x) wird in Ubungsaufgaben behandelt. Die Ableitung von ln(x) wird spater in Beispiel 6.18 hergeleitet. Die dieresis

prime prime prime prime prime

Linearitat (c periodcentered f) = c periodcentered f und (f + g) = f + g folgt unmittelbar aus den Redieresis chenregeln fur Grenzwerte von Funktionen. Die Produktregel ergibt sich durch dieresis

den Grenzwert von

f(x + h) periodcentered g(x + h) minus f(x) periodcentered g(x)

h


92 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

f(x + h) minus f(x) g(x + h) minus g(x)

= periodcentered g(x + h) + f(x) periodcentered

h h

fur h arrowright 0. Die Ableitung von 1/g(x) ergibt sich aus
dieresis

1 1

minus g(x + h) minus g(x) 1
g(x+h) g(x) = minus periodcentered

h h g(x + h) periodcentered g(x)

zu parenleftBig parenrightBig prime

prime
1 g (x)

= minus .2

g(x) g(x)

Zusammen mit der Produktregel liefert dies die Quotientenregel

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig prime prime

prime prime
f(x) 1 f (x) g (x)

= f(x) periodcentered = minus f(x) periodcentered .2

g(x) g(x) g(x) g(x)

Q.E.D.

Beispiel 6.7:

radical
d d 1 1 1 1 2 1 1 1 1
minus 1 minus
3 3 3 3 radical

x = x = periodcentered x = periodcentered x = periodcentered = periodcentered .
2 3 2

dx dx 3 3 3 3
3x x

Beispiel 6.8: Summen- und Produktregel:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

d d d
2 x 2 x

x + x periodcentered e = x + x periodcentered e

dx dx dx

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

d d d
2 x 2 x x 2 x

= x + x periodcentered e + x periodcentered e = 1 + 2 periodcentered x periodcentered e + x periodcentered e .

dx dx dx

Beispiel 6.9: Quotientenregel:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

d d
x x

x e periodcentered x minus e periodcentered x x x x x

dx dx
d e e periodcentered xminus e periodcentered 1 e e

= = = minus .

2 2 2
dx x x x x x


dieresis

6.1. DEFINITIONEN UND SATZE 93

Beispiel 6.10:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

d d
x x

x (cos(x) periodcentered e ) periodcentered x minus cos(x) periodcentered e periodcentered x

dx dx
d cos(x) periodcentered e = 2

dx x x

parenleftBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

d d d
x x x

cos(x) periodcentered e + cos(x) periodcentered e periodcentered x minus cos(x) periodcentered e periodcentered x

dx dx dx

= 2x

parenleftBig parenrightBig

x x x

minus sin(x) periodcentered e + cos(x) periodcentered e periodcentered x minus cos(x) periodcentered e periodcentered 1

= 2x

x x x
minus sin(x) periodcentered e periodcentered x + cos(x) periodcentered e periodcentered x minus cos(x) periodcentered e

= 2x

x x x
sin(x) periodcentered e cos(x) periodcentered e cos(x) periodcentered e

= minus + minus .

2
x x x

Beispiel 6.11: Bequemer geht's mit MuPAD. Die Funktion diff ist fur's Diff erenzieren
dieresis

von Ausdrucken zustandig:
dieresis dieresis

>> diff(cos(x)*exp(x)/x, x)

cos(x) exp(x) cos(x) exp(x) sin(x) exp(x) ------------- - ------------- - -------------

x 2 x

x

(Vergleiche mit Beispiel 6.10.) Alternativ konnen Funktionen (aber keine Ausdrucke)
dieresis dieresis

prime
mittels diff erenziert werden:

>> f:= x -> cos(x)*exp(x)/x:

>> f'(x)

cos(x) exp(x) cos(x) exp(x) sin(x) exp(x) ------------- - ------------- - -------------

x 2 x

x

So setzt man konkrete Werte in die Ableitung ein:

>> f'(1), f'(2)

cos(2) exp(2) sin(2) exp(2)

-sin(1) exp(1), ------------- - -------------

4 2


94 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

>> f'(PI) = float(f'(PI))

exp(PI) exp(PI)

------- - ------- = -5.02126887

2 PI

PI

21.6.02arrowdown Wie steht's mit der Ableitung von Hintereinanderschaltungen" ( Komposi-

radical quotedblright
quotedblright

tion") von Funktionen wie z.B. sin( x )?

Satz 6.12: (Die Kettenregel)

Sei g : D mapsto arrowright D propersubset R diff erenzierbar am Punkt x element D . Sei f : D mapsto arrowright

g g
f f

R diff erenzierbar am Punkt g(x) element D . Dann ist die Funktion h(x) =
f

f(g(x)) diff erenzierbar am Punkt x, und es gilt:

d d prime prime

h(x) = f(g(x)) = f (g(x)) periodcentered g (x) .

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
dx dx

innere
außere
dieresis quotedblright

quotedblright Ableitung"
Ableitung"

Als Merkregel fur y = g(x), z = f(y) = f(g(x)):
dieresis

d dz dz dy prime prime

f(g(x)) = = periodcentered = f (y) periodcentered g (x).

dx dx dy dx

Beweis: Es gilt

f(g(x + h)) minus f(g(x))

h

parenleftBig parenrightBig

g(x+h)minus g(x)

f g(x) + h periodcentered minus f(g(x))
h g(x + h) minus g(x)

= periodcentered .

g(x+h)minus g(x) h

h periodcentered h

g(x+h)minus g(x) g(x+h)minus g(x)
prime

Fur h arrowright 0 konvergiert gegen g (x) und k := h periodcentered gegen 0: dieresis h h

parenleftBig parenrightBig

g(x+h)minus g(x)

f g(x) + h periodcentered minus f(g(x))
h

lim g(x+h)minus g(x)

harrowright 0 h periodcentered h

f(g(x) + k) minus f(g(x)) prime

= lim = f (g(x)).

karrowright 0 k

Q.E.D.


dieresis

6.1. DEFINITIONEN UND SATZE 95

radical

Beispiel 6.13: Fur g(x) = x gilt
dieresis

d 1 1 1 1 1 1 1
prime minus 1

2 2 radical
g (x) = x = periodcentered x = periodcentered = periodcentered .
1

dx 2 2 2 x
2x

prime
Zusammen mit f(y) = sin(y), f (y) = cos(y) folgt:

radical

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

radical radical
d d d 1 1 cos( x )

radical radical
sin( x ) = sin(y) periodcentered x = cos(y) periodcentered periodcentered = .

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
dx dy dx 2 x 2 periodcentered x

y

Definition 6.14: (Hohere Ableitungun)
dieresis

prime
Die Funktion f sei diff erenzierbar, sei f die Ableitungsfunktion. Ist die-

prime prime prime prime
se wiederum diff erenzierbar, so heißt f = (f ) die zweite Ableitung

quotedblright prime prime prime prime prime prime

von f". Ist diese wiederum diff erenzierbar, so heißt f = (f ) die drit-

quotedblright

te Ableitung von f". Usw. Schreibweisen fur die n-te Ableitung einer
dieresis

Funktion f : n

bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright

nd (n) prime prime periodcentered periodcentered periodcentered prime prime

f(x) = f (x) = f (x).

n
dx

(0)
Die nullte" Ableitung f ist die Funktion f selbst. Ist die n-te Ableitung

quotedblright (n)

f eine stetige Funktion in x, so heißt f n-fach stetig diff erenzier-

quotedblright

bar".

prime prime prime prime prime prime
Beispiel 6.15: Off ensichtlich gilt exp = exp = exp = exp etc. Die 4-te Ableitung

der trigonometrischen Funktionen ist jeweils wieder die Ausgangsfunktion:

2
d d

sin(x) = cos(x), sin(x) = minus sin(x),

2
dx dx

3 4
d d

sin(x) = minus cos(x), sin(x) = sin(x),

3 4
dx dx

2
d d

cos(x) = minus sin(x) , cos(x) = minus cos(x),

2
dx dx

3 4
d d

cos(x) = sin(x), cos(x) = cos(x).

3 4
dx dx


96 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Beispiel 6.16: Hohere Ableitungen in MuPAD:
dieresis

>> diff(exp(x^2), x, x) // zweite Ableitung

2 2 2

2 exp(x ) + 4 x exp(x )

>> n := 6:

>> diff(exp(x^2), x $ n) // n-te Ableitung

2 2 2 4 2 6 2

120 exp(x ) + 720 x exp(x ) + 480 x exp(x ) + 64 x exp(x )

Mit der Funktion subs (engl.: substitute = ersetze; gemeint ist: ersetze x durch einen Wert) kann man konkrete Werte in Ausdrucke einsetzen. Berechne den Wert der 50-ten

dieresis

2 x
Ableitung von sin(x ) e an der Stelle x = 0:

>> diff(sin(x^2)*exp(x), x $ 50):

>> subs(\%, x = 0)

- 32812427642492524028780884258717885804750 cos(0) exp(0) -

9681156701774438433479738001098392167599 sin(0) exp(0)

Hier kommt eine Besonderheit von subs zutage: der ersetzte Ausdruck wird nicht sofort

ausgewertet". D.h. in diesem Fall, dass die Vereinfachungen cos(0) = 1, exp(0) = quotedblright 1, sin(0) = 0 nicht automatisch geschehen. Die Funktion eval (engl.: evaluate = werte

aus) erzwingt die Evaluation:

>> eval(\%)

-32812427642492524028780884258717885804750

Kennt man die Ableitung einer invertierbaren Funktion f , so kennt man auch

minus 1
die Ableitung der Umkehrabbildung f . Es gilt

minus 1
f (f(y)) = y.

Leitet man beide Seiten der Gleichung nach y ab, so liefert die Kettenregel

d 1
minus 1prime prime minus 1prime

f (f(y)) periodcentered f (y) = y = 1 =arrowdblright f (f(y)) = .

prime
dy f (y)


6.2. DER MITTELWERTSATZ 97

Satz 6.17: (Ableitung der Inversen)

minus 1
Sei f diff erenzierbar und invertierbar, sei f die Umkehrfunktion. Ist

prime minus 1
f (y) =negationslash 0, so ist f an der Stelle x = f(y) diff erenzierbar, und es gilt

1 1
minus 1 prime

(f ) (x) = = .

prime prime minus 1
f (y) f (f (x))

dy 1 1
minus 1 prime
minus 1

Merkregel: mit y = f (x), x = f(y): (f ) (x) = = = .

dx prime
dx f (y)

dy

minus 1 prime

Beispiel 6.18: Fur f = ln als Umkehrfunktion der Funktion f = exp mit f = exp dieresis

folgt mit x = exp(y), y = ln(x):

d 1 1 1 1

ln(x) = = = = .

prime
dx f (y) exp(y) exp(ln(x) x

Hierbei ist x > 0 vorausgesetzt (damit ln(x) definiert ist). Fur x < 0 gilt
dieresis

d d 1 1
prime

ln(minus x) = ln (minus x) periodcentered (minus x) = periodcentered (minus 1) = .

dx dx minus x x

Fur x > 0 ist |x| = x, fur x < 0 ist |x| = minus x. Zusammengefaßt gilt damit:
dieresis dieresis

d 1

ln(|x|) = fur alle x =negationslash 0.
dieresis

dx x

An der Stelle x = 0 ist ln(|x|) unstetig und damit erst recht nicht diff erenzierbar.

6.2 Der Mittelwertsatz

Satz 6.19: (Der Satz von Rolle)

Sei f : [a, b] mapsto arrowright R diff erenzierbar auf dem Intervall [a, b]. Es gelte f(a) =

prime
f(b). Dann gibt es ein xi element (a, b) mit f (xi ) = 0.

Beweis: O.b.d.A. sei f nicht konstant (sonst ist die Behauptung sicherlich richtig). Da f diff erenzierbar ist, ist f auch stetig. Nach Satz 4.22 gibt es ein Minimum oder ein Maximum xi von f im Inneren des Intervalls (liegen sowohl das Minimum als auch das Maximum am Rand, mußte die Funktion konstant sein). dieresis Sei o.B.d.A. xi ein Maximum (sonst betrachte minus f ). Mit f(xi +h) lessequal f(xi ) fur jedes dieresis

h folgt fur die einseitigen Grenzwerte
dieresis

f(xi + h) minus f(xi ) f(xi + h) minus f(xi )

lim lessequal 0, lim greaterequal 0.

harrowright 0+0 harrowright 0minus 0
h h

f(xi + h) minus f(xi )
prime

Es folgt f (xi ) = lim = 0.

harrowright 0 h Q.E.D.


98 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Satz 6.20: (Der Mittelwertsatz)

Sei f : [a, b] mapsto arrowright R diff erenzierbar auf dem Intervall [a, b]. Dann gibt es ein

xi element (a, b) mit

f(a) minus f(b) prime

= f (xi ).

a minus b

xminus b

Beweis: Betrachte g(x) = f(x) minus (f(a) minus f(b)) periodcentered . Dies Funktion erfullt dieresis

aminus b

g(a) = g(b) = f(b). Nach Satz 6.19 existiert xi element (a, b) mit

f(a) minus f(b)
prime prime

g (xi ) = f (xi ) minus = 0.

a minus b

Q.E.D. entfalltarrowdown Bemerkung 6.21: Fur alle x, y in einem Intervall [a, b] gilt nach dem Mitteldieresis dieresis

wertsatz prime

|f(x) minus f(y)| = |f (xi )| periodcentered |x minus y|

mit einem Punkt xi zwischen x und y. Es folgt

prime
|f(x) minus f(y)| lessequal sup {|f (xi )|; xi element [a, b]} periodcentered |x minus y|

Hiermit ist gezeigt, dass

prime
k = sup {|f (xi )|; xi element [a, b]}

eine Kontraktionskonstante der Funktion f auf dem Intervall [a, b] ist (vergleiche

Bemerkung 2.43).

6.3 Taylorendash Reihen

ab hierarrowdown Betrachte folgende Funktion, die nur in einer kleinen Umgebung eines Punk-

prime prime prime
wiederarrowdown tes x bekannt ist (genauer: es sind f(x ), f (x ), f (x ) etc. bekannt). Man

0 0 0 0

interessiert sich fur den Funktionswert an einem Punkt x in der Nahe von x :
dieresis dieresis 0

behandeltarrowdown

27.6.02arrowdown


x0 x

6.3. TAYLORendash REIHEN 99

In allereinfachster Naherung wurde man (fur x dicht bei x )
dieresis dieresis dieresis 0

f(x) approxequal f(x )0

setzen. Die nachstbessere Approximation besteht darin, der Tangente am Punkt dieresis

x zu folgen:
0 prime

f(x) approxequal f(x ) + f (x ) periodcentered (x minus x ).
0 0 0

Im obigen Fall ist deutlich, dass der Funktionswert oberhalb der Tangente zu

prime prime

suchen ist (die Funktion ist gebogen": es gilt f (x ) > 0). Es bietet sich an, 0

quotedblright einen quadratischen Term hinzuzufugen, um eine bessere Approximation zu dieresis

erreichen: prime 2

f(x) approxequal f(x ) + f (x ) periodcentered (x minus x ) + c periodcentered (x minus x ) .
0 0 0 0

Wie sollte die Konstante c gewahlt werden, wie geht es weiter?
dieresis

Voruberlegung zu Taylor-Polynomen 6.22:
dieresis

Zu einer mehrfach diff erenzierbaren Funktion f finde ein Polynom

n

T (x) = c + c periodcentered (x minus x ) + periodcentered periodcentered periodcentered + c periodcentered (x minus x ) ,
n 0 1 0 n 0

dass sich an einem Punkt x moglichst eng an den Graphen von f an-
dieresis

0 quotedblright

schmiegt". D.h., es soll gelten:

prime prime (n) (n)

f(x ) = T (x ), f (x ) = T (x ), . . . , f (x ) = T (x ).

0 n 0 0 0 0 0
n n

Hierdurch ist das Polynom eindeutig bestimmt als

prime prime (n)

f (x ) f (x )
0 0
prime 2 n

T (x) = f(x )+f (x )periodcentered (xminus x )+ periodcentered (xminus x ) +periodcentered periodcentered periodcentered + periodcentered (xminus x ) .
n 0 0 0 0 0

2! n!


T3(x) sin(x)T5(x)T1(x)

100 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Begrundung: Die k-te Ableitung von T an der Stelle x ist
dieresis n 0

(!)

(k) (k)

f (x ) = T (x )

0 0
n vextendsingle vextendsingle

0 1

= c periodcentered k! periodcentered (x minus x ) + c periodcentered (k + 1) periodcentered k periodcentered . . . periodcentered 2 periodcentered (x minus x ) + periodcentered periodcentered periodcentered = c periodcentered k!
vextendsingle

0 0
k k+1 k

x=x0

(k)
f (x )0

arrowdblright c = .
k k!

Definition 6.23: (Taylorendash Polynome und endash Reihen)

Sei f mehrfach am Punkt x diff erenzierbar. Das Polynom
0

n (k)
summationdisplay f (x )0 k

T (x) = periodcentered (x minus x )
n 0

k!

k=0

heißt Taylorendash Polynom" n-ten Grades von f am Entwicklungspunkt

quotedblright

x . Die unendliche Reihe
0

infinity (k)
summationdisplay f (x )0 k

T (x) = periodcentered (x minus x )0

k!

k=0

heißt Taylorendash Reihe" von f am Entwicklungspunkt x .0

quotedblright

Wozu Taylorendash Polynome? Taylorendash Polynome dienen dazu, komplizierte Funktionen in unmittelbarer Umgebung eines Punktes x durch einfache Funktionen,

0

namlich Polynome, zu approximieren. Dadurch kann man oft das Verhalten der dieresis

Funktion in der Nahe spezieller Punkte einfach studieren.
dieresis

Taylorendash Polynome nahern die Funktion an fur Werte x, die
dieresis dieresis

dicht beim Entwicklungspunkt x liegen: T (x) approxequal f(x). Je
0 n

hoher n und je kleiner der Abstand x minus x , um so besser ist
dieresis 0

die Approximation.

Hier eine Graphik einiger Taylorendash Polynome der Funktion f(x) = sin(x) um den

Punkt x = 0:
0

Eine erste Taylorendash Reihenberechnung:


6.3. TAYLORendash REIHEN 101

x

Beispiel 6.24: Wir berechnen die Taylorendash Reihe von f(x) = e um x = 0. Wegen 0

prime prime prime x 0
0

f(x ) = f (x ) = f (x ) = periodcentered periodcentered periodcentered = e = e = 1 ist die Taylorendash Reihe
0 0 0

2

1 1 x
x 2

e = 1 + periodcentered (x minus 0) + periodcentered (x minus 0) + periodcentered periodcentered periodcentered = 1 + x + + periodcentered periodcentered periodcentered .

1! 2! 2

Die in Beispiel 3.24 vorgestellte Reihendarstellung der Exponentialfunktion ist also nichts anderes als die Taylorendash Entwicklung um den Nullpunkt. Das selbe gilt fur die

dieresis

Reihendarstellung der trigonometrischen Funktionen aus Definition 5.10: mit

prime prime prime (3) (4)
f(x) = sin(x), f (x) = cos(x), f (x) = minus sin(x), f (x) = minus cos(x), f (x) = sin(x)

folgt (0) (4) (8)

f (0) = f (0) = f (0) = . . . = 0,

(1) (5) (9)
f (0) = f (0) = f (0) = . . . = 1,

(2) (6) (10)
f (0) = f (0) = f (0) = . . . = 0,

(3) (7) (11)
f (0) = f (0) = f (0) = . . . = minus 1

infinity (k) 3 5
summationdisplay f (0) x x

k
arrowdblright sin(x) = periodcentered x = x minus + minusplus periodcentered periodcentered periodcentered .

k! 3! 5!

k=0

Analog fur f(x) = cos(x):
dieresis

infinity (k) 2 4
summationdisplay f (0) x x

k
cos(x) = periodcentered x = 1 minus + minusplus periodcentered periodcentered periodcentered .

k! 2! 4!

k=0

Nun eine Anwendung der Taylorendash Entwicklung:

Beispiel 6.25: (Vergleiche auch mit Beispiel 4.12) Betrachte die Funktion

bracelefttp 1 minus cos(x)

braceex braceex fur x negationslash = 0,

dieresis
braceleftmid 2x

f(x) = braceex 1

braceex braceleftbt fur x = 0.

dieresis

2

Wir behaupten, dass f auch an der Stelle x = 0 stetig ist. Wir approximieren cos(x)

durch die Taylorendash Entwicklung um den Punkt x = 0. Fur x negationslash = 0 gilt
dieresis

0

parenleftBig parenrightBig

2x 2

4 x 4

1 minus 1 minus + O(x ) 4

+O(x )
2
1 minus cos(x) 1 O(x ) 1 2
2

f(x) = = = = + = +O(x ).

2 2 2 2
x x x 2 x 2

parenleftBig parenrightBig

1 1
2

Hiermit ist nun klar: lim f(x) = lim + O(x ) = .

xarrowright 0 xarrowright 0 2 2


102 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG Beispiel 6.26: In MuPAD ist die Funktion taylor dafur zustandig, den Beginn einer

dieresis dieresis

Taylorendash Entwicklung zu berechnen:

>> taylor(exp(x), x = 0)

2 3 4 5

x x x x 6

1 + x + -- + -- + -- + --- + O(x )

2 6 24 120

1

Die Taylorendash Entwicklung von f(x) = um x = 0 ist die geometrische Reihe aus 0
1minus x

Beispiel 3.3. Es werden 10 Terme berechnet:

>> taylor(1/(1 - x), x = 0, 10)

2 3 4 5 6 7 8 9 10

1 + x + x + x + x + x + x + x + x + x + O(x )

Der folgende Befehl berechnet eine Taylorendash Entwicklung um x = pi :
0

>> taylor(2 + sin(x)*cos(x), x = PI)

3 5

2 (x - PI) 2 (x - PI) 6

2 + (x - PI) - ----------- + ----------- + O((x - PI) )

3 15

radical 12

Beispiel 6.27: Betrachte f(x) = 1 minus 1 minus x = 1 minus (1 minus x) . Wie kann man Werte f(x) fur kleines x ohne technische Hilfsmittel ausrechnen? Zunachst die Berechnung

dieresis dieresis

der ersten Taylorendash Polynome. Als Entwicklungspunkt wahlen wir x = 0, da wir uns

dieresis 0

fur kleine Werte von x interessieren. Man braucht Ableitungen von f(x) am Entwick-

dieresis

lungspunkt x = 0:
0 12

f(x) = 1 minus (1 minus x) , f(0) = 0,

1

1 1
prime minus prime

2
f (x) = periodcentered (1 minus x) , f (0) = ,

2 2

3

1 1
prime prime minus prime prime

2
f (x) = periodcentered (1 minus x) , f (0) = ,

4 4

...

Hiermit folgt die Entwicklung

prime prime
radical f (0)

prime 2

f(x) = 1 minus 1 minus x approxequal f(0) + f (0) periodcentered (x minus x ) + periodcentered (x minus x ) + periodcentered periodcentered periodcentered
0 0

2!

2
x x

= 0 + + + periodcentered periodcentered periodcentered .

2 8

Nun ja, die Terme der Entwicklung sind in der Tat so alle berechenbar, aber das ist

ziemlich muhselig. Bequemer mit MuPAD:
dieresis


6.3. TAYLORendash REIHEN 103

>> taylor(1 - sqrt(1 - x), x)

2 3 4 5

x x x 5 x 7 x 6

- + -- + -- + ---- + ---- + O(x )

2 8 16 128 256

Aus diesen Taylorendash Approximationen bekommt man z.B. fur x = 0.1:
dieresis

2 3
0.1 0.1 0.1

f(0.1) = + + + periodcentered periodcentered periodcentered
2 8 16

= 0.05

+ 0.00125

+ 0.0000625

+ periodcentered periodcentered periodcentered

= 0.05131...

Man sieht der Entwicklung geradezu an, dass die noch nicht berucksichtigten Terme der

dieresis

Entwicklung die angegebenen Dezimalstellen nicht mehr beeinflussen, d.h., die ersten 3

bis 4 Ziff ern sind korrekt. Probe mit MuPAD:

>> 1 - sqrt(0.9)

0.05131670195

Fur Taylorendash Polynome endlichen Grades ist es zumindestens intuitiv klar, dass dieresis sie eine Approximation der Funktion liefern, wenn nur x dicht genug beim Entwicklungspunkt x liegt. Es verbleibt jedoch zu klaren, ob die unendliche Reihe dieresis

0

gegen f(x) konvergiert (bzw., wie weit entfernt x von x liegen darf, damit f(x)

0

durch die Taylorendash Reihe dargestellt wird).

Satz 6.28: (Restgliedformel der Taylorendash Approximation)

Sei f(x) in einer Umgebung des Punktes x (n + 1)-fach stetig diff eren-
0

zierbar. Sei x aus dieser Umgebung. Dann existiert ein Punkt xi im off enen

Intervall zwischen x und x , so dass gilt:
0

n (k) (n+1)
summationdisplay f (x ) f (xi )

0 k n+1

f(x) = periodcentered (x minus x ) + periodcentered (x minus x ) .
0 0

k! (n+ 1)!

k=0 bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright Restglied"

Taylorendash Polynom vom Grad n quotedblright

Beweis: (fur technisch Interessierte) Wir halten x fest und fassen das Taylorendash dieresis

Polynom als Funktion des Entwicklungspunkts x auf:
0

n (k)
summationdisplay f (t) k

T (t) = periodcentered (x minus t) .
n k!

k=0


104 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Die Ableitung dieser Funktion ist eine Teleskopsumme:

n n
(k+1) (k)
summationdisplay summationdisplay d f (t) f (t)
k kminus 1

T (t) = periodcentered (x minus t) minus periodcentered k periodcentered (x minus t)
n

dt k! k!

k=0 k=0

n n
(k+1) (k)
summationdisplay summationdisplay f (t) f (t)
k kminus 1

= periodcentered (x minus t) minus periodcentered (x minus t)

k! (k minus 1)!

k=0 k=1 n nminus 1 (k+1) (k+1)
summationdisplay summationdisplay f (t) f (t)
k k

= periodcentered (x minus t) minus periodcentered (x minus t)

k! k!

k=0 k=0

(n+1)
f (t) n

= periodcentered (x minus t) .

n!

Betrachte die Hilfsfunktion

n+1 n+1

g(t) = (x minus x ) periodcentered T (t) + (x minus t) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 n n 0

mit festem x und x , fur die
dieresis

0

n+1 n+1

g(x ) = (x minus x ) periodcentered T (x ) + (x minus x ) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 0 n 0 0 n 0

n+1

= (x minus x ) periodcentered f(x),
0

n+1 n+1

g(x) = (x minus x ) periodcentered T (x) = (x minus x ) periodcentered f(x)
0 n 0

gilt, also g(x) = g(x ). Nach dem Satz von Rolle 6.19 gibt es ein xi im off enen
0

Intervall zwischen x und x , wo die Ableitung
0

d d
n+1 n

g(t) = (x minus x ) periodcentered T (t) minus (n + 1) periodcentered (x minus t) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 n n 0

dt dt

(n+1)

f (t)
n+1 n n

= (x minus x ) periodcentered periodcentered (x minus t) minus (n + 1) periodcentered (x minus t) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 n 0

n!

parenleftBig parenrightBig
(n+1)

f (t)
n n+1

= (x minus t) periodcentered (x minus x ) periodcentered minus (n + 1) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 n 0

n!

verschwindet:

parenleftBig parenrightBig
(n+1)

f (xi )
n n+1

0 = (x minus xi ) periodcentered (x minus x ) periodcentered minus (n + 1) periodcentered (f(x) minus T (x ))
0 n 0

n!

(n+1)
f (xi ) n+1

arrowdblright f(x) minus T (x ) = periodcentered (x minus x ) .
n 0 0

(n + 1)!

Q.E.D.


6.3. TAYLORendash REIHEN 105

Interpretation 6.29:
28.6.02arrowdown

Das Restglied

n
(n+1) (k)
summationdisplay
f (xi ) f (x )0
n+1 k

periodcentered (x minus x ) = f(x) minus periodcentered (x minus x )
0 0

(n + 1)! k!

k=1

ist die Diff erenz zwischen der Funktion f(x) und dem n-ten Taylorendash Polynom um x . Die Funktion wird genau dann durch die unendliche

0

Taylorendash Reihe dargestellt, wenn das Restglied bei festem x, x fur n arrowright infinity dieresis

0

gegen 0 konvergiert. Sind z.B. alle Ableitungen von f beschrankt, so ist dieresis dies fur beliebiges x und x der Fall, denn n! wachst schneller gegeben dieresis dieresis

0

n

infinity als |x minus x | fur jeden Wert von |x minus x |. Dies erklart z.B., dass die dieresis dieresis

0 0

trigonometrischen Funktionen sin und cos, deren Ableitungen nur Werte in [minus 1, 1] annehmen, global durch ihre Taylorendash Reihen dargestellt werden

(wir haben sie in Definition 5.10 ja auch uber diese Reihen eingefuhrt).
dieresis dieresis

Beispiel 6.30: Wir betrachten die Taylorendash Entwicklung von f(x) = ln(1 + x) um den

Punkt x = 0:
0

1 1 2
prime prime prime (3)

f(x) = ln(1 + x), f (x) = , f (x) = minus , f (x) = ,

2 3
1 + x (1 + x) (1 + x)

kminus 1

(minus 1) periodcentered (k minus 1)!
(k)

. . . , f (x) = .

k
(1 + x)

(k) kminus 1
Mit f (0) = (minus 1) periodcentered (k minus 1)! folgt als Taylorendash Reihe

infinity infinity
(k) k 2 3
summationdisplay summationdisplay
f (0) x x x
k kminus 1

ln(1 + x) = periodcentered x = (minus 1) periodcentered = x minus + minusplus periodcentered periodcentered periodcentered ,

k! k 2 3

k=0 k=1

die die Funktion darstellt, solange die Restglieder

(n+1) n n+1

f (xi ) (minus 1) periodcentered x
n+1

periodcentered x = n+1

(n + 1)! (1 + xi ) periodcentered (n + 1)

gegen 0 konvergieren. Dies ist fur positives x lessequal 1 mit 0 < xi < x lessequal 1 off ensichtlich der
dieresis

Fall: n+1 n+1

x x 1 narrowright infinity

lessequal lessequal minus arrowright 0.

n+1
(1 + xi ) periodcentered (n + 1) n + 1 n + 1

Speziell fur x = 1 ergibt sich der Wert der alternierenden harmonischen Reihe:
dieresis

1 1 1

ln(2) = 1 minus + minus plusminus periodcentered periodcentered periodcentered .

2 3 4

1 1

Fur negatives x greaterequal minus gilt minus lessequal x < xi < 0:
dieresis 2 2

vextendsingle vextendsingle
n+1 n+1 n+1

x |x| (1/2) 1 narrowright infinity
vextendsingle vextendsingle = lessequal = minus arrowright 0,

vextendsingle vextendsingle

n+1 n+1 n+1
(1 + xi ) periodcentered (n + 1) (1 + xi ) periodcentered (n + 1) (1/2) periodcentered (n + 1) n + 1


106 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG d.h., auch hier konvergiert das Restglied gegen 0. Weiterhin konvergiert die Taylorendash

1

Reihe auch fur minus 1 < x < minus gegen ln(1 + x), was wir aus unserer Restgliedformel dieresis 2

allerdings nicht herausbekommen (es gibt alternative Restgliedformeln, die dieses Re-

sultat liefern). Zusammengefaßt:

2 3
x x

ln(1 + x) = x minus + plusminus periodcentered periodcentered periodcentered fur x element (minus 1, 1].
dieresis

2 3

Fur |x| > 1 sowie fur x = minus 1 divergiert die Taylorendash Reihe.
dieresis dieresis

6.4 Monotonie, Extremwerte

Eine der wichtigsten Anwendungen der Diff erentiation ist das Auffi nden von Extremwerten. Dazu stellen wir zunachst fest, dass Ableitungswerte (= Tandieresis gentensteigungen) auf ansteigendes oder abfallendes Verhalten der Funktion

hinweisen:

Satz 6.31: (Ableitungen weisen auf Monotonie hin)

prime prime

Sei f diff erenzierbar, die Ableitungsfunktion f sei stetig. Gilt f (x ) > 0,
0

so ist f auf einer Umgebung von x streng monoton steigend. Gilt
0

prime f (x ) < 0, so ist f auf einer Umgebung von x streng monoton fallend.

0 0

prime prime prime

Beweis: Da f stetig ist, gilt fur f (x ) > 0, dass f auch noch auf einer Umgedieresis 0

bung von x positiv ist. Fur x, y aus dieser Umgebung von x mit x < y liefert dieresis

0 0

der Mittelwertsatz 6.20

prime
f(y) minus f(x) = f (xi ) periodcentered (y minus x) > 0

mit einem Zwischenwert xi zwischen x und y. Damit ist f(x) monoton steigend

prime

auf einer Umgebung des Punktes x, auf der fur den Zwischenwert f (xi ) > 0 gilt. dieresis prime

Analog folgt, dass f(x) monoton fallend ist, wenn mit f (x ) < 0 die Ableitung

0

auf einer Umgebung von x negative Werte annimmt.
0

Q.E.D.

Intuitiv: mit der Interpretation der Ableitung 6.4 ist dies unmittelbar klar. Furdieresis

kleines Delta x gilt: prime

f(x + Delta x) approxequal f(x ) + f (x ) periodcentered Delta x.
0 0 0

Extrema sind die Stellen, wo die Funktion auf der einen Seite" steigend, auf

quotedblright quotedblright

der anderen Seite" fallend ist:


6.4. MONOTONIE, EXTREMWERTE 107

Satz 6.32: (An Extremstellen verschwindet die Ableitung)

Sei f diff erenzierbar. Ist die Stelle x ein (lokales) Maximum oder Mini-
0

prime

mum, so gilt f (x ) = 0.
0

Man findet also alle Kandidaten fur Extremstellen einer Funktion f ,
dieresis

prime
indem man die Nullstellen von f sucht.

Beweis: Genau wie im Beweis des Satzes von Rolle 6.19.

Q.E.D.

2
Beispiel 6.33: Betrachte f(x) = 2 periodcentered x minus x :

d d (!)
2

f(x) = (2 periodcentered x minus x ) = 2 minus 2 periodcentered x = 0 =arrowdblright x = 1.

dx dx

Damit ist x = 1 der einzige Punkt, an dem (moglicherweise) ein Extremum vorliegen
dieresis

0

kann.

prime

Es gibt allerdings Stellen x mit f (x ) = 0, die keine Extremstellen (sondern
0 0 3

sogenannte Sattelpunkte") sind. Beispiel: die Funktion f(x) = x ist streng

quotedblright prime 2

monoton steigend. Am Punkt x = 0 gilt f (x ) = 3 periodcentered x = 0, aber x ist kein

0 0 0
0

Extremum.

Satz 6.34: (Hinreichende Kriterien fur Extrema)
dieresis

Sei f mehrfach diff erenzierbar. Gilt an einer Stelle x0

prime prime prime

f (x ) = 0, f (x ) < 0,
0 0

so ist x ein lokales Maximum. Gilt
0

prime prime prime

f (x ) = 0, f (x ) > 0,
0 0

so ist x ein lokales Minimum.
0

Beweis": Approximiere f(x) in einer Umgebung von x durch das Taylorendash
0

quotedblright Polynom zweiten Grades:

prime prime

f (x )0
prime 2

f(x) approxequal f(x ) + f (x ) periodcentered (x minus x ) + periodcentered (x minus x ) .
0 0 0 0

2

prime

An einem Punkt x mit f (x ) = 0 gilt naherungsweise:
dieresis

0 0

prime prime
f (x )0 2

f(x) approxequal f(x ) + periodcentered (x minus x ) .
0 0

2

2

Da (x minus x ) > 0 fur x negationslash = x ist, sind die Funktionswerte in der Umgebung
dieresis

0 0

prime prime prime prime

großer als f(x ), wenn f (x ) > 0 gilt (Minimum). Fur f (x ) < 0 sind die
dieresis dieresis

0 0 0 Funktionswerte in der Umgebung kleiner als f(x ) (Maximum).

0


-2.5-1.25 xx-2 -1 0 1 201.252.53.75 yyx + 4*x^2 - x^4 - 1

108 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

2 4
Beispiel 6.35: Betrachte f(x) = x + 4 x minus x minus 1:

>> f:= x -> x + 4*x^2 - x^4 - 1:

>> plotfunc2d(f(x), x = -2..2)

Um die Kandidaten fur die Extrema zu finden, werden (numerische Approximationen

dieresis prime

der) Losungen der Gleichung f (x) = 0 berechnet. Fur numerische Losungen sind die

dieresis dieresis dieresis

MuPAD-Funktionen numeric::solve oder auch numeric::fsolve zustandig. Fur po-

dieresis dieresis

lynomiale Gleichungen wird eine Menge aller Losungen geliefert. Die einzelnen Losungen

dieresis dieresis

lassen sich durch indizierten Zugriff " Kandidaten[1] etc. auswahlen:
dieresis

quotedblright

>> Kandidaten:= numeric::solve(f'(x) = 0, x)

{-1.346997409, -0.1260001926, 1.472997601}

Diese Werte werden in die 2-te Ableitung von f eingesetzt:

>> f''(Kandidaten[1])

-13.77282422

>> f''(Kandidaten[2])

7.809487418

>> f''(Kandidaten[3])

-18.0366632

Nach Satz 6.34 ist der erste Kandidat ein Maximum, der zweite Kandidat ein Minimum,

der dritte Kandidat ein Maximum. Die Graphik bestatigt dies.
dieresis

6.5 Die de l'Hospitalsche Regel

4.7.02arrowdown 0

In endash Situationen kann man durch Ableiten auch Grenzwerte bestimmen.

0


6.5. DIE DE L'HOSPITALSCHE REGEL 109

Satz 6.36: (de l'Hospitalsche Regel)

Seien f und g diff erenzierbar, es gelte f(x ) = g(x ) = 0. Dann gilt
0 0

prime
f(x) f (x)

lim = lim ,

prime

xarrowright x xarrowright x

g(x) g (x)
0 0

falls der rechte Grenzwert existiert.

Beweis:" Intuitiv: Approximiere Zahler und Nenner durch das Taylorendash dieresis

quotedblright Polynom ersten Grades:

prime prime prime

f(x) f(x ) + f (x ) periodcentered (x minus x ) f (x ) periodcentered (x minus x ) f (x )
0 0 0 0 0 0

approxequal = = .

prime prime prime

g(x) g(x ) + g (x ) periodcentered (x minus x ) g (x ) periodcentered (x minus x ) g (x )
0 0 0 0 0 0

Fur eine saubere Durchfuhrung des Beweises benutze man den Mittelwertdieresis dieresis prime prime

satz 6.20 (unter der Zusatzannahme, dass f und g stetig seien. Die Regel

gilt aber auch ohne diese Stetigkeit.)

Q.E.D.

Beispiel 6.37: Betrachte erneut die Funktion

bracelefttp xe minus 1

braceex braceleftmid fur x negationslash = 0,
dieresis

x
f(x) = braceex braceleftbt 1 fur x = 0

dieresis

0

aus Beispiel 4.12. Fur den Punkt x = 0 liegt eine endash Situation vor. Mit de l'Hospital dieresis 0 0

folgt d x

x x

(e minus 1)
e minus 1 e x 0

dx

lim = lim = lim = lim e = e = 1,

d

xarrowright 0 xarrowright 0 xarrowright 0 xarrowright 0
x 1
x

dx

wobei in jedem Schritt die Existenz des jeweils rechts stehenden Grenzwerts vorausge-

setzt wird (was gerechtfertigt ist, sobald man ganz rechts angekommen ist).

Die de l'Hospitalsche Regel kann auch mehrfach hintereinander angewendet wer-

den:

2periodcentered x
e minus 1 minus 2 periodcentered x

Beispiel 6.38: Betrachte lim . Nach einer Anwendung von de l'Hospital

2
xarrowright 0 x 0

triff t man beim Quotienten der Ableitungen wieder auf eine endash Situation und kann de

0

l'Hospital erneut anwenden:

d 2periodcentered x
2periodcentered x 2periodcentered x

(e minus 1 minus 2 periodcentered x)
e minus 1 minus 2 periodcentered x 2 periodcentered e minus 2

dx

lim = lim = lim

d
2 2

xarrowright 0 xarrowright 0 xarrowright 0
x 2 periodcentered x
x

dx

d 2periodcentered x
2periodcentered x 2periodcentered x

(e minus 1)
e minus 1 2 periodcentered e 2periodcentered 0

dx

= lim = lim = lim = 2 periodcentered e = 2.

d

xarrowright 0 xarrowright 0 xarrowright 0
x 1
x

dx


110 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG

Bemerkung 6.39: Die de l'Hospitalsche Regel

prime
f(x) f (x)

lim = lim prime

xarrowright x xarrowright x

g(x) g (x)
0 0

gilt auch fur lim f(x) = lim g(x) = infinity .
dieresis xarrowright x xarrowright x

0 0

1 1
prime prime

Beispiel 6.40: Mit f(x) = ln(x + 1), g(x) = ln(x), f (x) = , g (x) = :

x+1 x

1

ln(x + 1) x 1
(asteriskmath )
x+1

lim = lim = lim = lim = 1,

1

xarrowright infinity xarrowright infinity xarrowright infinity xarrowright infinity
ln(x) x+ 1 1

x

wobei in (asteriskmath ) de l'Hospital ein zweites Mal angewendet wurde.

Beispiel 6.41: Mit kleinen Tricks bekommt man eine de l'Hospital-Technik auch

infinity

sofort fur Situationen wie z.B. 0 periodcentered infinity oder auch 1 .
dieresis

Fur 0 periodcentered infinity ist der Standardtrick, infinity als 1/0 (oder manchmal 0 als 1/infinity ) zu schreiben.

dieresis

Z.B.: d 1/x

1/x (e minus 1)

e minus 1
1/x dx

lim x periodcentered (e minus 1) = lim = lim d 1

xarrowright infinity xarrowright infinity xarrowright infinity
1/x dx x

1 1/x

minus periodcentered e
2 1/x
x

= lim = lim e = 1.

1

xarrowright infinity xarrowright infinity
minus 2x

1

Hierbei wurde die ursprungliche infinity periodcentered 0endash Situation durch das Umschreiben x = in dieresis 1/x

0

eine endash Situation verwandelt, auf die de l'Hospital anwendbar ist.
0

infinity

Fur eine 1 endash Situation ist der Standardtrick, die identische Abbildung in der Form dieresis infinity

y = exp(ln(y)) einzubringen, was die 1 endash Situation in ein 0 periodcentered infinity endash Problem verwandelt

(welches dann wie oben zu behandeln ist). Beispiel:

lim (x periodcentered ln(x))
x
x ln(x ) xperiodcentered ln(x) xarrowright 0+0

lim x = lim e = lim e = e .

xarrowright 0+0 xarrowright 0+0 xarrowright 0+0

Hier ist das 0periodcentered (minus infinity )endash Problem lim x periodcentered ln(x) entstanden, was wie oben per de l'Hospital

xarrowright 0+0

infinity minus infinity

gelost wird, indem es in ein endash Problem (genauer: in ein endash Problem) umgeschrieben dieresis infinity infinity

wird:

d 1

ln(x)
ln(x) dx x

lim x periodcentered ln(x) = lim = lim = lim = lim (minus x) = 0

1
d 1
xarrowright 0+0 xarrowright 0+0 xarrowright 0+0 xarrowright 0+0 xarrowright 0+0
1/x minus 2x

dx x

lim x periodcentered ln(x)

x 0
xarrowright 0+0

arrowdblright lim x = e = e = 1.

xarrowright 0+0

Der Grenzwert wird durch die folgende MuPADendash Graphik bestatigt:
dieresis


xx0 0 0.25 0.5 0.75 10.250.50.75yy 1 x^x

6.5. DIE DE L'HOSPITALSCHE REGEL 111

>> plotfunc2d(x^x, x = 0..1, ViewingBox = [0..1, 0..1])


112 KAPITEL 6. DIFFERENTIALRECHNUNG


Kapitel 7

Integration

7.1 Stammfunktionen: das unbestimmte Integral

Die Integration ist die Umkehrung der Diff erentiation: zu einer gegebenen Funk-

tion f(x) sucht man eine Funktion F (x), deren Ableitung f(x) ist.

7.1.1 Definitionen, Grundintegrale

Definition 7.1: (Stammfunktion)

F (x) heißt Stammfunktion" einer (hinreichend glatten) Funktion

quotedblright d

f(x), wenn F (x) = f(x) gilt. Alternativ nennt man F (x) auch das
dx

unbestimmte Integral uber f(x)" und benutzt auch die Notation
dieresis

integraltext
quotedblright F (x) = f(x) dx. Die Funktion f(x) unter dem Integralzeichen wird als

Integrand" bezeichnet.

quotedblright

Bemerkung 7.2: Stammfunktionen sind nicht eindeutig bestimmt. Da die Ableitung einer konstanten Funktion uberall 0 ist, kann man zu einer Stammfunkdieresis tion eine beliebige Konstante hinzuaddieren, wobei man eine neue Stammfunktion erhalt. Andererseits, hat f(x) keine Singularitaten (Polstellen etc.), so sind dieresis dieresis

Stammfunktionen stetig und die Diff erenz zweier stetiger Stammfunktionen ist

immer eine Konstante.

2 2

x x

Beispiel 7.3: Zu f(x) = x sind F (x) = und F (x) = + 17 Stammfunktion. 1 2
2 2

Die beliebige additive Konstante in Stammfunktionen (die Integrationskonstante")

quotedblright

wird folgendermaßen ausgedruckt:
dieresis

integraldisplay 2x

x dx = + c.

2

integraltext

Damit ist gemeint: f(x) dx stellt die Klasse aller Stammfunktionen dar (d.h., in

integraltext integraltext

der Schreibweise f(x) dx steckt die additive Konstante sozusagen im -Symbol und

113


114 KAPITEL 7. INTEGRATION braucht nicht explizit hingeschrieben zu werden). Sobald das Integralzeichen durch

2x

einen konkreten Reprasentanten dieser Klasse (hier ) ersetzt wird, schreiben wir die

dieresis 2

beliebige additive Konstante explizit dazu.

Bemerkung 7.4: Mit dieser Konvention gilt trivialerweise fur jede diff erenzierdieresis

bare Funktion F (x): integraldisplay prime F (x) dx = F (x) + c .

Grundintegrale 7.5:

Aus der in Satz 6.6 gegebenen (kleinen) Liste von Ableitungen erhalt man
dieresis

eine (kleine) Liste von Stammfunktionen fur die einfachen Grundfunktio-
dieresis

nen: integraldisplay n+1

x
n

x dx = + c, (n =negationslash 0)

n + 1

integraldisplay 1 dx = ln(|x|) + c, (Beispiel 6.18)

x

integraldisplay x x

e dx = e + c,

integraldisplay

sin(x) dx = minus cos(x) + c,

integraldisplay

cos(x) dx = sin(x) + c.

Beispiel 7.6: In MuPAD ist die Funktion int (engl.: integrate) fur die Integration

dieresis

zustandig. Fur die Integrationskonstante wird dabei vom System automatisch ein be-

dieresis dieresis quotedblright

sonders einfacher" Wert gewahlt:
dieresis

>> int(cos(x), x)

sin(x)

>> int(x*sin(x)*exp(x), x)

cos(x) exp(x) x cos(x) exp(x) x sin(x) exp(x)

------------- - --------------- + ---------------

2 2 2


7.1. STAMMFUNKTIONEN: DAS UNBESTIMMTE INTEGRAL 115 Fur aus den einfachen Grundfunktionen aufgebaute Funktionen wurde man gern dieresis dieresis

per Rechenregeln die Integration komplizierter Funktionen auf die Integration einfacher Funktionen zuruckfuhren. Leider ist das nicht so einfach. In der Tat dieresis dieresis

entspricht jeder Rechenregel der Diff erentiation (Satz 6.6, Satz 6.12) eine Regel fur's Integrieren. Die sich ergebenden Regeln sind aber nicht so, daß man damit dieresis automatisch alle Integrationen auf Grundintegrale zuruckfuhren kann. Zunachst dieresis dieresis dieresis

die einfachsten Regeln:

Satz 7.7: (Summenregel)

Fur beliebige Konstanten a, b und Funktionen f(x), g(x) gilt
dieresis

integraldisplay integraldisplay integraldisplay
parenleftBig parenrightBig

a periodcentered f (x) + b periodcentered g(x) dx = a periodcentered f(x) dx + b periodcentered g(x) dx.

Das ist durch Diff erenzieren beider Seiten dieser Gleichung unmittelbar klar.

Merke:

Konstante Faktoren konnen stets aus dem Integralzeichen herausge-
dieresis

zogen werden. Das Integral einer Summe ist die Summe der Integrale.

Beispiel 7.8:

integraldisplay integraldisplay integraldisplay integraldisplay
parenleftBig parenrightBig

1 1 1 1 1

x x minus x minus

2 2

radical radical radical
2 periodcentered e + dx = 2 periodcentered e dx + x dx = 2 periodcentered e + c + x dx

1

2 x 2 2

1 1

minus +1

2 2
1 x 1 x

x x

radical radical
= 2 periodcentered e + c + periodcentered + c = 2 periodcentered e + periodcentered + c + c
1 2 1 2
1 1 bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

minus + 1
2 2

2 2 c

radical
radical radical
2

x x

radical
= 2 periodcentered e + periodcentered x + c = 2 periodcentered e + 2 periodcentered x + c.

2

Hierbei wurden die einzelnen Integrationskonstanten c , c zu einer neuen beliebigen

1 2

Konstanten c = c + c zusammengefaßt.
1 2

7.1.2 Partielle Integration

Aus der Produktregel

parenleftBig parenrightBig
d prime prime

f(x) periodcentered g(x) = f (x) periodcentered g(x) + f(x) periodcentered g (x)

dx

der Diff erentiation gewinnt man durch Integration

integraldisplay integraldisplay

prime prime
f(x) periodcentered g(x) + c = f (x) periodcentered g(x) dx + f(x) periodcentered g (x) dx.

Diese Gleichung liefert eine Integrationsregel, die man partielle Integration"

quotedblright

nennt:


116 KAPITEL 7. INTEGRATION

Satz 7.9: (Partielle Integration)

integraldisplay integraldisplay

prime prime
f(x) periodcentered g (x) dx = f(x) periodcentered g(x) minus f (x) periodcentered g(x) dx.

Bemerkung 7.10: Diese Regel ist in folgender Situation anwendbar:

* Der Integrand muß das Produkt zweier Funktionen sein.

prime
* Von einem Faktor (g (x)) muß man die Stammfunktion g(x) kennen.

prime prime

Ein Integral (uber f(x) periodcentered g (x)) wird in ein anderes Integral (uber f (x) periodcentered g(x)) dieresis dieresis

uberfuhrt, es verbleibt also die Aufgabe, eine Stammfunktion zu finden. Allerdieresis dieresis prime

dings ist manchmal das Produkt f (x) periodcentered g(x) einfacher zu integrieren als das

prime
Ausgangsprodukt f(x) periodcentered g (x):

prime
* Sinnvoll ist partielle Integration meist, wenn die Ableitung f (x) einfaquotedblright prime

cher" ist als f(x) und g(x) nicht wesentlich komplizierter" als g (x).

quotedblright

integraltext

Beispiel 7.11: Im Integral xperiodcentered ln(x) dx ist f(x) = ln(x) eine unangenehme" Funktion,

quotedblright

1
prime

wahrend f (x) = als rationale Funktion wesentlich angenehmer ist:
dieresis x

integraldisplay integraldisplay
2 2

x 1 x

x periodcentered ln(x) dx = ln(x) periodcentered minus periodcentered dx
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright 2 x 2

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
prime g (x) f (x) f(x) prime

g(x) f (x) g(x)

integraldisplay
2 2 2

x x x x

= ln(x) periodcentered minus dx = ln(x) periodcentered minus + c .

2 2 2 4

Probe: parenleftBig parenrightBig

2 2 2
d x x 1 x x

ln(x) periodcentered minus + c = periodcentered + ln(x) periodcentered x minus = ln(x) periodcentered x.

dx 2 4 x 2 2

Es gibt keine allgemeine Regel, was einfach" und was kompliziert" ist. Im

quotedblright quotedblright

1
prime

obigen Fall war f (x) = einfacher als f(x) = ln(x). Im folgenden Beispiel ist

x prime

f(x) = x kompliziert", zumindestens komplizierter" als f (x) = 1:

quotedblright quotedblright

Beispiel 7.12: integraldisplay integraldisplay

x x x
x periodcentered e dx = x periodcentered e minus 1 periodcentered e dx

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

prime prime
f(x) g (x) f(x) g(x) f (x) g(x)

integraldisplay

x x x x x
= x periodcentered e minus e dx = x periodcentered e minus e + c = (x minus 1) periodcentered e + c.


7.1. STAMMFUNKTIONEN: DAS UNBESTIMMTE INTEGRAL 117 Manchmal braucht man einfach Erfahrung um zu sehen, daß partielle Integra-

tion hilfreich ist:

Beispiel 7.13:

integraldisplay integraldisplay integraldisplay

2
sin(x) dx = sin(x) periodcentered sin(x) dx = sin(x) periodcentered (minus cos(x)) minus cos(x) periodcentered (minus cos(x)) dx

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

prime prime
f(x) g (x) f(x) g(x) f (x) g(x)

integraldisplay 2

= minus sin(x) periodcentered cos(x) + cos(x) dx.

integraltext integraltext

2 2
Das war bislang nicht sehr erfolgreich: sin(x) dx wurde durch cos(x) dx ausge-

2 2

druckt. Allerdings gilt sin(x) + cos(x) = 1, sodaß das verbleibende Integral wiederum dieresis

durch das Ausgangsintegral ausgedruckt werden kann:
dieresis

integraldisplay integraldisplay integraldisplay integraldisplay

2 2 2
cos(x) dx = 1 dx minus sin(x) dx = x minus sin(x) dx.

integraltext 2

Dies liefert eine Gleichung fur sin(x) dx:
dieresis

integraltext integraltext

2 2
sin(x) dx = minus sin(x) periodcentered cos(x) + cos(x) dx

integraltext 2

= minus sin(x) periodcentered cos(x) + x minus sin(x) dx

integraltext 2

arrowdblright 2 periodcentered sin(x) dx = x minus sin(x) periodcentered cos(x) + c

parenleftBig parenrightBig
integraltext 1

2
arrowdblright sin(x) dx = periodcentered x minus sin(x) periodcentered cos(x) + ctilde

2

(mit einer neuen Integrationskonstante ctilde = c/2).

7.1.3 Substitution arrowdown 5.7.02

Aus der Kettenregel der Diff erentiation (mit y = g(x))

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
d d d prime prime

F (g(x)) = F (y) periodcentered g(x) = F (g(x)) periodcentered g (x)

dx dy dx

gewinnt man durch Integration integraldisplay prime prime

F (g(x)) + c = F (g(x)) periodcentered g (x) dx.

prime
Diese Gleichung liefert mit f = F eine Integrationsregel, die man Integration

quotedblright

durch Substitution" nennt:

Satz 7.14: (Substitution)

Sie F (y) eine Stammfunktion von f(y). Mit y = g(x) gilt

integraldisplay integraldisplay

prime
f(g(x)) periodcentered g (x) dx = f(y) dy = F (y) + c = F (g(x)) + c.

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

dy


118 KAPITEL 7. INTEGRATION

dy

Hierbei lauft die Substitution auf Folgendes hinaus. Aus y = g(x) folgt = dieresis dx

prime g (x), also formal prime

dy = g (x) dx.

Eine Substitution bietet sich auf jeden Fall an, wenn der Integrand einen Faktor prime g (x) enthalt, der die Ableitung eines Teilausdrucks g(x) im anderen Faktor ist:

dieresis

integraltext sin(x)

Beispiel 7.15: In cos(x) periodcentered e dx bietet es sich an, y = g(x) = sin(x) zu substituie-

prime
ren, denn die Ableitung g (x) = cos(x) taucht als Faktor im Integranden auf. Es ergibt

sich

y=g(x)

integraldisplay integraldisplay integraldisplay
bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright

sin(x) sin(x) y y sin(x)
cos(x) periodcentered e dx = e cos(x) dx = e dy = e + c = e + c.

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

prime g (x)periodcentered dx=dy

integraltext integraltext

1 1

Beispiel 7.16: Wir kennen dy = ln(|y|). Wie steht es mit dx? Dies ist ein y aperiodcentered x+b

Fall fur die Substitution. Wir setzen y = g(x) = a periodcentered x + b (also dy = a dx) und erweitern

dieresis 1 1

mit a, sodaß dx = periodcentered a dx = dy auftaucht:
a a

dy
integraldisplay integraldisplay integraldisplay

bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright
1 1 1 1 1

dx = periodcentered periodcentered a dx = dy

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
a periodcentered x + b a a periodcentered x + b a y

prime g (x)

1 1

= periodcentered ln(|y|) + c = periodcentered ln(|a periodcentered x + b|) + c.

a a

integraltext prime g (x)

Beispiel 7.17: In dx bietet sich die Substitution y = g(x) an:
g(x)

integraldisplay integraldisplay
prime g (x) 1

dx = dy = ln(|y|) + c = ln(|g(x)|) + c.

g(x) y

Bemerkung 7.18: Es bietet sich allgemein an, eine Substitution y = g(x) in

integraltext

einem Integral h(x) dx technisch folgendermaßen durchzufuhren:
dieresis

dy prime

* Setze y = g(x) und berechne die Ableitung = g (x). Formal gilt dy =

dx

prime g (x) dx.

h(x)
dy

* Ersetze dx durch . Drucke im neuen Integranden h(x) dx = dy dieresis prime prime

g (x) g (x)

jedes x durch y aus.


7.1. STAMMFUNKTIONEN: DAS UNBESTIMMTE INTEGRAL 119

* Es entsteht ein Ausdruck

integraldisplay integraldisplay integraldisplay

1

h(x) dx = h(x(y)) periodcentered dy = f(y) dy.
prime g (x(y))

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

f(y)

integraltext

Versuche, eine Stammfunktion F (y) = f(y) dy zu finden.

* Rucksubstitution": Setze y = g(x) in F (y) ein. Die gesuchte Stamm-
dieresis

quotedblright funktion des ursprunglichen Ausdrucks ist F (g(x)).

dieresis

Manchmal ist es nicht off ensichtlich, was man substituieren sollte. Hier hilft nur

Erfahrung oder ein guter Tip:

radical dy 1 1 1 1

radical radical Beispiel 7.19: Substituiere y = x, = periodcentered (arrowdblright dy = periodcentered dx) in

dx 2 2
x x

integraldisplay integraldisplay integraldisplay

radical
radical radical
x y 2 y

x periodcentered e dx = y periodcentered e periodcentered 2 periodcentered x dy = 2 periodcentered y periodcentered e dy.

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

dx

Das verbleibende Integral in y kann durch zweifache partielle Integration gelost werden:
dieresis

integraldisplay integraldisplay

2 y 2 y y

2 periodcentered y periodcentered e dy = 2 periodcentered y periodcentered e minus 2 periodcentered 2 periodcentered y periodcentered e dy

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

prime g (y) g(y) prime g(y)
f(y) f(y) f (y)

integraldisplay integraldisplay

2 y y 2 y y y

= 2 periodcentered y periodcentered e minus 4 periodcentered y periodcentered e dy = 2 periodcentered y periodcentered e minus 4 periodcentered y periodcentered e +4 periodcentered 1 periodcentered e dy

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

prime prime

G (y) G(y) F (y) G(y)
F (y) F (y)

2 y y y
= 2 periodcentered y periodcentered e minus 4 periodcentered y periodcentered e + 4 periodcentered e + c.

radical

Rucksubstitution y = x liefert letztlich:
dieresis

integraldisplay radical radical radical radical

radical radical
x x x x

x periodcentered e dx = 2 periodcentered x periodcentered e minus 4 periodcentered x periodcentered e + 4 periodcentered e + c.

7.1.4 Rationale Integranden: Partialbruchzerlegung arrowdown 11.7.02

Rationale Integranden lassen sich uber die Technik der Partialbruchzerlegung"
dieresis quotedblright

immer so umformulieren, daß man eine Stammfunktion bestimmen kann. Hier

der Spezialfall, wenn das Nennerpolynom nur einfache Nullstellen hat:


120 KAPITEL 7. INTEGRATION

Satz 7.20: (Partialbruchzerlegung)

p(x)

Betrachte f(x) = mit Polynomen p(x) und q(x), wobei grad(p(x)) <
q(x)

grad(q(x)) gelte. Hat das Nennerpolynom q(x) nur einfache Nullstellen

x , . . . , x , so gibt es Konstanten c , . . . , c , sodaß
1 n 1 n

p(x) c c
1 n

= + periodcentered periodcentered periodcentered + .

q(x) x minus x x minus x
1 n

Damit folgt dann

integraldisplay p(x) dx = c periodcentered ln(|x minus x |) + periodcentered periodcentered periodcentered + c periodcentered ln(|x minus x |) + c.

1 1 n n

q(x)

Beispiel 7.21: Die technische Durchfuhrung geschieht folgendermaßen:
dieresis

1) Ansatz: 3 periodcentered x + 4 c c

1 2

= + .

(x minus 1) periodcentered (x + 2) x minus 1 x + 2

2) Bringe die rechte Seite auf den Hauptnenner:

c c c periodcentered (x + 2) + c periodcentered (x minus 1)
1 2 1 2

+ =

x minus 1 x + 2 (x minus 1) periodcentered (x + 2)

3) Ordne den Zahler nach Potenzen von x:
dieresis

c periodcentered (x + 2) + c periodcentered (x minus 1) (c + c ) periodcentered x + (2 periodcentered c minus c )
1 2 1 2 1 2

= .

(x minus 1) periodcentered (x + 2) (x minus 1) periodcentered (x + 2)

4) Der Ansatz lautet nun:

3 periodcentered x + 4 (c + c ) periodcentered x + (2 periodcentered c minus c )
1 2 1 2

= .

(x minus 1) periodcentered (x + 2) (x minus 1) periodcentered (x + 2)

Die Nenner stimmen nach Konstruktion uberein. Es verbleibt, die Konstanten c , c
dieresis 1 2 so zu bestimmen, daß auch die Zahler fur alle x ubereinstimmen. Vergleiche dazu im

dieresis dieresis dieresis

Zahler die Koeffi zienten vor jeder x-Potenz:
dieresis

3 = c + c , 4 = 2 periodcentered c minus c .
1 2 1 2

4) Lose das entstandene lineare Gleichungssystem fur die unbekannten Koeffi zienten:
dieresis dieresis

7 2

c = , c = .
1 2

3 3

Ergebnis:

integraldisplay integraldisplay 7 2
parenleftBig parenrightBig

3 periodcentered x + 4 7 2
3 3

dx = + dx = ln(|x minus 1|) + ln(|x + 2|) + c.

(x minus 1) periodcentered (x + 2) x minus 1 x + 2 3 3


7.1. STAMMFUNKTIONEN: DAS UNBESTIMMTE INTEGRAL 121 Beispiel 7.22: In MuPAD ist die Funktion partfrac (engl.: partial fraction) fur die

dieresis

Partialbruchzerlegung zustandig:
dieresis

>> partfrac((3*x + 4) / ((x - 1)*(x + 2)), x)

7 2

--------- + ---------

3 (x - 1) 3 (x + 2)

Bemerkung 7.23: Die Partialbruchzerlegung haben wir schon fruher beim dieresis

Summieren rationaler Ausdrucke kennengelernt: siehe Beispiel 3.31.
dieresis

p(x)

Bemerkung 7.24: Hat man einen rationalen Integranden , bei dem der

q(x)

Grad des Zahlerpolynoms nicht kleiner ist als der Grad des Nennerpolynoms dieresis (dies wird in Satz 7.20 vorausgesetzt), so ist dies auch kein Problem. Durch

Polynomdivision kann man einen polynomialen Anteil abspalten, z.B.:

3 2
2 periodcentered x + x + 2 2 periodcentered x + 3

= 2 periodcentered x + 1 + .

2 2
x minus 1 x minus 1

Die Division wird dabei wie mit Zahlen durchgefuhrt (man zieht sukzessiv den dieresis

fuhrenden Term" durch ein geeignetes Vielfaches des Nenners ab):
dieresis

quotedblright 3 2 2

2 periodcentered x + x + 2 : x minus 1 = 2 periodcentered x + 1

3
2 periodcentered x minus 2 periodcentered x

2x + 2 periodcentered x + 2

2x minus 1

2 periodcentered x + 3 (der Rest)

Der verbleibende Rest kann durch Partialbruchzerlegung additiv zerlegt werden,

das Ergebnis ist:

>> partfrac((2*x^3 + x^2 + 2)/(x^2 -1), x)

5 1

2 x + --------- - --------- + 1

2 (x - 1) 2 (x + 1)

Es folgt

integraldisplay integraldisplay 5 1

parenleftBig parenrightBig
3 2

2 periodcentered x + x + 2 2 2

dx = 2 periodcentered x + 1 + minus dx

2
(x minus 1) xminus 1 x+ 1

5 1
2

= x + x + ln(|x minus 1|) minus ln(|x + 1|) + c.

2 2

Probe mit MuPAD:


122 KAPITEL 7. INTEGRATION

>> int((2*x^3 + x^2 + 2)/(x^2 -1), x)

2 5 ln(x - 1) ln(x + 1)

x + x + ----------- - ---------

2 2

(MuPAD verzichtet darauf, innerhalb des ln Betragszeichen einzutragen, denn MuPAD kann mit komplexen Zahlen umgehen. Fur positives x gilt ln(minus x) = dieresis

radical minus 1 periodcentered pi +ln(x), d.h., ln(minus x) und ln(x) stimmen bis auf eine additive (komplexe) Konstante uberein. Diese kann in die Integrationskonstante absorbiert werden). dieresis Bemerkung 7.25: Fur die Partialbruchzerlegung braucht man die Faktorisiedieresis rung q(x) = (x minus x ) periodcentered periodcentered periodcentered periodcentered periodcentered (x minus x ) des Nennerpolynoms, d.h., man muß die

1 n

Nullstellen x , . . . , x von q(x) finden.
1 n

7.2 Das bestimmte Integral

Die geometrische Interpretation eines bestimmten Integrals ist die Flache unter dieresis einem Funktionsgraphen f(t). Man zerlege ein Interval [a, b] auf der t-Achse

aquidistant in n Teilintervalle [t , t ] mit
dieresis i i+1

b minus a

t = a + i periodcentered , i = 0, . . . , n.
i n

Dann approximiere man den Flacheninhalt durch die Flachen der durch die dieresis dieresis

Punkte

(t , 0), (t , f (t )), (t , f (t )), (t , 0)
i i i i+1 i i+1

bminus a

gegebenen Rechtecke (mit der Breite ):
n

f(t)
a54 a24 a88

a24 a88

a8 a72
a8 a72

a8 a72
a8 a72 a81 a81 a90 a90 a45 t

a = t t t . . . t t . . . t = b
0 1 2 i i+1 n

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

bminus an

nminus 1

summationdisplay
b minus a

Die Summe der n Rechteckflachen ist periodcentered f(t ). Im Grenzwert n arrowright infinity dieresis k

n k=0

liefert dies die Flache unter dem Graphen.
dieresis


7.2. DAS BESTIMMTE INTEGRAL 123

Definition 7.26: (Das bestimmte Integral)

Zu einer uber dem Intervall [a, b] definierten (hinreichend glatten, z.B.
dieresis

stetigen) Funktion f(t) (dem Integranden") wird das bestimmte

quotedblright quotedblright

Integral" uber [a, b] definiert als
dieresis

integraldisplay nminus 1 parenleftBig parenrightBig
b summationdisplay

b minus a b minus a

f(t) dt = lim f a + k periodcentered

narrowright infinity n n
a k=0

(sofern dieser Grenzwert existiert).

Dies ist lediglich eine prinzipielle Definition, die zur Berechnung vollig ungedieresis eignet ist. Die wirkliche Berechnung geschieht uber Stammfunktionen von f(t), dieresis sobald der Zusammenhang zwischen dem bestimmten Integral und dem unbe-

stimmten Integral geklart ist (nachster Abschnitt).
dieresis dieresis

Bemerkung 7.27: Das bestimmte Integral kann auch negative Werte annehmen (z.B., wenn uberall f(t) < 0 gilt). Die Interpretation als Flache unter dem dieresis dieresis

quotedblright

Graphen" gilt nur fur positive Funktionen.
dieresis Bestimmte Integrale konnen additiv zerlegt werden. Man stelle sich dazu eine dieresis positive Funktion f(t) vor, d.h., das Integral von a bis b ist die Flache unter dieresis dem Graphen von t = a bis t = b. Diese Flache setzt sich zusammen aus der dieresis Flache unter dem Graphen von t = a bis t = c und der Flache von t = c bis dieresis dieresis

t = b, wobei der Zerlegungspunkt c beliebig gewahlt werden kann:
dieresis

Satz 7.28: (Zerlegung bestimmter Integrale)

Fur beliebiges a, b, c gilt:
dieresis

integraldisplay integraldisplay integraldisplay
c b b

f(t) dt + f(t) dt = f(t) dt.

a c a

Konvention 7.29:

Wir setzen integraldisplay integraldisplay

a b

f(t) dt = minus f(t) dt,

b a

integraltext b

womit wir in f(t) dt nun auch b < a zulassen konnen. Speziell gilt
dieresis

a

integraldisplay integraldisplay
a a

f(t) dt = minus f(t) dt = 0.

a a

Mit dieser Konvention gilt Satz 7.28 auch fur Zerlegungspunkte c, die außerhalb dieresis

des Intervalls [a, b] liegen.


124 KAPITEL 7. INTEGRATION Bemerkung 7.30: In MuPAD ist die Funktion int sowohl fur bestimmte als dieresis

auch fur unbestimmte Integrale zustandig:
dieresis dieresis

>> int(exp(-2*x), x)

1

- ---------

2

2 exp(x)

>> int(exp(-2*t), t = 0..5)

1

1/2 - ---------

2

2 exp(5)

>> float(\%)

0.4999773

integraltext

Bemerkung 7.31: Man beachte, daß das unbestimmte Integral f(x) dx ei-

integraltext b

ne Funktion in x ist, wahrend das bestimmte Integral f(t) dt fur konkrete dieresis dieresis

a

Zahlenwerte a, b einen Zahlenwert darstellt. Diesen kann man numerisch approximieren, indem man z.B. die in der Definition 7.26 gegebene Summe fur großes dieresis

n ausrechnet. Alternativ zur Riemann-Summe"

quotedblright

integraldisplay nminus 1 parenleftBig parenrightBig
b summationdisplay

b minus a b minus a

f(t) dt approxequal periodcentered f a + k periodcentered

n n
a k=0

ist es gunstiger, stattdessen die Trapez-Summe"
dieresis quotedblright

parenleftBigg parenrightBigg

integraldisplay nminus 1 parenleftBig parenrightBig
b summationdisplay

b minus a f(a) b minus a f(b)

f(t) dt approxequal + f a + k periodcentered +

n 2 n 2
a k=1

bminus a

zu berechnen, die sich mit t = a + k periodcentered auch als
k n

nminus 1

summationdisplay

b minus a f(t ) + f(t )
k k+1

periodcentered

n 2

k=0

f(t )+f(t )
bminus a k k+1

schreiben laßt. Hierbei ist periodcentered die Flache des durch die 4 Punkte dieresis dieresis

n 2

(t , 0), (t , f(t )), (t , f (t )), (t , 0)
k k k k+1 k+1 k+1

definierten Trapezes (d.h., die Flache unter dem Graphen von f(t) wird nicht dieresis

durch Rechtecke, sondern durch Trapeze angenahert).
dieresis


7.3. DER HAUPTSATZ 125

f(t) f(t )
a40
a40 a16 k+1

a16
a24
a24 a16

a16
a54 a16
a16 a16

a16 a16

a8 a16

a8 a16
f(t )k

Trapezflache
dieresis

a45 t

t t
k k+1

Bemerkung 7.32: In MuPAD ist die Funktion numeric::int fur die numeridieresis sche Berechnung von bestimmten Integralen zustandig. Sie arbeitet auch dann, dieresis wenn der symbolische Integrator kein Ergebnis liefert (weil er keine Stammfunk-

tion findet):

>> int(exp(sqrt(t))*sqrt(t), t = 0..10)

1/2 1/2

int(t exp(t ), t = 0..10)

>> numeric::int(exp(sqrt(t))*sqrt(t), t = 0..10)

264.1573027

7.3 Der Hauptsatz: Zusammenhang zwischen be-

stimmtem und unbestimmtem Integral

arrowdown 12.7.02
integraltext b

Es verbleibt das Problem, wie man eff ektiv bestimmte Integrale f(t) dt ohne

a

den garstigen Grenzwert von Riemannendash Summen berechnen kann. Hier kommt die wesentliche Beobachtung ins Spiel, daß man mit unbestimmten Integralen

(Stammfunktionen) bestimmte Integrale ausrechnen kann.

Satz 7.33: (Der Hauptsatz der Diff erentialendash und Integralrechnung, Version 1)

Betrachte integraldisplay x

F (x) = f(t) dt.
a a

Fur stetiges f ist F diff erenzierbar, und es gilt
dieresis a

d F (x) = f(x),

a

dx

d.h., F (x) ist eine Stammfunktion von f(x).
a


126 KAPITEL 7. INTEGRATION

Beweisidee": Es gilt

quotedblright integraldisplay integraldisplay integraldisplay

x+h x x+h
(7.28)

Delta F = F (x + h) minus F (x) = f(t) dt minus f(t) dt = f(t) dt.
a a a a a x

Nahern wir auf dem (kleinen) Interval [x, x + h] die Funktion durch den kondieresis

stanten Wert f(t) approxequal f(x) an, so gilt

integraldisplay integraldisplay nminus 1
x+h x+h summationdisplay

h

Delta F = f(t) dt approxequal f(x) dt = lim periodcentered f(x)
a narrowright infinity n

x x k=0

nminus 1

summationdisplay
h h

= lim periodcentered f(x) periodcentered 1 = lim periodcentered f(x) periodcentered n = lim h periodcentered f(x) = h periodcentered f(x).

narrowright infinity narrowright infinity narrowright infinity
n n

k=0

Damit laßt sich die Ableitung von F (x) berechnen:
dieresis a

d F (x + h) minus F (x) h periodcentered f(x)
a a

F (x) = lim = lim = f(x).
a harrowright 0 harrowright 0

dx h h

Bemerkung 7.34: Stammfunktionen sind nur bis auf additive Konstanten bestimmt. Dies wird in der Darstellung einer Stammfunktion uber F (x) = dieresis a

integraltext x f(t) dt dadurch deutlich, daß die untere Grenze a beliebig wahlbar ist. Die

dieresis

a integraltext a

Konstante ist hier durch die Bedingung F (a) = f(t) dt = 0 festgelegt. Bei

a a

unterschiedlicher Wahl der unteren Grenze ist die Diff erenz der entsprechenden

Stammfunktionen in der Tat eine Konstante:

integraldisplay integraldisplay
x x

F (x) minus F (x) = f(t) dt minus f(t) dt

a a
1 2 a a

1 2

parenleftbigg parenrightbigg
integraldisplay integraldisplay integraldisplay integraldisplay

a x x a
2 2

(7.28)

= f(t) dt + f(t) dt minus f(t) dt = f(t) dt.

a a a a
1 2 2 1

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

unabhangig von x
dieresis Bestimmte Integrale sind also Stammfunktionen, wenn man sie als Funktion der oberen Grenze auff aßt. Umgekehrt, kennt man ein Stammfunktion, so liefert sie ein bestimmtes Integral, denn alle Stammfunktionen F (x) von f(x) unterschei-

den sich nur um eine additive Konstante, d.h., es muss gelten

integraldisplay x

F (x) = f(t) dt = F (x) + c.
a a

Es verbleibt nur, die Integrationskonstante c zu identifizieren. Fur x = a folgt
dieresis

integraldisplay a

0 = f(t) dt = F (a) + c arrowdblright c = minus F (a),

a


7.3. DER HAUPTSATZ 127

also integraldisplay x

f(t) dt = F (x) minus F (a).

a

Dies liefert nun eine eff ektive Methode, bestimmte Integrale auszurechnen, in-

dem man sich zunachst eine Stammfunktion des Integranden verschaff t:
dieresis

Satz 7.35: (Der Hauptsatz der Diff erentialendash und Integralrechnung, Version 2)

Sei F (x) eine beliebige stetige Stammfunktion von f(x). Dann gilt

integraldisplay b

f(t) dt = F (b) minus F (a).

a

Die additive Konstante der Stammfunktion fallt dabei bei Diff erenzbildung herdieresis

aus.

integraltext 2

Beispiel 7.36: Zur Berechnung von ln(t) dt berechnet man zunachst eine Stammdieresis

1

funktion von ln(x). Analog zu Beispiel 7.11 ergibt sich durch partielle Integration:

integraldisplay integraldisplay integraldisplay 1

ln(x) dx = ln(x) periodcentered 1 dx = ln(x) periodcentered x minus periodcentered x dx

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright x

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
prime g (x) g(x) g(x)

f(x) f(x) prime f (x)

integraldisplay

= x periodcentered ln(x) minus 1 dx = x periodcentered ln(x) minus x + c.

Mit der Stammfunktion F (x) = x periodcentered ln(x) minus x + c ergibt sich das bestimmte Integral

integraldisplay 2 parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

ln(t) dt = F (2) minus F (1) = 2 periodcentered ln(2) minus 2 + c minus 1 periodcentered ln(1) minus 1 + c = 2 periodcentered ln(2) minus 1.

1

Bemerkung 7.37: Aus dem Zusammenhang mit dem unbestimmten Integral folgt sofort, daß die Rechenregeln aus Abschnitt 7.1 auch fur bestimmte Intedieresis

grale gelten, z.B. (Satz 7.7):

integraldisplay integraldisplay integraldisplay

parenleftBig parenrightBig
b b b

c periodcentered f (t) + c periodcentered f (t) dt = c periodcentered f (t) dt + c periodcentered f (t) dt.
1 1 2 2 1 1 2 2

a a a

Partielle Integration gilt in der folgenden Form:

integraldisplay integraldisplay

bracketleftBig bracketrightBig
b b

t=b

prime prime
f(t) periodcentered g (t) dt = f(t) periodcentered g(t) minus f (t) periodcentered g(t) dt,

t=a
a a

bracketleftBig bracketrightBig t=b

wobei f(t) periodcentered g(t) als Abkurzung fur
dieresis dieresis

t=abracketleftBig bracketrightBig t=b

f(t) periodcentered g(t) = f(b) periodcentered g(b) minus f(a) periodcentered g(a)

t=a

dient. Substitution gilt in der folgenden Form:


128 KAPITEL 7. INTEGRATION

integraldisplay integraldisplay
b g(b)

prime
f(g(t)) periodcentered g (t) dt = f(y) dy.

a g(a)

Beispiel 7.38: Partielle Integration:

integraldisplay integraldisplay

1 bracketleftBig bracketrightBig 1
t=1

t periodcentered cos(t) dt = t periodcentered sin(t) minus 1 periodcentered sin(t) dt

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
t=0

0 0 prime

f(t) f(t) f (t)
prime g (t) g(t) g(t)

bracketleftBig bracketrightBig bracketleftBig bracketrightBig
t=1 t=1

= t periodcentered sin(t) minus minus cos(t)

t=0 t=0

= 1 periodcentered sin(1) minus 0 periodcentered sin(0) + cos(1) minus cos(0) = sin(1) + cos(1) minus 1.

2
Beispiel 7.39: Substitution y = t , dy = 2 t dt:

radical radical
integraldisplay integraldisplay integraldisplay
pi pi pi

1 1
2 2

t cos(t ) dt = periodcentered cos(t ) periodcentered 2 t dt = periodcentered cos(y) dy

bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright
2 2
0 0 0

dy

bracketleftBig bracketrightBig parenleftBig parenrightBig
y=pi

1 1

= periodcentered sin(y) = periodcentered sin(pi ) minus sin(0) = 0.

2 2
y=0

Man beachte hierbei, wie sich im Substitutionsschritt die Grenzen andern: Fur t = 0
dieresis dieresis

radical

2 2

folgt y = t = 0, fur t = pi folgt y = t = pi .
dieresis

7.4 Uneigentliche Integrale

18.7.02arrowdown integraltext b

Bestimmte Integrale f(t) dt sind zunachst nur fur endliche Intervalle [a, b]
dieresis dieresis

a

definiert. Wir erweitern die Definition:

Definition 7.40: (Uneigentliche Integrale)

integraldisplay integraldisplay
infinity b

f(t) dt = lim f(t) dt,

barrowright infinity
a a integraldisplay integraldisplay

b b

f(t) dt = lim f(t) dt,

aarrowright minus infinity
minus infinity a

integraldisplay integraldisplay
infinity b

f(t) dt = lim lim f(t) dt

aarrowright minus infinity barrowright infinity
minus infinity a

(falls die Grenzwerte existieren).


7.4. UNEIGENTLICHE INTEGRALE 129

Beispiel 7.41:

integraldisplay integraldisplay
infinity b bracketleftBig bracketrightBig t=b

minus t minus t minus t minus b minus b
e dt = lim e dt = lim minus e = lim (minus e + 1) = 1 minus lim e = 1.

barrowright infinity barrowright infinity barrowright infinity barrowright infinity
t=0

0 0

radical dy 1 1

radical
Beispiel 7.42: Substitution y = minus t, = minus = , dt = 2 periodcentered y periodcentered dy:

dt 2periodcentered y
2periodcentered t

integraldisplay integraldisplay integraldisplay
infinity minus infinity 0
radical
1 1 (7.29)
minus t y y

periodcentered e dt = periodcentered e periodcentered 2 periodcentered y dy = minus e periodcentered y dy.

2 2
0 0 minus infinity

radical

Man achte hierbei auf die Transformation der Grenzen: t = 0 entspricht y = minus t = 0,
radical

t = infinity entspricht y = minus t = minus infinity . Das verbleibende Integral war bereits in Beispiel 7.12

gelost worden:
dieresis integraldisplay 0 bracketleftBig bracketrightBig y=0

y y
minus e periodcentered y dy = minus lim (y minus 1) periodcentered e

aarrowright minus infinity y=a
minus infinity

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

a a
= minus lim minus 1 minus (a minus 1) periodcentered e = 1 minus lim (1 minus a) periodcentered e .

aarrowright minus infinity aarrowright minus infinity

Der verbleibende Grenzwert ist 0:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

b + 1
(b=minus a)
a minus b

lim (1 minus a) periodcentered e = lim (1 + b) periodcentered e = lim .

b
aarrowright minus infinity barrowright infinity barrowright infinity e

2b

b

Da mit e = 1 + b + + periodcentered periodcentered periodcentered die Exponentialfunktion fur b arrowright infinity starker steigt als jedes
dieresis dieresis

2

Polynom, ist der Grenzwert 0. Endergebnis:

integraldisplay infinity radical

1 minus t

periodcentered e dt = 1.

2 0

Man geht ahnlich vor, wenn der Integrand eine Singularitat hat:
dieresis dieresis

Definition 7.43: (Uneigentliche Integrale bei singularen Integranden)
dieresis

Hat der Integrand f(t) an der Stelle a oder b eine Singularitat, so definiert
dieresis

man integraldisplay integraldisplay

b bminus epsilon1

f(t) dt = lim f(t) dt,

epsilon1 arrowright 0+0
a a bzw. integraldisplay integraldisplay

b b

f(t) dt = lim f(t) dt

epsilon1 arrowright 0+0
a a+epsilon1

(falls die Grenzwerte existieren).


130 KAPITEL 7. INTEGRATION

Beispiel 7.44: Im folgenden Fall existiert das uneigentliche Integral:

integraldisplay integraldisplay 1 1 1 bracketleftBig bracketrightBig t=1

2 1 1 t
minus 2

radical dt = lim t dt = lim 1

epsilon1 arrowright 0+0 epsilon1 arrowright 0+0 t=epsilon1

t
0 epsilon1 2 bracketleftBig bracketrightBig parenleftBig parenrightBig

t=1
radical radical

= lim 2 periodcentered t = 2 periodcentered lim 1 minus epsilon1 = 2.

epsilon1 arrowright 0+0 epsilon1 arrowright 0+0
t=epsilon1

Beispiel 7.45: Im folgenden Fall existiert das uneigentliche Integral nicht (bzw. ist

infinity ):

integraldisplay integraldisplay

1 1 bracketleftBig bracketrightBig parenleftBig parenrightBig
t=1
1 1

dt = lim dt = lim ln(t) = lim 0 minus ln(epsilon1 ) = infinity .

epsilon1 arrowright 0+0 epsilon1 arrowright 0+0 epsilon1 arrowright 0+0 t t t=epsilon1

0 epsilon1

7.5 Einige spezielle Anwendungen

Satz 7.46: (logarithmische Divergenz der harmonischen Reihe)

nsummationdisplay 1

Die Folge minus ln(n) konvergiert monoton falled gegen einen Grenzwert

k

k=1 nsummationdisplay 1

C approxequal 0.5772... (die Eulersche Konstante"): approxequal ln(n) + C.

quotedblright k

k=1

nsummationdisplay 1

Beweis: Sei C = minus ln(n). Mit
n k

k=1

integraldisplay k+1 1 dx = ln(k + 1) minus ln(k)

x
k

gilt

integraldisplay integraldisplay
n n n n
n+1 k+1
summationdisplay summationdisplay summationdisplay summationdisplay

1 1 1 1 1

C > minus ln(n + 1) = minus dx = minus dx
n k k x k x

1 k
k=1 k=1 k=1 k=1

integraldisplay integraldisplay
n n
parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
k+1 k+1
summationdisplay summationdisplay

1 1 1 1

= minus dx = minus dx > 0,

k x k x
k k

k=1 k=1


7.5. EINIGE SPEZIELLE ANWENDUNGEN 131

1 1 1

denn fur die monoton fallende Funktion gilt greaterequal auf dem Intervall [k, k+1]. dieresis x k x

Weiterhin gilt

integraldisplay
parenleftBig parenrightBig n+1

1 1 1

C minus C = ln(n + 1) minus ln(n) minus = dx minus
n n+1 n+ 1 x n+ 1

n

integraldisplay parenleftBig parenrightBig
n+1 1 1

= minus dx greaterequal 0,

x n + 1
n

1 1

denn es gilt greaterequal fur x element [n, n+1]. Damit ist die Folge (C ) monoton fallend dieresis n

x n+1

und nach unten beschrankt. Sie konvergiert also gegen einen Grenzwert C.
dieresis

Q.E.D. Als weitere Anwendung" der Integration versuchen wir, realistische Abschatzdieresis

quotedblright

ungen von n! fur n greatermuch 1 zu ermitteln. Zunachst beobachtet man
dieresis dieresis

n n
summationdisplay summationdisplay

ln(n!) = ln(1periodcentered 2periodcentered 3periodcentered . . .periodcentered n) = ln(1)+ln(2)+ln(3)+. . .+ln(n) = ln(k) = ln(k).

k=1 k=2

Diese Summe laßt sich als Riemannendash Summe interpretieren, die bei
dieresis

integraldisplay bracketleftBig bracketrightBig
n x=n

ln(x) dx = x periodcentered (ln(x) minus 1) = n periodcentered ln(n) minus n + 1

x=1
1

anfallt, wenn man das Integrationsintervall [1, n] in die nminus 1 Teilintervalle [1, 2], dieresis

[2, 3], . . . , [n minus 1, n] zerlegt. Wegen der Monotonie von ln(x) gilt

integraldisplay integraldisplay
nminus 1 nminus 1 n

n k+1
summationdisplay summationdisplay summationdisplay

ln(k) lessequal ln(x) dx = ln(x) dx lessequal ln(k),

1 k
k=1 k=1 k=2

also

ln((n minus 1)!) lessequal n periodcentered ln(n) minus n + 1 lessequal ln(n!),

also n minus n+1

(n minus 1)! lessequal n periodcentered e lessequal n!,

also (in der linken Ungleichung wird n durch n + 1 ersetzt):

n minus n+1 n+1 minus n
n periodcentered e lessequal n! lessequal (n + 1) periodcentered e ,

also parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

n n+1
n n + 1

e periodcentered lessequal n! lessequal e periodcentered .

e e

Hiermit ist das Wachstumsverhalten von n! charakterisiert. Diese Abschatzung dieresis

laßt sich jedoch noch wesentlich verfeinern:
dieresis


132 KAPITEL 7. INTEGRATION

Satz 7.47: (Die Stirlingendash Formel)

Fur alle n element N gilt folgende Abschatzung von n!:
dieresis dieresis

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

radical radical
n n 1

n n 4periodcentered n

2 periodcentered pi periodcentered n periodcentered lessequal n! lessequal 2 periodcentered pi periodcentered n periodcentered periodcentered e .

e e

1 1

4periodcentered n

Fur großes n gilt e = 1 + + periodcentered periodcentered periodcentered approxequal 1, d.h., das Verhaltnis der obe-
dieresis dieresis

4periodcentered n

ren Schranke zur unteren Schranke ist fur großes n dicht bei 1 (d.h., die
dieresis

fuhrenden Stellen der oberen und unteren Schranke sind gleich und stim-
dieresis

men mit den fuhrenden Stellen von n! uberein).
dieresis dieresis

Merke:

parenleftBig parenrightBig

radical n
n

n! approxequal 2 periodcentered pi periodcentered n periodcentered .

e

Diese Stirling-Approximation" fur n! ist schon ab n = 4 auf etwa 2
dieresis

quotedblright

Prozent genau! Beispiel:

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
n n
radical radical 1

n n 4periodcentered n

n 2 periodcentered pi periodcentered n periodcentered n! 2 periodcentered pi periodcentered n periodcentered periodcentered e
e e

2 1.9... 2 2.1...

5 118.0... 120 124.0...

10 3598695.6... 3628800 3689797.0...

Beweis: (fur technisch Interessierte)
dieresis

Es ist zu zeigen:

radical radical 1
n! n! 4periodcentered n

radical
2 periodcentered pi lessequal = lessequal 2 periodcentered pi periodcentered e

1
n n n+ minus n

n periodcentered ( ) 2

n periodcentered e
e bracehtipupleft bracehtipdownright bracehtipdownleft bracehtipupright

an

Wir zeigen zunachst, dass die Folge
dieresis

n!

a =
n 1

n+ minus n

2
n periodcentered e

konvergiert. Fur die Quotienten aufeinander folgender Elemente bekommt man
dieresis

1
parenleftBig parenrightBig n+

a 1 1 2
n = periodcentered 1 +

a e n
n+1

und damit

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

a 1 1
n

ln = n + periodcentered ln 1 + minus 1. (#)

a 2 n
n+1

Betrachte die Integration der Funktion f(x) = 1/x uber dem Intervall [n, n+ 1]:
dieresis


7.5. EINIGE SPEZIELLE ANWENDUNGEN 133

a80 a80

a64 a80 a80
a64 a80 f(x) = 1/x

a80 a8
a108 a80 a8

a108 a80 a80

a8

a81 a80

a81 a8
a96 a80
a96 a96 a80

a72
a96 a72 a80
a96 a80
a96 a80
a80 a96 a88 a96 a80

a88 a96 a96 a80

a96 a96 a96 a96 a80

a104
a96 a104

a96 a80
a104
a96 a104 a80

a96 a104 a80

a104
a96 a96 a96 a96 a96

a45

1

n n + n + 1
2

Das Integral wird nach oben abgeschatzt durch das Trapez durch die Punkte dieresis (n, f(n)) und (n + 1, f(n + 1)). Die Trapezflache ist Breite multiply mittlere Hohe = dieresis dieresis

1 periodcentered (f (n) + f(n + 1)):

2

integraldisplay parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
n+1 1 1 1 1 1

dx = ln(n + 1) minus ln(n) = ln 1 + lessequal periodcentered + .

x n 2 n n+ 1
n

Das Integral wird nach unten abgeschatzt durch das Trapez, dessen obere Kante dieresis die Tangente an f(x) im Mittelpunkt ist. Die Trapezflache ist Breite multiply mittlere dieresis

1

Hohe = f(n + ):
dieresis 2

integraldisplay parenleftBig parenrightBig
n+1 1 1 1

dx = ln(n + 1) minus ln(n) = ln 1 + greaterequal .1

x n n+
n 2

Diese Abschatzungen liefern die Ungleichungskette
dieresis

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
1 1 1 1 1

lessequal ln 1 + lessequal periodcentered + ,
1 n 2 n n + 1

n + 2

also parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

1 1 1 1 1 1

1 lessequal n + periodcentered ln 1 + lessequal n + periodcentered periodcentered + ,

2 n 2 2 n n + 1

also

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig
1 1 1 1 1 1

0 lessequal n + periodcentered ln 1 + minus 1 lessequal n + periodcentered periodcentered + minus 1

2 n 2 2 n n + 1

parenleftBig parenrightBig
1/4 1 1 1

= = periodcentered minus .

n periodcentered (n + 1) 4 n n + 1

Eingesetzt in (#) erhalt man:
dieresis

parenleftBig parenrightBig parenleftBig parenrightBig

a 1 1 1
n

0 lessequal ln lessequal periodcentered minus ,

a 4 n n + 1
n+1

also 1

1
an minus 4periodcentered (n+1)

4periodcentered n
1 lessequal lessequal e periodcentered e .

an+1


134 KAPITEL 7. INTEGRATION

Es folgt a a a a

n n n+1 n+kminus 1

1 lessequal = periodcentered periodcentered . . . periodcentered

a a a a

n+1 n+2
n+k n+k

1 1 1 1 1
1 minus minus minus

4periodcentered (n+1) 4periodcentered (n+1) 4periodcentered (n+2) 4periodcentered (n+kminus 1) 4periodcentered (n+k)
4periodcentered n

lessequal e periodcentered e periodcentered e periodcentered e periodcentered . . . periodcentered e periodcentered e

1
1 1
minus 4periodcentered (n+k)

4periodcentered n 4periodcentered n
= e periodcentered e lessequal e

fur alle k greaterequal 1. Fur fixiertes n ist die Folge (a ) (im Folgenindex k) damit dieresis dieresis n+k

monoton fallend und nach unten beschrankt, d.h., es existiert der Grenzwert dieresis

asteriskmath a = lim a = lim a , fur den gilt:

dieresis

n
n+k narrowright infinity

karrowright infinity

1 1
an asteriskmath asteriskmath

4periodcentered n 4periodcentered n
1 lessequal lessequal e arrowdblright a lessequal a lessequal a periodcentered e .
n

asteriskmath a

radical

asteriskmath
Es verbleibt damit lediglich, a = 2 periodcentered pi zu zeigen. Das ist wesentlich aufwen-

diger, und wir verzichten hier darauf.

Q.E.D.