Schon weit von Beginn des TEMPUS-Programms bestand im Bereich Mathematik eine intensive Kooperation mit der Universität Debrecen. Durch die Projekte (JEP-00102, JEN-00102, SJEP-09269, JEP-12179, CeBIT Ausstellung) wurde die Zusammenarbeit auf die Informatik und Wirtschaftwissenschaften ausgedehnt. Ausdruck der Verbundenheit war die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Kossuth Lajos Universität Debrecen an Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Indlekofer im Jahre 1992. Er war Gründungspräsident des Deutsch-Ungarischen Freundeskreises mit dem Ziel, eine Städtepartnerschaft zwischen Debrecen und Paderborn in die Wege zu leiten (Ausstellung ungarischer Künstler, Konzerte des Béla Bartók Chores, Besuch des Vizepräsidenten des ungarischen Parlaments). Dies gelang 1994, gleichzeitig mit dem Kooperationsabkommen zwischen den Universitäten. Die Neue Westfälische schreibt am 23. Juni. 1994 u.a. "Auf die Initiative des Paderborner Mathematik- Professors Dr. Karl-Heinz Indlekofer sind letzlich sowohl auf Hochschul- als auch auf Stadtebene die Vertrage zurüchzuführen, die nun die Freundschaft besiegen sollen." Weiterer markanter Punkt der Beziehungen ist das Doppeldiplom-Abkommen für Mathematik.

 
Neue Westfälische, 23. Juni 1994

Die ungarische Bischofsstadt Debrecen hat einen ausgeprägt evangelisch-reformierten Charakter

Geistiges Zentrum der Freiheitsbewegung

Debrecen. Als Kultur-, Industrie- und Handelszentrum nimmt Debrecen in Geschichte und Gegenwart für Ungarn einen ranghohen Platz ein. Die heute rund 220 000 Einwohner zählende Stadt, im nördlichen Theißtiefland am Rand der größten Pußta Europas gelegen, gilt als „calvinistisches Rom“. Ihre enge Verbundheit mit der Reformierten Kirche findet nicht zuletzt in dem Wappen, das Stadt und Kirche gemeinsam führen, ihren Ausdruck.

Nachweise erster Ansiedlungen in dem furchtbaren Gebiet reichen in die Steinzeit zurück. Debrecens Namensgeber kam mit den Magyaren im 9. Jahrhundert ins Land. Sein Gut legte mit zwei weiteren Dörfern die Grundsteine für die erblühende Stadt, die 1361 von Ludwig dem Großen ihre Rechte erhielt. Viehzucht, Landwirtschaft und Handwerk festigten bis zum 15. Jahrhundert ihre führende Rolle östlich des Theiss. Dies konnte weder der Sturm der Tartaren, noch in der Folge der Türken verhindern. 1848/49 war Debrecen wichtiges Zentrum der Freiheitsbewegung, die allerdings niedergeschlagen wurde.

Große Teile der Stadt wurden im zweiten Weltkrieg beschädigt oder zerstört. 1944 bildete sich hier die erste unabhängige ungarische Nachkriegsregierung und verfaßte die wichtigsten Grundgesetze des Landes. Nach 1945 weitete sich hier die Industrie in großem Umfang aus.

Mit Debrecen bekommt die katholische Bischofsstadt Paderborn zum ersten Mal im Reigen ihrer Freundschafts- und Partnerstädte ein Pendant mit ausgeprägt evangelisch-reformiertem Charakter. Debrecen ist Bischofssitz der mit 400 Gemeinden größten von vier Diözesen der Reformierten Kirche Ungarns; sie geht auf den calvinistischen Einfluß im 16. Jahrhundert zurück. Das 1538 gegründete Reformierte Kollegium bildet noch heute ein geistiges Zentrum, das eng mit der ungarischen Unabhängigkeitsbewegung verknüpft ist. Erst 1993 errichtete hier auch die römisch-katholische Kirche (75 Gemeinden) ein Erzbistum.

Zu der Städteverbindung Paderborn - Debrecen trug wesentlich die

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Zeichen der Verbundheit zwischen der Stadt Debrecen und der Reformierten Kirche: das gemeinsame Wappen.

Zusammenarbeit der Universität Paderborn mit der Lajos Kossuth Unversität Debrecen bei. Erste Kontakte zwischen den beiden Hochschulen kamen Ende der 70er zustande und entwickelten sich mittlerweile zu einem breiten Wissensaustausch. Auf die Initiative des Paderborner Mathematik-Professor Dr. Karl-Heinz Indlekofer sind letztlich sowohl auf Hochschul- als auch auf Stadtebene die Verträge zurückzuführen, die nun die Freundschaft besiegeln sollen.



 
partnerschafts vereinbarung együttműködési megállapodás



 

Ansprache des Rektors der Universität Paderborn anläßlich der Unterzeichnung der Freundschaftsurkunden zwischen den Universitäten Debrecen und Paderborn

Meine Herren Bürgermeister,
Herr Kollege Nagy,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

für eine Universität sind internationale Kontakte unerläßlich.
So unterhält auch die Universität Paderborn zahlreiche Austauschbeziehungen mit Universitäten in Europa, Amerika, Asien und Australien. Viele dieser Kooperationen entstanden entweder durch Forschungskontakte oder durch die Beteiligung an europäischen Förderprogrammen. Diese Kooperationen betreffen in der Regel ein Fach bzw. einen Fachbereich.
Eine Hochschulpartnerschaft dagegen umfaßt potentiell alle Bereiche der Universität. Das heißt, eine große Zahl von Studierenden und Lehrenden überschreiten jährlich Grenzen, leben und studieren in der Partnerstadt, arbeiten dort an ihrer Diplom- bzw. Magisterarbeit oder an ihrer Dissertation; messen sich sportlich oder perfektionieren ihre Sprachkenntnisse.
Eine solche Hochschulpartnerschaft wollen heute die Kossuth Lajos Universität Debrecen und die Universität-Gesamthochschule Paderborn offiziell besiegeln. Die vorliegende Vereinbarung hat zum Ziel, die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zu erleichtern, sowie den Austausch und Kontakt von Lehrenden, Studierenden und sonstigen Hochschulmitgliedern beider Universitäten zu fördern.
Die beiden Hochschulen hoffen, damit aber auch einen Beitrag zu der heute offiziell geschlossenen Städtepartnerschaft leisten zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Kontakte zu ungarischen Wissenschaftlern gibt es seit vielen Jahren. Es waren die Bereiche Mathematik-Informatik, Germanistik, Sozialwissenschaften und Landespflege, die die ersten Kontakte anbahnten. 1986 wurde ein Kooperationsvertrag mit der Eötvös Loránd Universität in Budapest abgeschlossen. Aber auch bereits seit 1990 besteht eine intensive Zusammenarbeit mit der Universität Debrecen. Sie begann im Fach Mathematik im Rahmen eines von der europäischen Union geförderten Tempusprojektes. In letzter Zeit hat sich das Interesse auch auf andere Bereiche ausgedehnt: die Germanistik, die Wirtschaftswissenschaften, die Chemie und die Bibliothek. Die Fachkontakte und die Besuche offizieller Delegationen haben uns dem Ziel nähergebracht, die Hochschulpartnerschaft vertraglich zu bestätigen.

Viele Persönlichkeiten waren Wegbereiter. Besonders hervorheben möchte ich die Herren Professoren Lipták und Dároczy aus Debrecen und Prof. Indlekofer aus Paderborn. Herr Indlekofer ist gleichzeitig Vorsitzender des Deutsch-Ungarischen Freundeskreises; ihm wurde 1992 die Ehrendoktorwürde der Universität Debrecen verliehen.

Herr Kollege Nagy,
ich bin sicher, daß sich die Beziehungen unserer Universitäten fruchtbar weiter entwickeln und vertiefen werden.
Der Städtepartnerschaft wünsche ich ein gutes Gedeihen, den Bürgern in beiden Städten eine friedvolle Zukunft.

Ich danke Ihnen.




Ansprache des Rektors der Kossuth Lajos Universität Debrecen anläßlich der Unterzeichnung der Freundschaftsurkunden zwischen den Universitäten Debrecen und Paderborn

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Lüke!
Sehr geehrter Herr Rektor!
Sehr geehrter Herr Konsul!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hevessy!
Meine Damen und Herren!

In der Geschichte der Kossuth-Universität zu Debrecen ist ohne Beispiel, daß Stadt und Universität einen Freundschafts- und Kooperationsvertrag zu gleicher Zeit abschließen. Die akademischen Bürger der Kossuth-Universität denken jetzt mit Liebe und Hochachtung an die entfernte Stadt, Paderborn, deren Bürger und akademische Bürger wissen – was in Deutschland ja immer bewußt war – daß auch östlich von Wien Europa ist, und nun sind die Paderborner sogar gern bereit, mit uns einen dauerhaften Kontakt aufzunehmen.

Daß die freundschaftliche Beziehung nun auch offizielle Formen annimmt, ist ein logischer Schritt, es gibt doch zahlreiche Gemeinsamkeiten in unserer Lage, in unserer Vergangenheit und Gegenwart. Die Geschichte von Westfalen und Ungarn mag auch im Bereich der konkreten persönlichen Beziehungen mehr Zusammenhänge aufweisen als nur den großen Einfluß Albrecht Dürers, väterlicherseits von ungarischer Abstammung, auf den Paderborner Heinrich Aldegrever. Im allgemeinen stellt es einen zweifellos bestimmenden Faktor der Geschichte beider Städte dar, daß sie von jeher als regionales geistliches und kulturelles Zentrum fungieren. Durch historischen Zufall sind die erste Hochschule in Paderborn und die in Debrecen in nicht zu großer zeitlicher Entfernung entstanden: hier 1614, dort 1538. Beide waren kirchliche Institutionen, in Debrecen war sie zugleich der unmittelbare Vorläufer der staatlichen Universität im zwanzigsten Jahrhundert.

Die Paderborner in unserem Kreis, die schon früher in Debrecen waren, wissen, daß die staatliche Universität in Debrecen im Jahre 1912 gegründet wurde. Im Jahr des Ausbruchs des ersten Weltkriegs – vor 80 Jahren – wurde das erste akademische Jahr eröffnet. Nach dem Krieg, in fürchterlich schwerer, später auch von der Weltwirtschaftskrise belasteter Zeit wurde der historische Gebäudekomplex errichtet. In den Krisenjahren gab es also eine äußerst beharrliche Entwicklungsarbeit in Debrecen, im Interesse des Hochschulwesens.

Die Universitäten in Mittel-Europa erleben auch jetzt harte Zeiten: wir reformieren und gestalten alles um; alle Statuten werden neu geschrieben, alle unsere Reflexe neu programmiert. Und all das (und überhaupt alles) geschieht auf einmal. Inzwischen versuchen wir auch die zwischen 1949 und 1951 zerstückelte Universität Debrecen wieder als einheitliche Universität aufzubauen.

Wir erleben aber zugleich auch bessere Zeiten. Zwar haben Geist, Wissenschaft und Kultur niemals (nicht einmal im Laufe der vergangenen schweren Jahrhunderthälfte) Grenzen gekannt, doch läßt sich unsere gemeinsame Zukunft, wo Kontakte möglich sind und genutzt werden können, jetzt, durch die Verhältnisse begünstigt, klüger und ertragreicher gestalten.

Die Kossuth-Universität Debrecen sieht viel Sinn in dieser Zusammenarbeit. Unter anderem auch, weil diesmal nicht zuerst der Gedanke zur Zusammenarbeit aufgetaucht ist, – ein solcher Entschluß führt nicht immer zu einem lebendigem Kontakt –, erfolgreiche gemeinsame Arbeit der beiden Universitäten Vater des Gedankens war. Wie schon gesagt: jetzt wird, was schon seit einer geräumigen Zeit funktioniert, in offizielle Form gebracht. Der neue Rahmen kann dem Kontakt zu neuen Entwicklungsmöglichkeiten verhelfen. Außer der Mathematik-Informatik, der Bibliothekswissenschaft und Bibliotheksorganisation sowie der Germanistik bieten sich weitere Formen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ausbildung von Wirtschafts- und Lehrerstudenten an; künftige Deutschlehrer könnten aus Paderborn nach Debrecen kommen, um hier ihre Unterrichtspraxis zu absolvieren. Wir könnten in weiteren TEMPUS- und EG-Programmen als Partner auftreten; auch könnten wir auf einzelnen Fachgebieten Programme entwickeln, die zu einem gemeinsamen Diplom führen, oder Formen der Teilausbildung ausarbeiten, und so die Mobilität von Studenten und Lehrkräften fördern.

Nun wollen wir doch zur Gegenwart zurückkehren. Indem ich Ihnen den Gruß der Kossuth-Universität sowie ihren Willen zur Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn vermittle, habe ich zugleich dem hiesigen Koordinator der europäischen Beziehungen und Ehrendoktor der Kossuth-Universität, Professor Karl-Heinz Indlekofer, für seinen Einfallsreichtum und seine erfolgreiche Arbeit zu danken, die er, weder Mühe noch Zeit scheuend, im Interesse dieses Vertrags geleistet hat. Ich danke Herrn Bürgermeister Lüke, Magnifizenz Richard, Professor Indlekofer, allen hiesigen Organen, und besonders der deutsch-ungarischen Gesellschaft für die warme, wirklich herzliche Aufnahme, die auch für die Zukunft der Kontakte viel verspricht. Ich empfinde es als eine besondere Auszeichnung, daß von den Rektoren der Kossuth-Universität mir die Ehre zuteil geworden ist, diesen Vertrag zu unterzeichnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.